Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung der Nebenabrede über die Vergütung ärztlichen Bereitschaftsdiensts

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Abschluß der gemäß Nr. 8 Abs. 5 SR 2 c zum BAT vorgeschriebenen Nebenabrede ist Anspruchsvoraussetzung für den Anspruch des Arztes auf Vergütung des Bereitschaftsdienstes

2. Die in Nr. 8 Abs. 5 SR 2 c zum BAT eingeräumte Möglichkeit zur Kündigung der Nebenabrede wirkt sich im Arbeitsverhältnis als Teilkündigung aus, sodaß der Arbeitgeber entsprechend den Grundsätzen für den Widerufsvorbehalt die Voraussetzungen des billigen Ermessens darlegen und beweisen muß. (Entgegen LArbG Hannover Urteil vom 22.4.1982 8 Sa 1/82).

 

Normenkette

BAT § 17

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 03.07.1986; Aktenzeichen 3 Ca 138/85)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.02.1990; Aktenzeichen 6 AZR 386/88)

 

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 3.7.1986 – 3 Ca 138/85 – abgeändert:

Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, den Bereitschaftsdienst der Kläger seit dem 1.1.1985 gem. Stufe D. der SR 2 c Nr. 8 zu § 17 BAT Abs. 2 a zu bewerten und zu vergüten.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die tarifliche Einstufung des geleisteten Bereitschaftsdienstes.

Die Kläger des Verfahren 3 Ca 138/85 bzw. 14 Sa 1849/86 sowie der Kläger des Verfahrens 3 Ca 384/85 bzw. 14 Sa 1774//86 sind bei der Beklagten, einer Stiftung des öffentlichen Rechts als Assistenzärzte beschäftigt. Auf die Arbeitsverhältnisse findet der BAT, sowie die ihn ergänzenden tariflichen Bestimmungen Anwendung. Die von den Klägern geleisteten Bereitschaftsdienste wurde bis zum 31.12.1984 nach der Stufe D der Nr. 8 der SR 2 c des BAT auf der Grundlage einer jeweils abgeschlossenen Nebenabrede zum Dienstvertrag vergütet.

Die Beklagte führte in der Zeit vom 1.2.1984 bis 31.7.1984 eine Untersuchung dergestalt durch, daß die Kläger und die übrigen in der Abteilung beschäftigten Assistenzärzte die während des Bereitschaftsdienstes geleistete Arbeit nach bestimmten Vorgaben zeitlich erfaßten. Die Auswertung der Erhebungsbögen erfolgte durch das Büro G./N.. Auf den Inhalt der bei den Akten befindlichen Auswertung wird verwiesen. Im einzelnen wurden anhand der Aufzeichnungen folgende Belastungen im Bereitschaftsdienst der Assistenzärzte errechnet:

Dr. F.

45,81 %

Dr. N.

40,29 %

Dr. G.

40,17 %

Dr. O.

37,70 %

Dr. L.

37,10 %

Dr. G.

36,64 %

Dr. M.

35,62 %

Dr. B.

35,09 %

Dr. S.

34,14 %

Dr. H.

31,75 %

Dr. S.

29,08 %

Dr. K.

28,73 %

Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 7.9.1984 die Nebenabreden zum 31.12.1984. Die Beklagte bot den Klägern den Abschluß einer neuen Nebenabrede mit dem Inhalt an, daß die Bereitschaftsdienstvergütung ab 1.1.1985 nach Stufe C der genannten Tarifvorschrift erfolgen soll. Die Kläger nahmen das Angebot unter dem Vorbehalt der richtigen Einstufung in die Gruppe D an. Mit Schreiben vom 7.1.1985 lehnte die Beklagte den Vorbehalt ab und reichte den Klägern die angebotene Nebenabrede zum Dienstvertrag wieder zurück. Seit Januar 1985 werden die Kläger nach der Stufe C bezahlt; die Einkommensdifferenz beträgt ca. 400,– DM monatlich.

Mit der Klage begehren die Kläger die Einstufung des Bereitschaftsdienstes in die Stufe D.

Sie haben vorgetragen, ihr Bereitschaftsdienst sei der Stufe D zuzuordnen, da mehr als 40 % der Arbeitszeitanfalle. Die Erhebung sei nicht vollständig, insbesondere seien verschiedene Zeiten der Arbeitstätigkeit nicht erfaßt worden. Dies gelte insbesondere für Wegezeiten und Wartezeiten, die fälschlicherweise als Ruhezeiten gerechnet worden seien. Hinzukomme, daß Abstandszeiten zwischen den Behandlungen als Ruhezeit von 1 Minute behandelt worden seien. Die Kläger haben ihre Aufstellungen über Trennminuten, Wegzeiten und Wartezeiten für die Monate Februar, April und Juni 1984 dahin konkretisiert, daß für diese 3 Monate Wartezeiten von 46,54 Stunden, Wegezeiten von 53,68 Stunden sowie Trennminuten von 19,73 Stunden zu verzeichnen seien. Unter Berücksichtigung dieser Zeiten belaufe sich der Anteil der Arbeitszeit am Bereitschaftsdienst für diese 3 gesondert nachgerechneten Monate auf 40,07 % der Arbeitszeit. Die Kläger haben weiter vorgetragen, daß die von ihnen zunächst aufgestellten Aufzeichnungen auf einer fehlerhaften Information der Beklagten in den Vorgesprächen beruht haben. Zum einen habe man ihnen gesagt, diese Aufzeichnungen dienten u. a. einer Strukturanalyse der Klinik. Zudem sei eine zeitliche Gesamtbewertung einer späteren Besprechung vorbehalten worden, in der auch die Gesamtbelastung habe berücksichtigt werden sollen. Darüber hinaus habe man ihnen erklärt, daß lediglich die Arbeit am Patienten erfassungswürdig sei. Über 50 % der Ärzte hätten keine Anleitung zum Ausfüllen erhalten. Die Beklagte habe angegeben, daß Wartezeiten am Labor und in der Röntgen-Abteilung nur in Ausnahmefällen aufgezeichnet werden dürften. Ebenso hätten Weg...

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