keine Angaben zur Rechtskraft

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilzeit. Schadensersatz, unterbliebene Erhöhung Arbeitszeit. „entsprechender Arbeitsplatz” iSd § 9 TzBfG

 

Leitsatz (amtlich)

Von dem Grundsatz, dass nach § 9 TzBfG nur eine Erhöhung der Arbeitszeit in dem vertraglich vereinbarten Arbeitsbereich verlangt werden kann, ist zumindest abzuweichen, wenn der Verlängerungswunsch einer Arbeitskraft betroffen ist, welche durch die Erhöhung der Arbeitszeit einen nach Qualifikation und Anforderungen generell festlegbaren Arbeitsplatz wieder einnehmen will, den sie vor der Reduzierung der Arbeitszeit bereits ausfüllte.

War mit einer vor dem Verlängerungswunsch erfolgten Verringerung der Arbeitszeit ein Kompetenzverlust verbunden und ist insbesondere der Arbeitsvertrag anlässlich der Reduzierung der geschuldeten Arbeitszeit auch inhaltlich geändert worden, ist ein Arbeitsplatz im Sinne des § 9 TzBfG auch dann „entsprechend”, wenn durch die erstrebte Verlängerung der Arbeitszeit nur die Änderungen wieder rückgängig gemacht werden, die nach dem Willen beider Vertragspartner oder nach Vorgabe des Arbeitgebers zur Realisierung des Teilzeitwunsches erforderlich waren.

 

Normenkette

TzBfG 9

 

Verfahrensgang

ArbG Darmstadt (Urteil vom 20.12.2006; Aktenzeichen 5 Ca 367/06)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 20. Dezember 2006 – 5 Ca 367/06 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und klarstellend wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.141,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

aus 5.489,34 EUR seit dem 1. September 2006,

aus 402,85 EUR seit dem 2. Oktober 2006,

aus 1.115,97 EUR seit dem 1. November 2006 und

aus 1.133,29 EUR seit dem 1. Dezember 2006

zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat die Klägerin 46 % zu tragen, der Beklagte 54 %. Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz hat die Klägerin 10 % zu tragen, der Beklagte 90 %.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung eines von ihr geltend gemachten Anspruchs auf Verlängerung der Arbeitszeit nach § 9 TzBfG in Anspruch.

Der Beklagte betreibt bundesweit Drogeriemärkte. Von den Arbeitnehmern der den Bezirken A I und II zugeordneten 40 Verkaufsstellen ist ein Betriebsrat gewählt worden, deren Mitglied die Klägerin ist.

Die 1964 geborene Klägerin ist seit 1986 Arbeitnehmerin des Beklagten. Bereits nach 3-monatiger Tätigkeit wurde sie Ende 1986 als Verkaufsstellenverwalterin (folgend: VVW) eingesetzt. Nach Inanspruchnahme von Elternzeit und einer Phase, in welcher die Klägerin erstmals in Teilzeit arbeitete, leitete sie ab 26. November 2001 die Verkaufsstelle in B. Dort hatte die Klägerin eine Wochenarbeitszeit von 37,5 Stunden und wurde entsprechend der arbeitsvertraglichen Vereinbarung nach der Gehaltsgruppe B III des Gehaltstarifvertrages für den Einzel- und Versandhandel des Landes C vergütet (vgl. Kopie des damaligen Arbeitsvertrages als Anlage zur Klageerwiderung, Bl. 29 d.A.).

Wegen eines Pflegefalls in der Familie beantragte die Klägerin im Herbst 2004 die Reduzierung der Arbeitszeit nach § 8 Abs. 1 TzBfG auf 20 Wochenstunden. Anlässlich der Verringerung der Arbeitszeit schloss sie mit dem Beklagten den Arbeitsvertrag vom 10. November 2004. Danach arbeitete sie nicht mehr als VVW, sondern als Verkäuferin/Kassiererin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden in der Verkaufsstelle A, D Straße. Zur Wiedergabe des Inhalts dieses Arbeitsvertrages wird auf die weitere Anlage zur Klageerwiderung Bezug genommen (Bl. 30 d.A.).

Ab Herbst 2005 bemühte die Klägerin sich darum, ihre Arbeitszeit wieder aufzustocken. Sie bewarb sich mit Schreiben vom 22. Oktober 2005 um eine am 18. Oktober 2005 ausgeschriebene Stelle einer VVW in A, E Straße, mit 35 Wochenstunden. In der Ausschreibung dieser Stelle vom 18. Oktober 2005 war zur Vergütung angeführt: Tarifgruppe III/1. Berufsjahr, EUR 1.843,40 (vgl. Kopie als Anlage zur Klageerwiderung, Bl. 31 d.A.). Die Stelle wurde mit einer anderen Arbeitnehmerin besetzt.

Am 28. November 2005 wurden alle Arbeitnehmer der Bezirke A I und II über die Ausschreibung einer VVW-Stelle für die Verkaufsstelle F-G, H Straße, ab 01. Januar 2006 mit 35 Wochenstunden informiert. Zur Vergütung war angegeben: Tarifgruppe III/2. Berufsjahr, EUR 1.843,00. Die Bewerbung sollte an die zuständige Bezirksleiterin gerichtet werden (vgl. Anlage zur Klageerwiderung, Bl. 32 d.A.).

Am 01. Dezember 2005 bewarb sich die Klägerin für diese Stelle. Ihre Bewerbung lautete auszugsweise:

„Bewerbung um die ausgeschriebene Stelle als VVW 37,5 VST. F-G, H Straße

(…) Die erforderliche Qualifikation für eine VVW-Position bringe ich selbstverständlich mit. Derzeit arbeite ich als VK 20 in der VST. A – D Straße 98. Da ich wieder Vollzeit arbeiten möchte, wäre es super, wenn ich diese Stelle bekäme!

(…)”

Die Klägerin w...

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