Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifpluralität bei Tarifvertrag über gemeinsame Einrichtung

 

Leitsatz (amtlich)

Will ein Tarifvertrag über gemeinsame Einrichtungen grundsätzlich nur Betriebe in ihrer Gesamtheit erfassen, findet er dann nicht Anwendung, wenn sich durch eine anderweitige Tarifbindung des Arbeitgebers eine Situation von Tarifpluralität ergibt und sich der andere Tarifvertrag als spezieller erweist. Dies folgt aus der Interpretation des Tarifvertrages.

 

Normenkette

TVG § 3 Abs. 1-2, § 4 Abs. 1, § 5; VTV-Bau § 24 Abs. 1, § 25 Abs. 1-2, § 29 Abs. 1, § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 23.11.1988; Aktenzeichen 7 Ca 3581/88)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten werden unter Zurückweisung der Anschlußberufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 23.11.1988 – 7 Ca 2265/88 – die Urteile des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 23.11.1988 – 7 Ca 3580 und 3581/88 sowie 7 Ca 2265/88 – abgeändert:

Die Klage wird unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 28. August 1987 – 7 Ca 3179/87 – abgewiesen.

Die Beklagte hat die durch ihre Säumnis im Termin vom 28. August 1987 veranlaßten Kosten zu tragen; im übrigen hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Beitragsansprüche betreffend gewerbliche Arbeitnehmer (für den Zeitraum von März bis Juli 1987 und von Nov. 1987 bis März 1988 -jeweils einschl.) und betreffend Angestellte (für den genannten Zeitraum, jedoch ohne den Monat März 1987) mit einer Gesamtsumme von 68.768,33 DM.

Der Kläger ist nach näherer tarifvertraglicher Maßgabe als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien die Einzugs stelle für die Beiträge der baugewerblichen Arbeitgeber zu den Sozialkassen des Baugewerbes; er führt das gemeinsame Beitragskonto eines jeden tarifunterworfenen Arbeitgebers.

Der Betrieb des Beklagten befaßte sich in den Jahren 1987/88 mit Drainagearbeiten, Planier- und Baggerarbeiten, Grabenausbau und -erhaltung sowie Drainagespülung für landwirtschaftliche Betriebe. Im wesentlichen arbeitete er mit Spezialmaschinen, mit denen in einem Arbeitsgang die Drainagegräben ausgehoben, Rohre verlegt sowie die Gräben wieder verschlossen werden.

Der Kläger hat im ersten Rechtszug in drei separaten Verfahren die Auffassung vertreten, der Betrieb des Beklagten unter falle wegen der überwiegend ausgeführten Drainagearbeiten dem betrieblichen Geltungsbereich der Bautarifverträge.

Der Kläger hat daher zunächst mit Schriftsatz vom 23. Juni 1987 (Bl. 1 d.A. 15 Sa 163/89) Klage auf Zahlung von 10.617,19 DM erhoben (Az.: des Arbeitsgerichts: ursprünglich 7 Ca 3179/87, dann 7 Ca 3580/88): Beiträge für gewerbliche Arbeitnehmer für März/April 1987 und Beiträge für Angestellte für April 1987. Nach Beschränkung des Klageantrages auf 10.478,32 DM ist im Termin vom 28. Aug. 1987 gegenden nicht erschienenen Beklagten ein dem Klageantrag entsprechendes Versäumnisurteil (Bl. 3 d.A. 15 Sa 163/89) verkündet worden. Dieses Urteil ist dem Beklagten am 17. Sept. 1987 zugestellt worden (ZU Bl. 4 d.A. 15 Sa 163/89), und er hat dagegen mit Schriftsatz vom 21. Sept. 1987 (Bl. 5 d.A. 15 Sa 163/89) – eingegangen beim Arbeitsgericht am 22. Sept. 1987 – Einspruch eingelegt.

Der Kläger hat sodann im ersten Rechtszug beantragt,

das Versäumnisurteil vom 28. Aug. 1987 aufrechtzuerhalten.

Demgegenüber hat der Beklagte beantragt,

das Versäumnisurteil vom 28. Aug. 1987 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Des weiteren hat der Kläger mit Schriftsatz vom 25. Aug. 1987 (Bl. 1 d.A. 15 Sa 196/89) Klage auf Zahlung von 19.951,38 DM erhoben (Az.: des Arbeitsgerichts: ursprünglich 7 Ca 4363/87, dann 7 Ca 3581/88): Beiträge für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte für die Monate Mai bis Juli 1987.

Insoweit hat der Kläger im ersten Rechtszug beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 19.951,38 DM zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Im übrigen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 19. April 1988 (Bl. 1 d.A. 15 Sa 195/89) Klage gegen den Beklagten auf Auskunft (betreffend gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte für den Zeitraum Nov. 1987 bis März 1988) erhoben, sowie – für den Fall nicht fristgerechter Auskunftserteilung – auf Zahlung einer Gesamtentschädigungssumme von 34.830,00 DM (Az.: des Arbeitsgerichts 7 Ca 2265/88).

In diesem Verfahren hat der Kläger im ersten Rechtszug beantragt,

den Beklagten zu verurteilen,

I. ihm auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen,

1.1 wieviel Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung über die Rentenversicherung der Arbeiter (RVO versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten Nov. 1987 bis März 1988 in dem Betrieb des Beklagten beschäftigt wurden sowie in welcher Höhe die lohnsteuerpflichtige Bruttolohnsumme insgesamt für diese Arbeitnehmer und die Beiträge für die Sozialkassen der Bauwirtschaft in den genannten Monaten angefallen sind,

1.2 wieviel techn. und kaufm. Angestellte s...

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