Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die Bestimmtheit eines Vergleichs hinsichtlich der Verpflichtung zur Erteilung eines Zeugnisses mit einer bestimmten Notenstufe

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Vergleich ist mangels Bestimmtheit nicht vollstreckbar, soweit in ihm die Verpflichtung zur Erteilung eines Zeugnisses der Notenstufe "gut" vereinbart worden ist. In diesem Fall kann der Gläubiger aber - soweit ebenfalls Gegenstand des Vergleichs - in der Zwangsvollstreckung die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses unter dem vereinbarten Ausstellungsdatum verlangen.

 

Normenkette

BGB § 779; ZPO § 750

 

Verfahrensgang

ArbG Kassel (Entscheidung vom 28.06.2016; Aktenzeichen 6 Ca 70/14)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Kassel vom 28. Juni 2016 - 6 Ca 70/14 - unter Zurückweisung der sofortigen Beschwerde im Übrigen teilweise aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Gegen den Schuldner wird zur Erzwingung der Verpflichtung aus Ziff. 6 des gerichtlichen Vergleichs vom 24. April 2014 - 6 Ca 70/14 -, nämlich dem Gläubiger ein qualifiziertes Zeugnis mit dem Ausstellungsdatum 30. April 2014 zu erteilen, ein Zwangsgeld in Höhe von € 625,00 verhängt.

Für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, wird für je € 125,00 ein Tag Zwangshaft festgesetzt.

Die Vollstreckung entfällt, sobald der Schuldner die Verpflichtung erfüllt hat.

Im Übrigen wird der Zwangsgeldantrag vom 18. März 2016 zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Schuldner und dem Gläubiger zu jeweils 1/2 auferlegt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Parteien streiten nach dem Abschluss eines Vergleichs über den Inhalt eines Zeugnisses.

Der Schuldner (im Folgenden: Beklagter) und der Gläubiger (im Folgenden: Kläger) haben im Gütetermin vom 24. April 2014 in dem Rechtsstreit 6 Ca 70/14 auszugsweise den folgenden gerichtlichen Vergleich geschlossen:

"...

6. Der Beklagte erteilt dem Kläger ein wohlwollendes, qualifiziertes Zeugnis mit der Notenstufe "gut" und mit dem Ausstellungsdatum 30. April 2014.

..."

Mit am 18. März 2016 bei der Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichts gestelltem Antrag hat der Kläger die Festsetzung von Zwangsmitteln gegen den Beklagten beantragt und dies damit begründet, dass er seiner Verpflichtung aus Ziff. 6 des gerichtlichen Vergleichs nicht nachgekommen sei.

Das Arbeitsgericht Kassel hat den Antrag mit Beschluss vom 19. April 2016 (Bl. 65 d. A.) zurückgewiesen, weil nicht nachgewiesen sei, dass dem Beklagten eine vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs zugestellt worden sei.

Gegen diesen ihm am 27. April 2016 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 2. Mai 2016 bei der Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts Kassel sofortige Beschwerde eingelegt und Unterlagen eingereicht (Inhalt Bl. 69 d. A.), aus denen sich die Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleichs ergibt.

Mit am 28. Juni 2016 verkündetem Beschluss (Bl. 74 d. A.) hat das Arbeitsgericht Kassel gegen den Beklagten wegen der Nichterfüllung seiner Verpflichtung aus Ziff. 6 des Vergleichs ein Zwangsgeld in Höhe von € 625,00, ersatzweise einen Tag Zwangshaft für je € 125,00 festgesetzt.

Gegen diesen seinem Prozessbevollmächtigtem am 7. Juli 2016 zugestellten Beschluss hat der Beklagte mit am 12. Juli 2016 bei dem Arbeitsgericht Kassel eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, dass dem Kläger mit Schreiben vom 1. April 2016 ein Arbeitszeugnis ausgestellt und um 8:00 Uhr in seinen Briefkasten eingeworfen worden sei.

Das zu den Gerichtsakten gereichte Arbeitszeugnis (Bl. 79 f. d. A.) weist als Ausstellungsdatum den 1. April 2016 aus. Weiter heißt es in dem Zeugnis:

"...

Herr A erledigt die ihm übertragenen Aufgaben stets zu meiner Zufriedenheit. Auch in komplizierte Problemstellungen kann er sich stets selbständig einarbeiten.

Sein Verhalten zu Vorgesetzten und Mitarbeitern ist stets vorbildlich.

..."

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 6. September 2016 nicht abgeholfen und dies damit begründet, dass die Leistungsbeurteilung nicht der Notenstufe "gut", sondern der Notenstufe "befriedigend" entspreche.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte verwiesen.

II.

Die gemäß §§ 793, 567 Abs. 1 ZPO iVm. § 62 Abs. 2 Satz 1 ArbGG statthafte sofortige Beschwerde des Beklagten ist gemäß § 569 Abs. 1 und 2 ZPO, § 78 Satz 1 ArbGG form- und fristgerecht eingelegt worden und daher zulässig. Sie hat in der Sache nur zum Teil Erfolg. Der Beklagte ist seiner Verpflichtung aus Ziff. 6 des Vergleichs, ein qualifiziertes Zeugnis unter dem Ausstellungsdatum 30. April 2014 zu erteilen noch nicht nachgekommen. Allerdings ist Ziff. 6 des Vergleichs mangels Bestimmtheit nicht vollstreckbar, soweit dort die Erteilung eines Zeugnisses der Notenstufe "gut" vereinbart worden ist. Im Einzelnen:

1. Die allgemeinen Voraussetzungen für die Einleitung eines Zwangsvollstreckungsverfahrens iSv. § 750 Abs. 1 ZPO (Titel, Klausel...

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