Entscheidungsstichwort (Thema)

Unmöglichkeitsprüfung im Verfahren nach § 8 ZPO. Verhängung eines Zwangsgeldes auch bei subjektiver Unmöglichkeit des Schuldners. Pflicht zur Klage gegen Dritten zur Schaffung der eigenen Zahlungsfähigkeit nur bei hinreichenden Erfolgsaussichten. Festlegung der das Zeugnis unterschreibenden Person. Richtige Geschlechterbezeichnung bei Geschäftsführung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Einwendung der Unmöglichkeit ist auch in dem Verfahren nach § 888 ZPO zu überprüfen.

2. Eine subjektive Unmöglichkeit des Schuldners steht der Verhängung eines Zwangsgelds grundsätzlich nicht stets entgegen, wenn die geschuldete Erfüllung von der Mitwirkung eines Dritten abhängt. Der Schuldner kann aber nur dann auf den Weg einer Klage gegen den Dritten verwiesen werden, falls die Klage hinreichende Erfolgsaussichten hat.

3. Hat sich der Arbeitgeber in einem gerichtlichen Vergleich zur Erteilung eines Zeugnisses verpflichtet, das die Unterschrift eines bestimmten Vorgesetzten trägt, so wird die Erfüllung diese Leistung für den Arbeitgeber unmöglich, wenn der Arbeitnehmer aus dem Betrieb ausgeschieden ist. Eine Klage gegen den Arbeitnehmer hätte in aller Regel keine Aussicht auf Erfolg, weil den Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach §§ 242, 241 Abs. 2 BGB keine nachwirkende Verpflichtung trifft, ein Zeugnis zu unterschreiben.

4. Es bleibt unentschieden, ob der Arbeitgeber gehalten ist, bei einer weiblichen Person stets den Zusatz „Geschäftsführerin“ anstelle von „Geschäftsführer“ zu verwenden.

 

Normenkette

ZPO § 888; BGB § 241 Abs. 2, §§ 242, 275 Abs. 3, § 362 Abs. 1; ArbGG § 62 Abs. 2; ZPO § 891

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 02.11.2020; Aktenzeichen 19 Ca 2355/19)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt a.M. vom 2. November 2020 - 19 Ca 2355/19 - aufgehoben.

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Gläubigerin zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten im Zwangsvollstreckungsverfahren um die Festsetzung eines Zwangsgeldes zur Durchsetzung einer in einem gerichtlichen Vergleich niedergelegten Verpflichtung zur Erteilung eines Abschlusszeugnisses.

Zwischen den Parteien war vor dem Arbeitsgericht Frankfurt a.M. eine Bestandsschutzstreitigkeit anhängig. Die Parteien haben sich im schriftlichen Verfahren auf einen Vergleich verständigt, den das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 19. Februar 2020 gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt hat. Darin heißt es u.a.: „…

5. Die Beklagte erteilt der Klägerin unter dem Datum des 30. Juni 2019 ein wohlwollendes, qualifiziertes Endzeugnis mit einer sehr guten Leistungs- und Führungsbewertung. Die Klägerin ist berechtigt, einen Zeugnisentwurf vorzulegen, von dem die Beklagte nur aus wichtigem Grund abweichen darf. Das Zeugnis enthält die der Bewertung entsprechende, übliche Dankens-, Gute-Wünsche- und Bedauernsformel und ist von einem Mitglied der Geschäftsführung der Beklagten sowie Herrn A, Managing Director (Office Head Frankfurt am Main) zu unterzeichnen. ….“

In der Folge ist zwischen den Parteien Streit über die Frage des geschuldeten Zeugnisinhaltes entstanden.

Unter dem 30. Juni 2019 erteilte die Schuldnerin der Gläubigerin ein Abschlusszeugnis auf der Grundlage eines Textes, den die Gläubigerin eingereicht hat (Bl. 295 - 296 der Akte). Das Zeugnis wurde auch von Herrn A unterzeichnet. Wegen der Einzelheiten des erteilten Zeugnisses wird verwiesen auf die Anl. K12 (B. 316 - 318 der Akte).

Mit E-Mail vom 30. Juli 2020 verlangte die Gläubigerin von der Schuldnerin erneut ein Zeugnis mit einem bestimmten Inhalt.

Herr A hat zum 30. Juni 2020 das Unternehmen der Schuldnerin verlassen.

Mit Schreiben vom 25. August 2020 hat die Gläubigerin die Verhängung eines Zwangsgeldes beantragt. Die vollstreckbare Ausfertigung des Vergleiches ist der Gläubigerin zuvor im Parteibetrieb zugestellt worden.

Die Gläubigerin hat gemeint, dass das ihr übermittelte Zeugnis unvollständig sei und nicht dem von ihr an die Arbeitgeberin übermittelten Entwurf entspreche. Außerdem würde es grammatikalische Unrichtigkeiten enthalten. Zutreffend sei das als Anl. 2 mit der Antragsschrift übermittelte Zeugnis (Bl. 295 - 296). Zu Beginn des vierten Absatzes müsse es heißen: „Frau B berichtete an den C“. Nach dem betreffenden Absatz fehle folgender Absatz: „Der Fokus ihrer Tätigkeit lag auf der Unterstützung aller Sektorteams bei der Mandatsakquise. Dies erfolgte primär durch den Auf- und Ausbau von Partnerschaften mit führenden Investmentbanken und M&A-Boutiquen in Europa, der Kundenakquise über D sowie durch den Ausbau von Geschäftsbeziehungen zu internationalen Anwaltskanzleien und Wirtschaftsprüfern“. Nach der Textzeile „Zur Intensivierung…“ fehle der 2. Bullet Point: „Etablierung von Business Development Europe als erstem Ansprechpartner für D“. Auf Seite zwei fehle nach der ersten Bullet Point-Aufzählung der folgende Absatz: „Die Initiativen von Fra...

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