Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit der im Ermessen des Versorgungsträgers stehenden Einstellung der Waisenrente nach Überleitung des Anspruchs auf den Träger der Sozialhilfe

 

Leitsatz (amtlich)

Die Ermessensentscheidung eines Versorgungsschuldners, einem hinterbliebenen behinderten Kind eines verstorbenen Versorgungsempfängers ab dem Zeitpunkt keine Waisenrente mehr zu zahlen, ob dem durch Überleitung des Anspruchs auf den Sozialhilfe an das Kind entstanden Sozialhilfeträgers das Kind keinen materiellen oder immateriellen Vorteil mehr hat, ist nicht sittenwidrig oder sonst unwirksam.

 

Normenkette

BetrAVG § 1; SGB XII § 2; BGB § 138 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 13.03.2013; Aktenzeichen 14 Ca 5602/12)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 08.12.2015; Aktenzeichen 3 AZR 141/14)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frank) furt am Main vom 13. März 2013 - 14 Ca 5602/12 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine betriebliche Waisenrente, die der klagende Landeswohlfahrtsverband aus abgetretenem Recht geltend macht.

Die Beklagte ist eine rechtlich selbständige Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung, der sich ihre Trägerunternehmen zur Durchführung der betrieblichen Altersversorgung bedienen. Darüber hinaus verwaltet die Beklagte gemäß Dienstleistungsvertrag für ihre Trägerunternehmen deren unmittelbare Firmendirektzusagen und sonstige Verpflichtungen aus der betrieblichen Altersversorgung und nimmt hierbei auch die Abrechnung und Auszahlung der Firmenrenten vor. Dies gilt auch für die unmittelbaren Firmendirektzusagen der A GmbH.

Der Kläger hat mögliche Ansprüche des hinterbliebenen B auf Hinterbliebenenrente gegen die Pensionskasse gemäß § 96 SGB VII auf sich übergeleitet und macht diese mit der Klage geltend. Der Vater des Hinterbliebenen war bis zu seiner Pensionierung bei der A GmbH beschäftigt. Er bezog eine Firmenrente in Form einer Direktzusage der A GmbH, deren Auszahlung über die Beklagte abgewickelt wurde. Nach dem Tod des Vaters erhielt B ab dem 01. Dezember 2010 bis zum 31. März 2011 Hinterbliebenenleistungen in Höhe von insgesamt 121,96 Euro monatlich. Diese setzen sich aus einer Firmenrente in Höhe von 36,26 Euro und einer Pensionskassenrente in Form einer Waisenrente in Höhe von 85,70 Euro zusammen. Der Kläger beschränkte seine Klageforderung auf die Zahlung der Pensionskassenrente.

Grundlage für die Zahlung der Pensionskassenrente ist die Satzung und Allgemeine Versicherungsbedingungen der Beklagten. Die Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) bestimmt hierzu unter anderem Folgendes:

§ 12 Waisenrente

Waisenrente wird an hinterbliebene Kinder des Mitglieds gezahlt. § 10 Abs. 3 bis 7 finden entsprechende Anwendung.

§ 10 Kinderzulage

...

(3) Die Kinderzulage wird gewährt für:

1. eheliche und als ehelich erklärte Kinder,

2. als Kind angenommene (adoptierte) Kinder,

3. Stiefkinder und elternlose Enkel, die in den Haushalt des Beziehers einer Mitgliedsrente aufgenommen worden sind, wenn das Mitglied nachweislich in vollem Umfang für deren Unterhalt aufkommt,

4. nicht eheliche Kinder.

...

(4) Die Kinderzulage wird bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres gewährt, darüber hinaus nur, solange sich das Kind in Schul- oder Berufsausbildung befindet, längstens jedoch bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres.

(5) Der Vorstand kann die Kinderzulage auch nach dem 18. Lebensjahr gewähren, wenn und solange das Kind infolge geistiger oder körperlicher Gebrechen von mehr als einjähriger Dauer nicht in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.

...

Wegen der weiteren Einzelheiten der Satzung und Allgemeine Versicherungsbedingungen der Beklagten wird auf die Anlage B 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 25. Juli 2012 (Blatt 40 ff. d. A.) verwiesen. B (geboren am 21.09.1965) ist unstreitig behinderungsbedingt nicht in der Lage, seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Er bezieht seit dem 29. Mai 1996 Sozialhilfe in Form stationärer Leistungen im Pflege- und Förderzentrum des Westfälischen Wohnverbandes (Eingliederungshilfe nach § 54 ff. SGB VII). B ist aufgrund einer geistigen Behinderung höheren Grades und Störung des Sozialverhaltens mit emotionaler Symptomik in keiner Weise in der Lage, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen.

Der Kläger leitete mit Bescheid vom 01. Februar 2011, gerichtet an die Beklagte (mögliche) Ansprüche des B auf Hinterbliebenenleistungen an sich über. Die Beklagte teilte daraufhin dem Kläger mit Schreiben vom 30. März 2011 mit, "dass der Überleitung der Ansprüche auf Hinterbliebenenversorgung ab April 2011 nicht mehr nachgekommen werde". Der Kläger leitete daraufhin mit Bescheid vom 18. August 2011 (mögliche) Ansprüche des B auf Hinterbliebenenleistung erneut diesmal ab dem 01. April 2011 an sich über.

Die Beklagte hat zur Einstellung der Leistung auf Hinterbliebenenver...

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