Entscheidungsstichwort (Thema)

Einbeziehung eines dem Abschluss des Arbeitsverhältnisses vorgeschalteten befristeten Praktikums bei der Berechnung der zulässigen Befristungsdauer

 

Leitsatz (amtlich)

Das befristete Praktikantenverhältnis im Rahmen der Ausbildung zum Masseur und medizinischen Bademeister ist kein Arbeitsverhältnis und steht deshalb einer nachfolgenden Befristung gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG nicht entgegen.

 

Normenkette

TzBfG § 14; BBiG § 19; MPhG § 4

 

Verfahrensgang

ArbG Marburg (Urteil vom 27.08.2004; Aktenzeichen 2 Ca 572/03)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Marburg vom 27. August 2004 - 2 Ca 572/03 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen über den 31. Oktober 2003 hinaus ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

Der am 03. März 1950 geborene Kläger absolvierte in der Ausbildungsstätte der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin eine Ausbildung zum Masseur und medizinischen Bademeister nach dem Masseur- und Physiotherapeutengesetz (MPhG). Die Ausbildung bestand aus einem Lehrgang und einer praktischen Tätigkeit.

Im Anschluss an den Lehrgang schlössen die Parteien unter dem 12. Februar 2001 einen Vertrag mit u. a. folgendem Inhalt:

"Befristeter Arbeitsvertrag

für Praktikanten

...

wird folgender Arbeitsvertrag geschlossen:

§ 1

Herr B wird ab 01.10.2001 als Praktikant eingestellt.

Der Inhalt der Tätigkeit im Einzelnen richtet sich nach den von den Vorgesetzten gegebenen Weisungen.

§ 2

Das Arbeitsverhältnis wird für die Dauer von sechs Monaten vereinbart. Es endet daher am 31.03.2002, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

..."

Unter dem 28. März 2002 erteilte die Beklagte dem Kläger sowohl eine Bescheinigung über die Ableistung der praktischen Tätigkeit gemäß § 7 Abs. 1 MPhG in der Zeit vom 01. Oktober 2001 bis zum 31. März 2002, wie auch ein entsprechendes Zeugnis (vergl. Bl. 43 - 44 d. A.).

Am 21. März 2002 schlössen die Parteien einen befristeten Arbeitsvertrag "gemäß Beschäftigungsförderungsgesetz (TzBfG)", wonach der Kläger in der Zeit vom 01. April 2002 bis zum 30. September 2002 als Masseur und medizinischer Bademeister eingestellt wurde. Am 01. Oktober 2002 schlössen die Parteien einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 01. Oktober 2002 bis zum 31. März 2003 und am 14. März 2003 den letzten befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 01. April 2003 bis zum 31. Oktober 2003.

Der Kläger verdiente zuletzt € 1.504,22 brutto monatlich. Er war während der Beschäftigungszeit zum Mitglied des Betriebsrats gewählt worden.

Die Beklagte beschäftigt 102 Arbeitnehmer. Die Beklagte lehnt die Beschäftigung des Klägers über den 31. Oktober 2003 hinaus ab.

Mit am 22. Oktober 2003 bei Gericht eingegangener Klageschrift hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 31. Oktober 2003 hinaus als unbefristetes Arbeitsverhältnis fortbesteht.

Der Kläger, hat die Ansicht vertreten, der letzte befristete Arbeitsvertrag sei rechtsunwirksam, da die Befristungen sich insgesamt auf eine Dauer von 25 Monaten beliefen, was ohne Sachgrund nicht zulässig sei. Auch der Vertrag vom 12. Februar 2001 sei ein Arbeitsvertrag gewesen. Soweit in diesem Vertrag vereinbart worden sei, dass er als Praktikant tätig werde, habe es sich um ein Scheinpraktikantenverhältnis gehandelt, da er während der Vertragsdauer völlig selbstständig ohne Aufsicht und ohne Kontrolle bzw. Unterweisung gearbeitet habe. Auch sei der Vertrag als Arbeitsvertrag überzeichnet.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 31.10.2003 hinaus unbefristet fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, das Arbeitsverhältnis sei zum 31. Oktober 2003 beendet worden. Bei dem Vertrag vom 12. Februar 2001 handle es sich nicht um einen Arbeitsvertrag im Sinne des Teilzeit- und Befristungsgesetzes, sondern um einen Praktikantenvertrag im Sinn von § 4 Abs. 1 MPhG. Es handele sich dabei um ein gesetzlich vorgeschriebenes Ausbildungsverhältnis besonderer Art. Die Beklagte hat behauptet, der Kläger sei während der Praktikantenzeit durch die medizinische Bademeisterin A betreut worden.

Das Arbeitsgericht Marburg hat mit Urteil vom 27. August 2004 - 2 Ca 572/03 -die Klage abgewiesen. Es hat u. a. ausgeführt, die dreimalige Befristung nach Beendigung des Praktikantenvertrages zum 31. März 2002 und insbesondere die letzte Befristung seien zulässig. Die Beklagte habe das Arbeitsverhältnis ohne Sachgrund befristen können, da die Ausbildungszeit des Klägers zum Masseur und medizinischen Bademeister nicht als Arbeitsverhältnis im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG anzusehen sei. In der amtlichen Begründung zu diesem Gesetz sei ausdrücklich ausgeführt, dass es wie bisher zulässig bleiben solle, einen befristeten Arbeitsvertrag ohne Sachgrund mit einem Arbeitnehmer im Anschluss an die Berufsausbildung abzuschließen. Dementsprechend sei die ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge