Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an Form und Inhalt des Ausbildungszeugnisses

 

Leitsatz (amtlich)

- Entscheidung nach § 91a ZPO

- Das Rechtsschutzbedürfnis für eine sofortige Beschwerde des Schuldners entfällt nicht durch die Erfüllung des Anspruchs.

- Das Ausbildungszeugnis ist äußerlich ordnungsgemäß zu erstellen, muss objektiv richtig sein und einer verkehrsüblichen Bewertung entsprechen. Durch die äußere Form eines Zeugnisses darf nicht der Eindruck erweckt werden, der Aussteller distanziere sich vom buchstäblichen Wortlaut seiner inhaltlichen Erklärungen. Aus § 109 Abs. 2 GewO folgt zudem, dass ein Zeugnis keine Merkmale enthalten darf, die eine andere als aus der äußeren Form und dem Wortlaut ersichtliche Aussage treffen, die Aussage des Zeugnisses entwerten oder Anlass zu sonstigen negativen Schlussfolgerungen geben. Im Zeitalter der mit Rechtschreibkontrolle ausgestatteten Computerprogramme besteht auch ein Anspruch auf ein von Schreibfehlern freies Zeugnis. Da derartige Fehler nicht mehr als Ausdruck der Rechtsschreibschwäche des Ausstellers gedeutet werden können, sondern leicht vermeidbar sind, geben sie Anlass zur negativen Vermutung, der Aussteller des Zeugnisses könnte sich - durch bewusst mangelnde Sorgfalt - vom Inhalt des Zeugnisses distanzieren (Fortführung von HessLAG 21. Oktober 2014 - 12 Ta 375/14 - juris).

 

Normenkette

BBiG § 16

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 08.12.2016; Aktenzeichen 14 Ca 2625/16)

 

Tenor

Die Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens hat die Schuldnerin zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Parteien streiten nach als übereinstimmend geltenden Erledigungserklärungen noch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Schuldnerin (im Folgenden: Beklagte) und die Gläubigerin (im Folgenden: Klägerin) haben in dem Gütetermin vom 17. Juni 2016 in dem Rechtsstreit 14 Ca 2625/16 einen Vergleich geschlossen, in dessen Ziff. 3 Folgendes vereinbart wurde:

"Die Beklagte erteilt der Klägerin ein Ausbildungszeugnis im Sinne des § 16 Berufsbildungsgesetz, das auch Angaben über Verhalten und Leistung der Klägerin enthalten wird."

Mit Schriftsatz vom 11. November 2016 (Bl. 79 d. A.) hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Festsetzung von Zwangsmitteln gegen die Beklagte beantragt, weil die Beklagte gegen ihre Verpflichtung aus Ziff. 3 des Vergleichs vom 17. Juni 2016 verstoßen habe.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 8. Dezember 2016 (Bl. 83 f. d. A.) gegen die Beklagte wegen der Nichterfüllung ihrer Verpflichtung aus Ziff. 3 des Vergleichs ein Zwangsgeld in Höhe von € 700,00, ersatzweise einen Tag Zwangshaft für je € 700,00, festgesetzt.

Auf diesen ihr am 12. Januar 2017 zugestellten Beschluss hat sich die Beklagte mit am 25. Januar 2017 eingegangenem Schreiben vom 24. Januar 2017 (Bl. 96 d. A.) an das Arbeitsgericht gewandt und mitgeteilt, dass sie das Zeugnis für die Klägerin am 12. Januar 2017 an deren Prozessbevollmächtigten mit Einwurfeinschreiben gesandt habe.

Mit Schriftsatz vom 21. Februar 2017 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin das ihm übersandte Zeugnis, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 99 d. A. verwiesen wird, zu den Gerichtsakten gereicht und mitgeteilt, dass es orthographische Fehler enthalte und eine Bewertung der Arbeitsleistung fehle.

Mit Beschluss vom 11. April 2017 hat das Arbeitsgericht das Schreiben der Beklagten vom 24. Januar 2017 als sofortige Beschwerde ausgelegt und dieser nicht abgeholfen, weil das vorgelegte Zeugnis jedenfalls keine Bewertung der Arbeitsleistung enthalte.

Mit weiterem Schreiben vom 19. April 2017, eingegangen am selben Tag, teilte die Beklagte mit, dass sie das entsprechend geänderte, in Kopie auf Bl. 108 d. A. befindliche Zeugnis per Einschreiben an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin übersandt habe und nunmehr auch die Arbeitsleistung bewertet und der orthographische Fehler korrigiert worden sei. In dem Zeugnis heißt es, dass die Klägerin zur "Ausbildung als Zahnarzthelferin" in der Praxis gewesen sei und dass "zu den von Ihr zu erfüllten Aufgaben" insbesondere gehört habe. Weiter heißt es "Ihre Aufmerksamkeit und ihre Fähigkeit als Assistenz bei der chirurgischen Behandlung zeigte große Sorgfalt und Kompetenz".

Mit Schriftsatz vom 25. April 2017 teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit, dass das Zeugnis weiterhin nicht Ziff. 3 des Vergleichs entspräche. Die korrekte Bezeichnung des Ausbildungsberufs laute "Zahnmedizinische Fachangestellte". Es seien weiterhin orthographische Fehler enthalten.

Mit Schriftsatz vom 16. Juni 2017 (Bl. 120 d. A.) teilte der Klägervertreter mit, dass das korrigierte Zeugnis erteilt worden sei.

Mit Schriftsatz vom 22. Juni 2017 (Bl. 125 d. A.) hat die Klägerin das Zwangsvollstreckungsverfahren für erledigt erklärt, nachdem den Parteien mit Beschluss vom 21. Juni 2017 (Bl. 122 f. d. A.) vom Landesarbeitsgericht Hinweise erteilt worden sind. Die Beklagte ist mit Beschluss vom 26. Juni 2017, zugestellt am 28. Juni 2017, gemäß § 91a ...

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