Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollstreckung der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung einer Arbeitnehmerin

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts, durch das die Verpflichtung ausgesprochen worden ist, die Gläubigerin zu den bisherigen Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen, ist zur Vollstreckung geeignet.

2. Zwar ist der Einwand der Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO grundsätzlich zu beachten. Nicht zu überprüfen ist allerdings die materielle Richtigkeit des arbeitsgerichtlichen Urteils.

 

Normenkette

ZPO § 888

 

Verfahrensgang

ArbG Offenbach am Main (Entscheidung vom 22.04.2013; Aktenzeichen 8 Ca 446/12)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach vom 09. September 2013 - 8 Ca 446/12 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Schuldnerin wendet sich mit ihrer am 14.09.2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde gegen einen ihr am 11.09.2013 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach vom 09.09.2013, mit dem sie zu der im arbeitsgerichtlichen Urteil vom 22.04.2013 (Az. 8 Ca 446/12) ausgesprochenen Verpflichtung, den Gläubiger als Kurator in der Abteilung/Sachgebiet Museum ab dem 18.01.2014 in Vollzeit zu beschäftigen, durch Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft, angehalten worden ist.

Zwischen den Parteien besteht ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis. Eine von der Schuldnerin am 28.06.2012 erklärte fristlose Kündigung hat das Arbeitsgericht Offenbach mit rechtskräftigem Urteil vom 21.11.2012 für unwirksam erklärt. Seitdem weigerte sich die Schuldnerin aufgrund verschiedener Verhaltensweisen des Gläubigers in der Vergangenheit, ihn weiter zu beschäftigen. Mit Urteil vom 22.04.2013 (8 Ca 446/12) hat das Arbeitsgericht Offenbach die Schuldnerin zur vertragsgemäßen Beschäftigung verurteilt. Die Schuldnerin hat gegen dieses Urteil Berufung beim Hessischen Landesarbeitsgericht eingelegt. Das Berufungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Die Schuldnerin ist der Ansicht, die Beschäftigung des Gläubigers sei ihr aufgrund objektiver Umstände in seiner Person unmöglich. Sie behauptet, der Gläubiger habe aufgrund des verantwortungslosen Umgangs mit den Kosten des Projekts "neue Welten", der verspäteten Vorlage der Kostenaufstellung für dieses Projekt und dem Versuch, seine Fehler zu vertuschen, ihre Finanzsituation beschädigt und ihr Vertrauen in den Gläubiger, das für eine weitere Beschäftigung essentiell sei, irreparabel zerstört. Für die Einzelheiten der von der Schuldnerin beschriebenen Handlungs- und Verhaltensweisen des Gläubigers wird auf ihren Schriftsatz vom 12.09./22.08.2013 an das Arbeitsgericht Offenbach Bezug genommen (Bl. 310-316 d.A.).

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 62 Abs. 2 ArbGG, 793 ZPO an sich statthaft und wurde innerhalb der in § 569 Abs. 1 ZPO normierten Zweiwochenfrist eingelegt.

In der Sache selbst hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg; denn das Arbeitsgericht hat zu Recht gemäß § 888 ZPO ein Zwangsgeld gegen die Schuldnerin verhängt.

1. Zunächst liegen die allgemeinen Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung vor. Das Urteil des Arbeitsgerichts stellt einen vollstreckbaren Titel dar (§ 62 ArbGG). Eine vollstreckbare Ausfertigung ist erteilt (§724,317 Abs. 2 S. 2 ZPO) und die Zustellung ist erfolgt (§ 750 ZPO). Bei der Verurteilung zur Weiterbeschäftigung handelt es sich nach fast einhelliger Auffassung um die Verurteilung zur Vornahme einer unvertretbaren Handlung gemäß § 888 ZPO. Der arbeitsgerichtliche Titel ist zur Vollstreckung auch geeignet, weil die Leistungspflicht der Schuldnerin darin bereits durch die Formulierung im Tenor hinreichend bestimmt ist.

2. Der Einwand der Schuldnerin, die titulierte Weiterbeschäftigung des Gläubigers sei ihr unmöglich geworden, kann hier nicht mit Erfolg erhoben werden.

Der Einwand der Unmöglichkeit ist im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO grundsätzlich zu beachten. Im Falle eines Titels auf Beschäftigung kann Unmöglichkeit dann eintreten, wenn der Arbeitsplatz, auf dem die Beschäftigung geschuldet ist, nach Urteilserlass weggefallen ist oder objektive Umstände in der Person des Gläubigers einer Weiterbeschäftigung entgegenstehen. Das Gleiche gilt ausnahmsweise, wenn der endgültige Wegfall der tenorierten Beschäftigung im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung unstreitig oder offenkundig war; denn dann fehlt es an der Grundlage für die geschuldete Leistung. Nicht zu überprüfen ist im Verfahren nach § 888 ZPO allerdings die materielle Richtigkeit des arbeitsgerichtlichen Urteils. Nach dem Grundsatz der Trennung von Erkenntnis- und Zwangsvollstreckungsverfahren ist im Zwangsvollstreckungsverfahren kein Raum zur Korrektur der Entscheidungen im Erkenntnisverfahren. Es hat allein zum Gegenstand, die Zulässigkeit der ...

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