Entscheidungsstichwort (Thema)

Industrielle Montage verbundener Rohrleitungen und VTV-Bau. Montieren und Verschweißen von Rohrleitungen. Verbundene Rohrleitungen als notwendiger Bestandteil eines Kessels

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es liegen keine Rohrleitungsbauarbeiten gem. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 25 VTV-Bau vor, wenn zwar Rohre verschweißt werden, diese aber integraler Bestandteil eines produktionstechnischen Apparats mit eigener Funktion sind und keine spezifischen Kenntnisse des bauwirtschaftlichen Ausbildungsberufs "Rohrleitungsbauer" zur Aufgabenerfüllung erforderlich sind.

2. Das Montieren und Verschweißen von Rohrleitungen zählt nicht zum Rohrleitungsbau im Tarifsinne, wenn die verbundenen Rohrleitungen der notwendige Bestandteil eines Kessels in einem Kraftwerksblock sind und die Rohrleitungen nicht nur dem Transport von Dampf dienen, sondern sie durch ihre individuell geplante Anordnung innerhalb des Kessels die Erzeugung von spezifischem Druck zur Elektrizitätsgewinnung ermöglichen und die Anforderungen an das Verbinden der Rohre als Kesselelemente von einem ausgebildeten Rohrleitungsbauer ohne erhebliche und nicht bautypische Zusatzqualifikationen nicht erfüllt werden können (Abweichung von BAG 17.11.2010 - 10 AZR 845/09).

3. Eine diesbezügliches industrielle Montage fällt unter die rückwirkend zum 1. Januar 2008 geltenden Einschränkungen der Allgemeinverbindlicherklärungen.

 

Normenkette

VTV-Bau § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 25; TVG § 1 Abs. 1; AEntG § 8 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 28.11.2012; Aktenzeichen 7 Ca 3011/11)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.01.2015; Aktenzeichen 10 AZR 55/14)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 28. November 2012 - 7 Ca 3011/11 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten für die Jahre 2008 und 2009 Beiträge zum Urlaubskassensystem der Bauwirtschaft, berechnet als so genannte Mindestbeiträge. Die Beklagte nahm nicht an dem Sozialkassenverfahren teil.

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes (Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe [BRTV-Bau], Tarifvertrag für das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe [VTV]) insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütungen zu sichern. Zu diesem Zweck haben die den Bautarifverträgen unterfallenden Arbeitgeber monatliche Beiträge in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Bruttolohnsumme der beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer an den Beklagten zu zahlen.

Die 2007 gegründete Beklagte ist eine A Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Sitz in B/A. Sie unterhält in C bei D eine Niederlassung, deren Leiter Herr E ist. In der zuletzt am 16. Oktober 2009 geänderten Gewerbeanmeldung der Niederlassung ist als deren Tätigkeit "Industriemontage von Rohrleitungen, Armaturen und Unterstützungen für Dampf-Wasser-Kreislauf von Kraftwerken und Raffinerien" angegeben (Anlage B 1 zur Klageerwiderung vom 17. August 2012, Bl. 43 d.A.). Die Niederlassung ist nicht im Handelsregister eingetragen. Die Beklagte ist nach ihrer Darstellung spezialisiert auf die Planung und Durchführung von Montage- und Schweißarbeiten für Kraftwerke und Raffinerien. Neben ihrem Unternehmenssitz unterhält sie außerhalb B auch eine Produktionsstätte. Art und Umfang der dort ausgeführten Tätigkeiten sowie die Anzahl der in A beschäftigten Arbeitnehmer sind streitig.

2008 und 2009 entsandte die Beklagte Arbeitnehmer nach Deutschland. Sie war Subunternehmerin der F. Für diese setzte die Beklagte zwischen 7 bis 10 Arbeitnehmer beim Neubau von Kraftwerksblöcken der Kraftwerke G (H) und I (J) ein. Ausweislich der Zustimmungsbescheide der Bundesagentur für Arbeit, Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV), zu den Aufenthaltstiteln hatten die Werkverträge "Rohrleitungsmontage" oder "Metallmontage" zum Gegenstand. Die Aufenthaltstitel wurden für Schweißer, Schlosser und Vorarbeiter erteilt (vgl. Kopien der Bescheide als Anlagen K 2 und K 3 zum Schriftsatz des Klägers vom 01. November 2012; Bl. 79 - 86 d.A.). Wie im Berufungsverfahren unstreitig geworden ist, sind die als Vorarbeiter eingesetzten Arbeitnehmer K, L und M Ingenieure, welche einen Diplomabschluss einer A Universität oder Höheren Technischen Schule im Fachgebiet Maschinenbau besitzen (vgl. Übersetzungen der Diplome als Anlage B 11 zum Schriftsatz der Beklagten vom 18. Oktober 2013, Bl. 211 - 216 d.A.).

Bei dem Bau der Kraftwerksblöcke montierten die Arbeitnehmer der Beklagten überwiegend Rohrleitungen, welche Bestandteil des Kessels eines Kraftwerksblocks waren. Der Kessel als Apparat besteht im Wesentlichen aus einem Behälter und einem Rohrleitungssystem, er ist in einem Kesselgerüst aufgehängt, die Kesseldecke hat eine Höhe von ca. 170 m. Durch di...

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