Entscheidungsstichwort (Thema)

außerordentliche Kündigung. Ausbildungsverhältnis

 

Leitsatz (amtlich)

1. Werden von einem Auszubildenden die vorgeschriebenen Berichtshefte nicht oder verspätet vorgelegt, liegt eine Pflichtverletzung vor, die geeignet sein kann, eine außerordentliche Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses zu rechtfertigen.

2. Auch bei hartnäckiger und fortgesetzter Verletzung von Verhaltens- und Leistungspflichten durch den Auszubildenden ist in aller Regel vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses eine (erfolglose) Abmahnung notwendig.

 

Normenkette

BBiG §§ 15, 12 Abs. 1; EFZG § 3 Abs. 1; BGB § 615

 

Verfahrensgang

ArbG Fulda (Urteil vom 29.01.1997; Aktenzeichen 2 Ca 501/96)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Fulda vom 29.01.1997 – 2 Ca 501/96 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Verurteilung zur Weiterbeschäftigung wirkungslos ist. Auf die Anschlußberufung des Klägers wird das vorbezeichnete Urteil dahingehend abgeändert, daß der Beklagte weiter verurteilt wird, an den Kläger 645,00 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem entsprechenden Nettobetrag seit dem 01.11.1996 zu zahlen.

Im übrigen wird die Anschlußberufung zurückgewiesen. Von den Kosten des Rechtstreits hat der Kläger 1/5, der Beklagte 4/5 zu tragen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und – zweitinstanzlich – vergütungsansprüche des Klägers.

Der am 23.07.1978 geborene Kläger war bei dem Beklagten, der ein unternehmen der Heizungs-, Elektro- und sanitärbranche betreibt, aufgrund schriftlichen Ausbildungsvertrages seit dem 01.08.1994 als Auszubildender im zentralheizungs- und Lüftungsbauerhandwerk zu einer monatlichen Ausbildungsvergütung von DM 1.001,00 brutto beschäftigt. Nachdem der Beklagte den Kläger mit schreiben vom 24.02.1995 (Bl. 6 d.A.) unter Hinweis auf eine Anmahnung der zuständigen Innung um pünktliche Abgabe des Berichtshefts gebeten hatte, der Kläger mit schreiben vom 02.11.1995 (Bl. 5 d.A.) u. a. wegen fehlender Ausbildungsberichte abgemahnt und der Kläger wegen fehlender Berichtshefte zunächst nicht zur Zwischenprüfung am 02.05.1996 zugelassen worden war, kündigte der Beklagte das Ausbildungsverhältnis zum Kläger, der sich am 23.09.1996 im Betrieb eine Schnittverletzung zuzog und deshalb jedenfalls bis 04.10.1996 arbeitsunfähig krankgeschrieben worden war, mit schreiben vom 01.10.1996 (Bl. 12 a d.A.), dem Kläger am 04.10.1996 zugegangen, fristlos wegen Nichtabgabe von Berichtsheften trotz Abmahnungen.

Mit seiner am 16.10.1996 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wendet sich der Kläger – ein Ausschuß für Lehrlingsstreitigkeiten besteht nicht – gegen diese Kündigung.

Der Kläger hat vorgetragen, ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung habe nicht bestanden, die im Kündigungsschreiben angebrachten Tatsachen entsprächen nicht der Wahrheit.

Der Kläger, der ab 21.10.1996 eine Ausbildungsstelle in einem anderen Betrieb hat, hat beantragt,

  1. festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Ausbildungsverhältnis durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 01. Oktober 1996 nicht aufgelöst worden ist;
  2. den Beklagten zu verurteilen, den Kläger vertragsgemäß als Auszubildenden (Zentral-, Heizungs- und Lüftungsbauer) weiterzubeschäftigen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat gemeint, es liege ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung vor und behauptet, er habe den Kläger bereits von Beginn des Ausbildungsverhältnisses an ständig zur Abgabe seiner wöchentlichen Berichte ermahnt, weder die mündlichen Aufforderungen zur Abgabe der Berichte noch Gespräche mit dem vater des Klägers bezüglich der Abgabe der Berichtshefte seien erfolgreich gewesen. Der Kläger habe die letzten Berichte nur bis zum 12.07.1996 geschrieben und diese erst am 25.07.1996 abgegeben. Daraufhin habe er den Kläger mehrmals mündlich, zuletzt am 20. und 23.09.1996 aufgefordert, die fehlenden Ausbildungsberichte für die Vorwoche und für die davorliegenden 9 Wochen umgehend bei ihm im Betrieb vorzulegen und ihn diesbezüglich abgemahnt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit urteil vom 29.01.1997 im wesentlichen mit der Begründung fehlender Abmahnungen durch den Beklagten stattgegeben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 20 – 27 d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 03.11.1997 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Er ist der Ansicht, aufgrund der besonderen umstände, insbesondere wegen der Beharrlichkeit des Klägers seien Abmahnungen überhaupt nicht erforderlich gewesen. Trotz entsprechender vertraglicher Verpflichtung habe der Kläger die wöchentlichen Ausbildungsberichte stets unvollständig, verspätet oder überhaupt nicht vorgelegt. Obgleich er teils schriftlich, teils mündlich ermahnt worden sei, habe sich nichts geändert. Lediglich w...

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