Entscheidungsstichwort (Thema)

Personalratstätigkeit in der Freizeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Personalratstätigkeit stellt keinen Dienst bzw. keine Arbeit dar. Deshalb sind für den Personalrat über die Arbeitszeit hinaus geleistete Stunden keine überstunden

2. Für Personalratstätigkeit während der Freizeit des Personalratsmitglieds kamt gemäß § 46 II 2 BPersVG lediglich ein Freizeitausgleich in Betracht

3. Die Vorschrift des § 8 BPersVG muß zusammen mit § 46 I BPersVG gesehen werden.

 

Normenkette

TV Arb Bundespost § 6 Abs. 1, 5; BPersVG § § 8, 46 I, § 46 II; BetrVG 1972 § 37 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 19.09.1984; Aktenzeichen 9 Ca 101/84 Ffm.)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt a. M. vom 19.09.1984 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist bei der Beklagten als Arbeiterin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit sowie aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung die Vorschriften des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (TV Arb) Anwendung. Die Parteien streiten um die Gewährung des tariflichen überstundenzuschlags gem. § 6 Abs. 5 Unterabsatz 2 TV Arb.

Die Klägerin ist Mitglied des Personalrats beim Postamt 1 in Frankfurt am Main. Sie hat eine vertragliche Wochenarbeitszeit von 24 Stunden.

In der Zeit vom 29.05. bis 05.06., 27.08. bis 04.09 und 30.09. bis 09.10.1983 vertrat die Klägerin das freigestellte, vollbeschäftigte Personalratsmitglied Kramer, ohne daß der Arbeitsvertrag, insbesondere die Arbeitszeit der Klägerin, geändert wurde. Der Amtsvorsteher war damit einverstanden, daß die Klägerin während der Vertretungen von ihrer Arbeit freigestellt wurde. In dieser Zeit wandte die Klägerin über ihre Arbeitszeit hinaus insgesamt 66 Stunden für Personalratstätigkeit auf. Hierfür erhielt die Klägerin einen entsprechenden Freizeitausgleich, nicht aber einen überstundenzuschlag von 25 % in der unstreitigen Höhe von 234,02 DM brutto.

In der Zeit vom 01. bis 13.07.1983 leistete die Klägerin außerhalb ihrer Arbeitszeit weitere 33,5 Stunden für Personalratstätigkeit. Für diese Stunden gewährte die Beklagte nicht nur einen entsprechenden Freizeitausgleich, sondern versehentlich außerdem den 25 %igen Überstundenzuschlag.

Inzwischen vereinbart die Beklagte mit der Klägerin eine vorübergehende Änderung der vertraglichen Arbeitszeit, wenn die Klägerin ein freigestelltes Personalratsmitglied zeitweise vertritt und hierdurch Personalratstätigkeit über die vertragliche Arbeitszeit der Klägerin hinaus anfällt.

Die Klägerin hat vorgetragen:

Ihr stehe gemäß § 6 Abs. 5 Unterabsatz 2 TV Arb für die vorgenannten 66 Stunden ein tariflicher überstundenzuschlag zu. Ihre Personalratstätigkeit über ihre Arbeitszeit hinaus müsse wie überzeitarbeit vergütet werden. Andernfalls werde sie wegen ihrer Personalratstätigkeit unterverstoß gegen § 8 Bundespersonalvertretungsgesetz benachteiligt. Ihr Anspruch ergebe sich ferner daraus, daß gemäß § 46 Abs. 2 Bundespersonalvertretungsgesetz infolge einer Tätigkeit für den Personal rat keine Minderung des Arbeitsentgelts eintreten dürfe.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 234,02 DM brutto plus 4 % Zinsen seit dem 30.04.1984 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen:

§ 6 Absatz 5 Unterabsatz 2 TV Arb scheide als Anspruchsgrundlage aus, weil die Klägerin keine überstunden geleistet habe. Gemäß § 6 Absatz 1 TV Arb seien Überstunden nur Arbeitsstunden, nicht aber Stunden außerhalb der Arbeitszeit für Personalratstätigkeit. Nach der abschließenden Regelung des § 46 Abs. 2 Satz 2 Bundespersonalvertretungsgesetz stehe der Klägerin für Personalratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit lediglich ein entsprechender Freizeitausgleich zu. Hierin liege keine verbotene Benachteiligung der Klägerin wegen ihrer Tätigkeit für den Personalrat.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Berufung zugelassen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 19.09.1984 (Bl. 29 bis 34 d. A.) Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte unter Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Berufung. Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Zur näheren Darstellung des zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat Erfolg und führt zur Abweisung der Klage.

I. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung eines überstundenzuschlags für die 66 Stunden, die sie während der oben genannten Zeiträume außerhalb ihrer Arbeitszeit für Personalratstätigkeit unstreitig aufwandte. Hierfür fehlt es an einer Anspruchsgrundlage. Zu dieser Frage nimmt das Berufungsgericht aufgrund des Ergebnisses der ...

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