Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitskampf. Unterrichtung der Personalvertretung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Personalvertretung ist auch während eines Arbeitskampfs im Betrieb eines Luftfahrtunternehmens über Abweichungen von den in Umlaufplänen und Dienstplänen festgesetzten Ruhezeiten, höchstzulässigen Flugzeiten, Dead-Head-Zeiten, Standby-Zeiten, kurzfristige Versetzungen, Einstellungen und Beschäftigung von Mitarbeitern von Fremdfirmen rechtzeitig zu unterrichen.

 

Orientierungssatz

Keine arbeitskampfbedingten Einschränkungen der Informationsansprüche der Personalvertretung im Arbeitskampf bei einer Fluggesellschaft bezgl. Abweichungen von den in den Umlaufplänen sowie den Dienstplänen festgesetzten Ruhezeiten, höchstzulässigen Flugdienstzeiten, Dead-Head-Zeiten, Standby-Zeiten sowie kurzfristigen Versetzungen

 

Normenkette

TVPV §§ 70, 77, 88

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 29.07.2010; Aktenzeichen 13 BV 197/10)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 29. Juli 2010 – 13 BV 197/10 – teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

  1. Die Beteiligte zu 2) wird verpflichtet, der Beteiligten zu 1) für den Zeitraum von Arbeitskampfmaßnahmen im Flugbetrieb der Beteiligten zu 2) im Voraus (es sei denn, nichtplanmäßige Flüge müssen so kurzfristig angesetzt werden, dass eine vorherige Information nicht möglich ist, in diesem Fall erfolgt eine nachträgliche Unterrichtung) mitzuteilen, welche Abweichungen von den in den Umlaufplänen sowie den individuellen namensbezogenen Dienstplänen festgesetzten Ruhezeiten, höchstzulässigen Flugdienstzeiten, Dead-Head-Zeiten und Standby-Zeiten sowie welche kurzfristigen Versetzungen, Einstellungen und Beschäftigungen von Mitarbeitern von fremden Firmen beabsichtigt sind.
  2. Die Beteiligte zu 2) wird ferner verpflichtet, der Beteiligten zu 1) die abgeflogenen individuellen namensbezogenen Dienstpläne des fliegenden Personals für den Monat Februar 2010 vorzulegen.

Im Übrigen werden die Anträge der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen. Die darüber hinausgehende Beschwerde der Beteiligten zu 1) und die Anschlussbeschwerde der Beteiligten zu 2) werden zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird für keine der Beteiligten zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über Informationsansprüche der Gesamtvertretung für die Zeiten eines Arbeitskampfes.

Die Antragstellerin und Beteiligte zu 1) ist die aufgrund der Bereichsausnahme des § 117 Abs. 2 BetrVG auf Grundlage des Tarifvertrages Personalvertretung eingerichtete Gesamtvertretung des fliegenden Personals der A AG, der Beteiligten zu 2). Aufgrund der Bereichsausnahme des § 117 Abs. 2 BetrVG existiert bei der Beteiligten zu 2) der Tarifvertrag Personalvertretung (TVPV). Gemäß § 99 TVPV ist für strittige Fragen beim Vollzug dieses Tarifvertrages die höchstrichterliche Rechtsprechung zum BetrVG 1972 zu beachten, sofern und soweit die interpretierte Gesetzesregelung durch diesen Tarifvertrag voll inhaltlich übernommen worden ist. In § 70 (allgemeine Aufgaben) TVPV heißt es in Abs. 1:

„Die Personalvertretungen haben folgende allgemeine Aufgaben:

  1. Darüber zu wachen, dass die zu Gunsten der Angehörigen des Bordpersonals geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden.

    Absatz 2 lautet:

  2. Zur Durchführung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz sind die Personalvertretungen rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten. Ihnen sind auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zustellen …

In § 77 (Mitbestimmungsrechte) TVPV heißt es in Abs. 1:

„Die Personalvertretungen haben, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

[…]

2. Regelung von Arbeitszeitfragen entsprechend den Bestimmungen des Tarifvertrags Bordpersonal.”

In § 88 (Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen) TVPV heißt es schließlich in Abs. 1:

„Vor jeder Einstellung, Umgruppierung und Versetzung hat der Arbeitgeber die Gruppenvertreter zu unterrichten und deren Zustimmung zu der geplanten Maßnahme einzuholen.”

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des TVPV wird auf Bl. 10 ff. d. A. verwiesen.

Bei der Beteiligten zu 2) gilt weiterhin der Manteltarifvertrag Nr. 5 a für das Cockpitpersonal, gültig ab 1. Januar 2001. Dieser Tarifvertrag enthält unter § 4 (Arbeitszeit, Flugdienst-, Flug- und Ruhezeit), 8. Abschnitt (Mitwirkung der Personalvertretung) folgende Regelung:

„Bei der Feststellung der Umlaufpläne des Cockpitpersonals auf die einzelnen Flugstrecken im Sinne vorstehender Bestimmungen hat die Personalvertretung mitzubestimmen. […] Abweichungen von den festgesetzten Ruhezeiten, höchstzulässigen Flugdienst-Zeiten, Dead-Head-Zeiten und Standby-Zeiten sind mit Zustimmung der Personalvertretung möglich. Dieser Zustimmung bedarf es nur dann nicht, wenn nicht flugplanmäßige Flüge so kurzfristig angesetzt werden m...

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