Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung des pfändbaren Einkommens des Arbeitnehmers durch den Driftschuldner (Arbeitgeber) bei Streit über die Anzahl der Unterhaltsberechtigten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Arbeitgeber ist als Drittschuldner auf Grund einer globalen Lohnpfändung nur insoweit zur Zahlung an den Pfändungsgläubiger verpflichtet, als ihm eindeutig erkennbar oder leicht ermittelbar ist, welcher Teil des Arbeitseinkommens pfändbar ist.

2. Unsicherheiten über die Berücksichtigung von Unterhaltsberechtigten gehen nicht zu Lasten des Drittschuldners (Arbeitgebers). Dieser kann bei der Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens grundsätzlich von den Angaben des Arbeitnehmers ausgehen.

3. Der Pfändungsgläubiger ist im Streitfall darauf angewiesen, einen Beschluß des Vollstreckungsgerichts über die Berücksichtigung von Unterhaltsberechtigten gem. § 850 c ZPO zu erwirken.

4. Diese Grundsätze gelten auch bei globalen Lohnabtretungen.

5. Auch gegenüber dem Pfändungsgläubiger gelten tarifliche Verfallfristen.

Die Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlussesenthält nicht die Geltendmachung sämtlicher zukünftig fällig werdender gepfändeter Lohnansprüche.

 

Normenkette

ZPO § 850c

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 16.02.1984)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts in Frankfurt am Main – 3 Ca 369/83 – vom 16. Februar 1984 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites hat die Klägerin zu tragen.

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten aufgrund einer Lohnabtretung und eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses in Anspruch.

Die Klägerin gewährte im Jahre 1974 dem Koch L. R. einen Kaufkredit. Sie ließ sich von ihm die pfändbaren Lohnansprüche – auch für die Zukunft – abtreten, (vgl. die Ablichtung der Vereinbarung vom 11.5.1974, Bl. 13 d.A.). Von September 1981 bis Mitte Oktober 1982 war Herr L. R. (im folgenden: Arbeitnehmer) zu einem monatlicher Nettolohn von ca. 1.140,– DM bei dem Beklagten beschäftigt. Am 28. September 1981 benachrichtigte die Klägerin den Beklagten von der Lohnabtretung und forderte ihn auf, den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens an sie abzuführen. Den pfändbaren Betrag bezifferte sie später mit 406,70 DM wobei sie davon ausging, daß keine Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen seien.

Der Arbeitnehmer erklärte dem Beklagten, daß er seinen Eltern im Monat 400,– DM Unterhalt leiste. Er legte dem Beklagten entsprechende Erklärungen vor (vgl. die Ablichtungen Bl. 18, 19 d.A.). Unter Hinweis darauf und entsprechend einem früheren Einigungsangebot führte der Beklagte zunächst 100,– DM monatlich ab, insgesamt 700,– DM.

Die Klägerin erwirkte einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts Groß-Gerau vom 4.5.1982 durch den der Lohn des Arbeitnehmers gepfändet und ihr zur Einziehung überwiesen wurde. Am 25.5.1982 wurde dieser Beschluß dem Beklagten zugestellt. Am 22.10. 1982 erhielt der Beklagte einen weiteren Beschluß des Amtsgerichts Groß-Gerau vom 24.9.1982 (22 M 2313/82), in dem festgestellt wurde, daß bei der Berechnung der pfändbaren Einkünfte des Arbeitnehmers kein Unterhaltsberechtigter zu berücksichtigen sei.

Die Klägerin hat vorgetragen, der Beklagte habe die Eltern des Arbeitnehmers nicht als Unterhaltsberechtigte berücksichtigen dürfen, da der Arbeitnehmer diesen nicht zum Unterhalt verpflichtet war, wie auch das Amtsgericht schließlich feststellte. Ohne Berücksichtigung von Unterhaltsberechtigten habe der Beklagte den dann pfändbaren Teil von 406,70 DM monatlich vom Lohn des Arbeitnehmers einbehalten und für 13 Monate abführen müssen, woraus sich unter Berücksichtigung der Zahlungen des Beklagten der Klagebetrag ergebe.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 4.587,10 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1.11.1982 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, daß er ein Leistungsverweigerungsrecht habe, da die Klägerin das Original der Abtretungsurkunde nicht vorgelegt habe. Er habe zu Recht davon ausgehen können, daß der Arbeitnehmer seinen Eltern Unterhalt leiste. Er habe nicht wissen können, ob die Klägerin, die dies bestritt oder der Arbeitnehmer recht habe. Im übrigen bestreitet der Beklagte, daß der Kläger in gegenüber dem Arbeitnehmer überhaupt noch ein Anspruch zugestanden habe.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 1.3.1985 der Klage stattgegeben, da der Klägerin der Lohn des Arbeitnehmers in der pfändbaren Höhe von monatlich 406,70 DM zugestanden hätte und der Beklagte angesichts des Streits über die Berücksichtigung der Eltern als Unterhaltsberechtigte diesen Betrag nicht – wie geschehen – hätte an den Arbeitnehmer auszahlen dürfen, sondern hinterlegen müssen.

Gegen dieses dem Beklagten am 26.10. 1984 zugestellte Urteil richtet sich die am 20. 11.1984 beim Landesarbeitsgericht eingegangene und am 6.12.1984 begründete Berufung des Beklagten.

Er greift das arbeitsgerichtliche Urteil mit den aus dem Schriftsatz vom 4.12.1984 (Bl. 92 – 94 d.A.) ersicht...

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