Entscheidungsstichwort (Thema)

Persönlicher Anwendungsbereich der PflegeArbbV. Tätigkeiten als Betreuungskraft gemäß § 87b SGB XI. Tätigkeiten in der Grundpflege gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 1-3 SGB XI

 

Leitsatz (redaktionell)

Der persönliche Anwendungsbereich der PflegeArbbV setzt voraus, dass ein Arbeitnehmer überwiegend pflegerische Tätigkeiten in der Grundpflege nach § 14 Abs. 4 Nr. 1-3 SGB XI erbringt.

 

Normenkette

BGB § 611; PflegeArbbV § 2

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 17.07.2012; Aktenzeichen 18 Ca 8391/11)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.11.2015; Aktenzeichen 5 AZR 761/13)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 17. Juli 2012 - 18 Ca 8391/11 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Arbeitsentgelt.

Die Klägerin war bei der Beklagten vom 26. August 2009 bis zum 31. Oktober 2011 auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages vom 21./26. August 2009 nebst Anlagen (Anlage K3, Bl. 39-60 d.A.), eines Änderungsvertrages vom 4. Juni 2010 nebst Anlagen (Anlage K2, Bl. 31-38 d.A.) und eines Änderungsvertrages vom 2. Dezember 2010 (Anlage K1, Bl. 25-28 d.A.) beschäftigt. Auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 21./26. August 2009 galt eine Jahresarbeitszeit von 2304 Stunden (vgl. Anlage 2 zu diesem Arbeitsvertrag, Bl. 54-60 d.A.). Auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 4. Juni 2010 galt eine monatliche Arbeitszeit von im Durchschnitt 182 Stunden (vgl. Anlage 2 zu diesem Arbeitsvertrag, Bl. 29, 30 d.A.). Die Vergütung der Klägerin betrug zunächst 1.300,00 EUR brutto monatlich zuzüglich einer jährlichen Prämie von 300,00 EUR brutto nach einer Betriebszugehörigkeit von einem Jahr. Ab dem 1. Januar 2011 betrug die Vergütung 1.547,00 EUR brutto monatlich. Zusätzlich erhielt die Klägerin Zeitzuschläge, Arbeitszeitgutschriften für Bereitschaft, Fahrtkosten und vermögenswirksame Leistungen. Wegen der der Klägerin gezahlten Vergütung im Einzelnen wird auf die als Anlage K7 zur Klageschrift überreichten Lohnabrechnungen (Bl. 69-83 d.A.) verwiesen.

Die Klägerin war ausweislich der Stellenbeschreibung (Ausgabe 2008, Anlage K5, Bl. 58-61 d.A.) Pflegehelferin in der häuslichen Krankenpflege. Sie war eingesetzt in der sogenannten "Rund-um-die-Uhr-Pflege" vornehmlich bei demenzerkrankten Menschen. die Klägerin war von August 2010 bis zur Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses 74,5 Tage (vom 6. August bis 31. Dezember 2010 bzw. bis 2. April 2011) bei A A, die Pflegestufe II hat und 157,5 Tage inklusive Entgeltfortzahlung (vom 19. April bis 2. Mai 2011 und vom 19. Juni bis 31. Oktober 2011, sowie vom 1. Mai bis 25. August 2011) bei B B und C C tätig, die Pflegestufe II bzw. Pflegestufe III haben. Bei B B war die Klägerin nur vom 19. April bis 2. Mai 2011 tätig.

Die Beklagte bietet Dienstleistungen im Bereich Pflege und Betreuung sowie sogenanntes Familienmanagement an. Sie ist zugelassen bei allen Kranken- und Pflegekassen. Zu ihrem Angebot gehört auch die sogenannte "Rund-um-die-Uhr-Pflege". Diese beinhaltet eine 24-Stunden-Betreuung durch eine Pflegekraft zu Hause beim Pflegeklienten. Die Pflegekraft unterstützt den Pflegeklienten und gestaltet diesem einen geregelten Tagesablauf, so dass es dem Pflegeklienten möglich ist, trotz seiner Pflegebedürftigkeit in seiner gewohnten Umgebung und in seinem sozialen Umfeld wohnen zu bleiben. Zu den Aufgaben der Pflegekraft zählt es dabei auch, sich mit dem Pflegeklienten zu beschäftigen, zum Beispiel Gesellschaftsspiele, Spaziergänge und ihm die Einhaltung außerhäuslicher Aktivitäten, zum Beispiel Gottesdienstbesuch, zu ermöglichen. Weiter obliegt der Pflegekraft die Erledigung hauswirtschaftlicher Tätigkeiten. Die Beklagte hat ca. 100 Mitarbeiter und ist vorwiegend im Bundesland Hessen tätig.

Je nach Pflegebedürftigkeit erhalten die Pflegeklienten Hilfe bei Verrichtungen der Körperpflege (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), bei der Ernährung (§ 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI) sowie zur Mobilität (§ 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI). Die Auftraggeber der Beklagten sind größtenteils Kommunen. Die Beklagte erhält für die "Rund-um-die-Uhr-Pflege" einen Tagessatz von 198,95 EUR. Pflegerische Tätigkeiten der Grundpflege, die direkt bei den Krankenkassen abgerechnet werden können, werden in Abzug gebracht. Welche Tätigkeiten dieses sind, bestimmt die Richtlinie des GKV-Spitzenverbandes zur Begutachtung von Pflegebedürftigen nach dem XI. Buch des Sozialgesetzbuches. Die Richtlinie enthält auch sogenannte Zeitorientierungswerte (vgl. Anlage B2, Bl. 113-120 d.A.). Bis zum 1. Januar 2012 konnte in der Pflegestufe I pro Tag höchstens 14,67 EUR, in der Pflegestufe II 34,77 EUR und in der Pflegestufe III 50,33 EUR für pflegerische Tätigkeiten der Grundpflege nach § 14 Abs. 4 SGB XI in Ansatz gebracht werden.

Für die Tätigkeit der Klägerin werden Tagesabläufe von einer leitenden Pflegekraft zusammen mit dem Pflegeklienten und der Pflegekraft er...

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