Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflicht des Arbeitgebers zur arbeitsrechtlichen Grundverfügung und Durchführungsweg. Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers bei nicht erfolgtem Durchführungsweg

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einer betrieblichen Altersversorgung im Durchführungsweg über eine Pensionskasse hat der Arbeitgeber aufgrund seiner Einstandspflicht nach § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG auch die Herabsetzung der Rentenfaktoren im laufenden Arbeitsverhältnis durch Übernahme der zur Erhaltung des ursprünglichen Rentenniveaus erforderlichen "Zusatzbeträge" auszugleichen; Dies gilt jedenfalls soweit Versorgungsversprechen nach dem 01. Juli 2002 betrofffen sind, auch für die auf Beitragsleistungen des Arbeitnehmers beruhenden Rentenleistungen (Umfassungszusage).

 

Normenkette

BetrAVG § 1 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 Nr. 4; ArbGG § 66

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 30.11.2017; Aktenzeichen 21 Ca 3780/17)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 12.05.2020; Aktenzeichen 3 AZR 161/19)

 

Tenor

Auf die Berufung der klagenden Partei wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Frankfurt am Main vom 30. November 2017 - 21 Ca 3780/17 - abgeändert und die Beklagte verurteilt, zu Gunsten der klagenden Partei auf das Beitragskonto Nr. xxxxxxx-xxxxx beim BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a. G. einen Zusatzbeitrag von 352,00 EUR (in Worten: Dreihundertzweiundfünfzig und 0/100 Euro) für die Monate Januar 2017 bis April 2018 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der klagenden Partei zum Ausgleich der sich aus der Reduzierung der Rentenfaktoren ergebenden Deckungslücke monatlich einen um 22,00 EUR (in Worten: Zweiundzwanzig und 0/100 Euro) erhöhten Betrag zu ihren Gunsten auf das Beitragskonto Nr. xxxxxxx-xxxxx beim BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a. G. zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte die von der Pensionskasse vorgenommene Reduzierung der Rentenfaktoren durch Zahlung eines Zusatzbeitrages auf das Beitragskonto der Klägerin auszugleichen hat.

Die 1981 geborene Klägerin ist auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 04. März 2002 (vgl. Anlage K 1 zur Klageschrift, Bl. 6 – 8 d. A.) seit dem 01. April 2002 als Schalterkassiererin bei der Beklagten beschäftigt.

Der Arbeitsvertrag enthält u. a. folgende Regelung:

§ 4 Vergütung

... Das Gehalt, Sonderzahlungen und andere Leistungen richten sich nach dem jeweils gültigen Tarifvertrag für das Unternehmen. ...“

Ausweislich des als Anlage K 2 zur Klageschrift vorgelegten Versicherungsscheins vom 01. Februar 2005 (Bl. 9 d. A.) meldete die Beklagte die Klägerin zur Pensionskasse des BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a. G. (im Folgenden: BVV) im Tarif DN des BVV an. Hinsichtlich der Tarifbedingungen des Tarifs DN und hinsichtlich der Allgemeinen Versicherungsbedingungen des Tarifs DN des BVV wird auf die Anlagen K 3 und K 5 zum Schriftsatz der Klägerin vom 21.September 2017 (Bl. 64 – 78 und Bl. 81 – 83 d. A.) verwiesen.

Die Mitgliederversammlung des BVV hat am 24. Juni 2016 beschlossen, von dem satzungsmäßigen Recht Gebrauch zu machen, die Rentenfaktoren in Tarifen mit einem kalkulierten Rechnungszins von vier Prozent zu reduzieren. Auf die Satzung des BVV (Anlage K 3 zur Klageschrift, Bl.9 – 14 d. A.) wird verwiesen. Der Beschluss des BVV führt in seiner Umsetzung dazu, dass die Rentenfaktoren im Tarif DN um 24,02 % herabgesenkt wurden. Die Änderung gilt für bestehende Versicherungsverhältnisse ab dem 01. Januar 2017 und insoweit für Rentenbausteine aus Beiträgen, die ab dem 01. Januar 2017 gezahlt werden. Bis zum 31. Dezember 2016 erworbene Anwartschaften bleiben unberührt. Um die Verringerung künftiger Rentenleistungen auszugleichen, muss ein zusätzlicher Beitrag in Höhe von maximal 31,61 % gezahlt werden. Dies sind im Fall der Klägerin € 22,00, nämlich 31,61 % des Gesamtbetrages zum BVV von 3,5 %des Bruttomonatsgehaltes der Klägerin in Höhe von € 1.988,40. Dabei werden die Beiträge zur Pensionskasse im Streitfall zu 50 % von der Beklagten und zu 50 % von der Klägerin finanziert.

Zum 01. Januar 2005 sind am 26. März 2004 abgeschlossene Firmentarifverträge in Kraft getreten, die die betriebliche Altersversorgung wie folgt regeln:

„§ 2 Durchführungsweg

Die Bank führt die betriebliche Altersversorgung über den BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a.G. durch. Hierzu schließt sie einen Beitrittsvertrag nach Maßgabe der Regelungen dieses Tarifvertrages ab.

§ 3 Versorgungszusage

Die Durchführung der Versorgung erfolgt nach Maßgabe der Satzung und Versicherungsbedingungen des Tarifs DN in der jeweils gültigen Fassung.

§4 Finanzierung

Der Zuwendungsprozentsatz der Bank und der Finanzierungsbeitrag des angemeldeten Arbeitnehmers beträgt jeweils 1,75 % der tariflichen Grundvergütung, das sind derzeit 13 Tarifgehälter, bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung.“

Wegen der weiteren Einzelheiten der Firmentarifverträge wird auf di...

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