Entscheidungsstichwort (Thema)

Fahrtkosten des Anwalts und der Partei

 

Leitsatz (amtlich)

1) Es wird daran festgehalten, dass Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld eines Anwalts nur erstattungsfähige Prozeßkosten sind, wenn der Anwalt seine Kanzlei am (Wohn-) Sitz der Partei, dem Sitz des Gerichts der I. oder II. Instanz, im Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht und dem Bundesarbeitsgericht auch an dessen Sitz hat, oder aber es sich um einen Spezialisten in einer besonderen Materie handelt (Beschluss v. 19.11.1999-9 Ta 652/99).

2) Fahrtkosten der Partei zum Termin sind – abgesehen von den Fällen der fiktiven Berücksichtigung im Falle von Leitsatz 1 – nur erstattungsfähig, wenn sie tatsächlich entstanden sind.

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 1, 2 Sätze 1-2; BRAGO § 28 Abs. 2 Nr. 1; ZSEG § 9 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Kassel (Beschluss vom 17.08.2000; Aktenzeichen 8 Ca 334/98)

Hessisches LAG (Aktenzeichen 5 Sa 149/99)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers des Arbeitsgerichts in Kassel vom 17. August 2000 – 8 Ca 334/98 – teilweise abgeändert.

Der der Klägerin von der Beklagten zu erstattende Betrag wird auf 902,17 DM nebst 4 v. H. Zinsen seit dem 12. November 1999 festgesetzt. Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Beklagten nach einem Beschwerdewert von 15,34 DM auferlegt; die außergerichtlichen Kosten haben nach einem Beschwerdewert von 129,34 DM die Klägerin zu 88 v. H., die Beklagte zu 12 v. H. zu tragen.

 

Tatbestand

I. Das Hessische Landesarbeitsgericht hat mit einem am 21. Oktober 1999 verkündeten Urteil – 5 Sa 149/99 – die Berufungen beider Parteien gegen das am 11. November 1998 verkündete Teilurteil des Arbeitsgericht in Kassel – 8 Ca 334/98 – zurückgewiesen und die Kosten des Berufungsverfahrens der Klägerin zu 1/4 und der Beklagten zu 3/4 auferlegt. Zu diesem Termin hatte das Landesarbeitsgericht das persönliche Erscheinen der Klägerin und der Geschäftsführerin der Beklagten zur Sachaufklärung angeordnet. Beide waren im Termin anwesend. Den Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren hat das Berufungsgericht mit Beschluss vom 20. Januar 2000 auf 6.678,00 DM festgesetzt. Die Parteien haben ihre außergerichtlichen zweitinstanzlichen Kosten zur Ausgleichung angemeldet:

  • die Klägerin mit Schriftsatz vom 11. November 1999, bei dem Arbeitsgericht eingegangen am 12. November 1999 (Bl. 197 und 198 d. A.), in Höhe von 1.642,10 DM, erweitert am 20. Juni 2000 um Fahrtkosten der Klägerin von Kassel nach Frankfurt am Main zum Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht für 380 km à 0,52 DM = 197,60 DM (Bl. 218 und 219 d. A.) und am 13. Juli 2000 um Kosten für Zeitversäumnis in Höhe von 5 × 25,00 DM = 125,00 DM (Bl. 226 d. A.), insgesamt von 1.964,70 DM;
  • die Beklagte mit Schriftsatz vom 11. April 2000, bei dem Arbeitsgericht eingegangen am 13. April 2000, in Höhe von 1.476,96 DM, worin Fahrtkosten von Essen nach Frankfurt am Main für 498 km à 0,52 DM = 258,96 DM enthalten sind (Bl. 206 und 207 d. A.), erweitert am 4. Juli 2000 um Fahrtkosten für ihre Geschäftsführerin zum Termin in Höhe von 380 km à 0,52 DM = 197,60 DM (Bl. 212 und 213 d. A.) und am 25. Juli 2000 ebenfalls um Kosten für Zeitversäumnis in Höhe von 125,00 DM (Bl. 230 und 231 d. A.), zusammen von 1.799,56 DM.

Die Klägerin hat eingeräumt, von ihrem Prozessbevollmächtigten in dessen Personenkraftwagen zum Termin in Frankfurt am Main und zurück mitgenommen worden zu sein. Der Rechtspfleger hat, soweit im Rahmen der sofortigen Beschwerde von Interesse, mit dem der Beklagten am 28. August 2000 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss vom 17. August 2000 unter Berücksichtigung von Fahrtkosten der Klägerin in Höhe von 380 km zu 0,40 DM = 152,00 DM außergerichtliche Kosten der Klägerin in Höhe von 1.919,10 DM und unter Anerkennung von Fahrtkosten des Prozessbevollmächtigten der Beklagten nur von Kassel nach Frankfurt am Main in Höhe von 197,60 DM und Fahrtkosten der Partei ebenfalls in Höhe von 152,00 DM außergerichtliche Kosten der Beklagten in Höhe von 1.692,60 DM in die Kostenausgleichung eingestellt. Danach hat er unter Berücksichtigung der Kostenquotelung in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts den der Klägerin von der Beklagten zu erstattenden Betrag auf 1.016,17 DM nebst 4 v. H Zinsen seit dem 12. November 1999 festgesetzt (Bl. 233 – 235 d. A.).

Gegen diesen Beschluss hat die Beklagte am 8. September 2000 bei dem Arbeitsgericht

sofortige Beschwerde

eingelegt und sich mit dieser gegen die Kürzung der Fahrtkosten ihres Prozessbevollmächtigten und die Berücksichtigung der Fahrtkosten der Klägerin gewandt (Bl. 247 – 250 d. A.).

Die Klägerin bittet um die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde, indem sie den angefochtenen Beschluss verteidigt (Bl. 254 d. A.).

Das Arbeitsgericht hat die Sache dem Hessischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Zu dem Inhalt der genannten Entscheidungen und Sc...

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