Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollstreckbarkeit eines Vergleichs hinsichtlich der Erteilung eines qualifizierten Endzeugnisses

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Vergleich, in dem die Erteilung eines qualifizierten Endzeugnisses mit “guter„ Leistungs- und Führungsbeurteilung sowie eine dementsprechende Dankes-, Bedauerns- und Gute-Wünsche-Formel vereinbart wird, ist nur im Hinblick auf das qualifizierte Endzeugnis vollstreckbar. Im Übrigen mangelt es dem Titel an der notwendigen Bestimmtheit. Es sind verschiedene Wortverbindungen denkbar, mit denen sich “Dank„, “Bedauern„ sowie “gute Wünsche„ zum Ausdruck bringen lassen. Ebenso verhält es sich mit der Formulierung “gut„. Der Anspruch auf ein qualifiziertes Endzeugnis wird nicht erfüllt, wenn aufgrund augenfälliger Nachlässigkeiten der Eindruck entsteht, dass es die Absicht des Verfassers ist, sich für Dritte erkennbar von dem Inhalt des Zeugnisses zu distanzieren und die Ausführungen zu dem Leistungs- und Führungsverhalten zu entwerten. Das Zeugnis ist dann offensichtlich nicht dazu geeignet, als eine auf dem Arbeitsmarkt übliche Bewerbungsunterlage herangezogen zu werden.

 

Normenkette

GewO § 109; ZPO § 888

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 27.04.2018; Aktenzeichen 8 Ca 6161/17)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 27. April 2018 - 8 Ca 6161/17 - unter Zurückweisung der sofortigen Beschwerde im Übrigen teilweise aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Gegen den Schuldner wird zur Erzwingung der Verpflichtung aus Ziff. 4 des gerichtlichen Vergleichs vom 24. Oktober 2017 - 8 Ca 6161/17 -, nämlich dem Gläubiger ein qualifiziertes Endzeugnis zu erteilen, ein Zwangsgeld in Höhe von € 1.000,00 (in Worten: Eintausend und 0/100 Euro) verhängt.

Für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, wird für je € 100,00 (in Worten: Einhundert und 0/100 Euro) ein Tag Zwangshaft festgesetzt.

Die Vollstreckung entfällt, sobald der Schuldner die Verpflichtung erfüllt hat.

Im Übrigen wird der Zwangsgeldantrag vom 22. März 2018 zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Schuldner und dem Gläubiger zu jeweils 1/2 auferlegt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Parteien streiten nach dem Abschluss eines Vergleichs über die Erteilung und den Inhalt eines Zeugnisses.

Der Schuldner (im Folgenden: Beklagter) und der Gläubiger (im Folgenden: Kläger) haben im schriftlichen Verfahren am 24. Oktober 2017 in dem Rechtsstreit 8 Ca 6161/17 auszugsweise den folgenden gerichtlichen Vergleich geschlossen:

"…

4. Der Beklagte verpflichtet sich, dem Kläger ein wohlwollend qualifiziertes Endzeugnis mit jeweils "guter" Leistungs- und Führungsbeurteilung sowie einer dementsprechenden Dankes- Bedauerns- und Gute-Wünsche-Formel zu erteilen und zu übersenden.

…"

Mit Schriftsatz vom 22. März 2018 hat der Kläger die Festsetzung von Zwangsmitteln gegen den Beklagten beantragt und dies damit begründet, dass er seiner Verpflichtung aus Ziff. 4 des gerichtlichen Vergleichs nicht nachgekommen sei.

Mit Beschluss vom 27. April 2018 (Bl. 43 f. d. A.) hat das Arbeitsgericht gegen den Beklagten wegen der Nichterfüllung seiner Verpflichtung aus Ziff. 4 des Vergleichs, nämlich dem Kläger ein wohlwollend qualifiziertes Endzeugnis mit jeweils "guter" Leistungs- und Führungsbeurteilung sowie einer dementsprechenden Dankes-, Bedauerns- und Gute-Wünsche-Formel zu erteilen und zu übersenden, ein Zwangsgeld in Höhe von € 1.000,00, ersatzweise einen Tag Zwangshaft für je € 100,00 festgesetzt.

Gegen diesen seinem damaligen Prozessbevollmächtigtem am 2. Mai 2018 zugestellten Beschluss hat der Beklagte mit am 16. Mai 2018 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, dass er das Zeugnis inklusive aller restlichen Abrechnungen per Post an den Kläger versandt habe.

Das zu den Gerichtsakten gereichte, nicht unterschriebene Arbeitszeugnis (Bl. 48 d. A.), das mit einem Adressfeld versehen ist, lautet auszugsweise wie folgt:

"…

Herr A, geboren am xx.xx.1981 in , war vom 01012017 bis 14082017 als Mitarbeiter im Bereich Industriekletterer in unserem Unternehmen beschäftigt.

Die Muster GmbH ist ein Automobilzulieferer mit Sitz in Musterstadt.

…"

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 27. Juni 2018 nicht abgeholfen und dies damit begründet, dass der Beklagte die Erfüllung der titulierten Forderung nicht nachgewiesen habe. Er habe nicht dargetan, wann das Zeugnis versandt worden sei. Überdies sei das zu den Gerichtsakten gereichte Zeugnis nicht unterschrieben; ob das dem Kläger übersandte Zeugnis unterschrieben worden sei, habe der Beklagte nicht mitgeteilt. Weitere Defizite des vorgelegten Zeugnisses (Adressfeld oben links, fehlende Punktierung in den Daten der Beschäftigungsdauer) sowie der mit dem Arbeitsverhältnis der Parteien in keinem Zusammenhang stehende Satz "Die Muster GmbH ist ein Automobilzulieferer mit Sitz in Musterstadt." spräche...

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