keine Angaben zur Anfechtbarkeit

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungszulage. Beurteilung. Ermessen. Schadensersatz. Klageänderung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Anspruch auf die Zahlung einer Leistungszulage nach § 7 Ziff. 3 des Lohnrahmentarifvertrags für Arbeiter in der Eisen,- Metall- und Elektroindustrie des Landes Hessen vom 15. Januar 1982 setzt die vorherige Vornahme einer Leistungsbeurteilung nach den tariflichen Vorgaben voraus.

2. Ist eine solche nie erfolgt, kann der Arbeitgeber nicht aufgrund gerichtlicher Bestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2, letzter Hs. BGB zur Zahlung einer Leistungszulage an den dem Tarifvertrag unterfallenden Arbeiter verurteilt werden. Der Anwendungsbereich des § 315 Abs. 3 Satz 2, letzter Hs. BGB ist nicht eröffnet, weil Leistungsbeurteilungen keine Ermessensausübung, sondern eine Tatsachenbeurteilung zugrunde liegt und weil die Parteien nach der konkreten tariflichen Ausgestaltung des Beurteilungsverfahrens nicht unmittelbar der richterlichen Schlichtung durch Ersatzleistungsbestimmung unterworfen sind.

3. Die in der Berufungsinstanz vom Berufungsbeklagten erstmals hilfsweise auf eine Pflichtverletzung des Arbeitgebers gestützte Begründung der Klage aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes stellt eine Klageänderung i.S.d. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 533 ZPO, 67 ArbGG dar, die der Anschlussberufung nach § 64 Abs. 6 ArbGG, 524 ZPO nicht bedarf, wenn der Berufungsbeklagte mit der Klageänderung nicht mehr als die Zurückweisung der Berufung erreichen will.

 

Normenkette

BGB 611; BGB § 315 Abs. 3; Lohnrahmentarifvertrag für die Arbeiter in der Eisen- Metall- und Elektroindustrie Hessen vom 15. Januar 1982

 

Verfahrensgang

ArbG Hanau (Urteil vom 24.10.2007; Aktenzeichen 1 Ca 247/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hanau vom 24. Oktober 2007 – 1 Ca 247/07 – abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Zahlungsanspruch der klägerischen Partei im Zusammenhang mit einer nicht ausgezahlten Leistungszulage.

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Elektroindustrie in der Rechtsform der GmbH & Co KG mit mehr als zehn vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern ausschließlich Auszubildenden. Die klägerische Partei ist bei der Beklagten seit dem 04. Juli 1988 als gewerbliche Arbeitnehmerin beschäftigt. Sie ist Mitglied der A.

Unter dem 20. März 1997 schlossen die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag (Bl. 12 – 15 d.A.). Dieser regelt unter Ziff. 2 auszugsweise

„Als Vergütung erhält B nach der derzeitigen tariflichen Regelung einen Bruttomonatslohn bei 152,25 Std.

DM 2.650

(…)

Bei der übertariflichen Zulage handelt es sich um eine freiwillige, jederzeit nach freiem Ermessen widerrufliche Leistung, auf die auch bei wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch für die Zukunft besteht. Diese Leistung kann auch jederzeit ganz oder teilweise anlässlich von tariflichen Veränderungen und tariflichen Höher-, Herab- oder Umgruppierungen angerechnet werden (…)”

Unter Ziff. 14 des Vertrags ist geregelt, dass im Übrigen die Bestimmungen der Tarifverträge der Eisen-, Metall und Elektroindustrie des Landes Hessen in der jeweils gültigen Fassung gelten. Die Beklagte war bereits bei Beginn des Arbeitsverhältnisses und bei Abschluss des Arbeitsvertrags Vollmitglied des Arbeitgeberverbandes der hessischen Metallindustrie, bis sie im Juni 2003 in eine OT Mitgliedschaft wechselte. Zu diesem Zeitpunkt betrug das tarifliche Grundgehalt in der Lohngruppe 2, in die die klägerische Partei eingruppiert war, 1510,32 EUR brutto. Die Beklagte zahlte ihr monatlich 1632,15 EUR brutto. § 7 Ziff. 3 des Lohnrahmentarifvertrags für Arbeiter in der Eisen,- Metall- und Elektroindustrie des Landes Hessen vom 15. Januar 1982 (künftig: LRTV) lautet:

„Zeitlohnarbeiter haben je nach Beurteilung ihrer Leistung einen persönlichen Rechtsanspruch auf Gewährung einer Leistungszulage auf den Grundlohn ihrer Lohngruppe.

Die Leistungszulage je Stunde muß im Durchschnitt aller Zeitlohnarbeiter des Betriebs mindestens 13 % des tariflichen Zeitgrundlohns (Tabellenlohn) betragen. (…)”

Die „Gemeinsamen Erläuterungen zu § 7” vom 15. Januar 1982 stellen hierzu klar:

„Aus der Formulierung, dass je nach Beurteilung der Leistung ein persönlicher Rechtsanspruch auf Gewährung einer Leistungszulage besteht, kann nicht abgeleitet werden, dass jeder Zeitlohnarbeiter eine Leistungszulage zu beanspruchen hat. Maßgebend für die Gewährung ist die Beurteilung entsprechend der betrieblich festgelegten bzw. vereinbarten Verfahren gem. der Ziff. 7 oder 8. (…)”

§ 7 Ziff. 5 LRTV regelt, von welchen Beurteilungsmerkmalen bei der Beurteilung der persönlichen Leistung auszugehen ist und nennt insofern die Grundmerkmale Arbeitsergebnis, Arbeitsausführung, Arbeitseinsatz und Arbeitssorgfalt, die jeweils Untermerkmale enthalten.

§ 7 Ziff. 6 LRTV bestimmt, dass die Leistung summarisch oder analytisch beurteilt werden kann. Bei summa...

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