Entscheidungsstichwort (Thema)

Beachtlichkeit des Einwands der Unmöglichkeit im Verfahren nach § 888 ZPO. Unmöglichkeit der Erfüllung eines titulierten Beschäftigungsanspruchs wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Einwand der Unmöglichkeit ist im Rahmen der Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO grundsätzlich zu überprüfen.

2. Geht es um die Vollstreckung eines titulierten Beschäftigungsanspruchs, ist der Einwand, dem Arbeitgeber sei die Beschäftigung unmöglich geworden, weil der Arbeitsplatz infolge einer nachfolgenden betriebsbedingten Kündigung weggefallen sei, nur eingeschränkt zulässig. Er kann nur dann Erfolg haben, wenn der Wegfall des Arbeitsplatzes unstreitig, offenkundig oder rechtskräftig festgestellt worden ist oder wenn ein Fall einer Betriebs- oder Betriebsteilschließung vorliegt, bei der der räumliche Bezugspunkt einer Beschäftigungsmöglichkeit weggefallen ist.

3. Im Übrigen muss der Arbeitgeber materiell-rechtliche Erwägungen in Bezug auf die neue Kündigung entweder im Berufungsverfahren oder mit der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) geltend machen.

 

Normenkette

ZPO §§ 888, 767; BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Darmstadt (Entscheidung vom 21.04.2016; Aktenzeichen 7 Ca 383/14)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 21. April 2016 - 7 Ca 383/14 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Parteien streiten im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens über die Verpflichtung der Schuldnerin zur Weiterbeschäftigung des Gläubigers.

In einem Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Darmstadt hat der Gläubiger gegenüber der Schuldnerin im Wesentlichen Zahlungsansprüche sowie einen Anspruch auf Beschäftigung geltend gemacht. Mit Teil-Urteil vom 17. Dezember 2015 - 7 Ca 383/14 - gab das Arbeitsgericht den Klageanträgen teilweise statt. Der Tenor des Urteils lautet auszugsweise wie folgt:

"...

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger als Manager Interior Design in der Abteilung Design zu beschäftigen. ..."

Nach den Feststellungen des Arbeitsgerichts wurde der Kläger jedenfalls bis zu der Betriebsratswahl in der Gruppe Exterior und Interior Design als Manager Interior Design beschäftigt. Mit Schreiben vom 2. Februar 2015 hatte die Schuldnerin dem Gläubiger als Manager in den Bereich Ligths Design versetzt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Urteils wird verwiesen auf Bl. 331 - 339 der Akte. Dieses Urteil ist der Beklagten am 11. Januar 2016 zugestellt worden. Die Schuldnerin hat hiergegen am 21. Januar 2016 Berufung eingelegt. Eine vollstreckbare Ausfertigung des Teilurteils wurde am 12. Januar 2016 erteilt.

Die Schuldnerin sprach am 16. Februar 2016 eine außerordentliche Änderungskündigung aus mit dem Angebot, den Kläger als Manager Ligths Design in der Abteilung Engineering Design zu beschäftigen. Mit Schreiben vom 19. Februar 2016 hat der Gläubiger das Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen.

Mit Schriftsatz vom 19. März 2016 stellte die Schuldnerin einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung. Mit Beschluss vom 6. Mai 2016 - 14 Sa 95/16 - hat das Hess. LAG den Antrag zurückgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 11. März 2016 hat der Gläubiger ferner beantragt, ein Zwangsgeld festzusetzen zur Durchsetzung der Weiterbeschäftigungsverpflichtung als Manager Interior Design.

Der Gläubiger hat gemeint, dass der Titel hinreichend bestimmt sei. Zwischen den Parteien seien nicht die Aufgaben eines Manager Interior Design streitig gewesen, sondern die Frage, ob der Gläubiger als ein solcher beschäftigt werde. Die Einwendung einer nachfolgenden Änderungskündigung könne nicht im Zwangsvollstreckungsverfahren geltend gemacht werden. Der titulierte Anspruch auf Beschäftigung ergebe sich im Übrigen auch aus § 37 Abs. 5 BetrVG.

Die Schuldnerin hat die Auffassung vertreten, dass der ausgeurteilte Weiterbeschäftigungsanspruch einer Zwangsvollstreckung nicht zugänglich sei, da er zu unbestimmt sei. Die Arbeitsleistung und die Arbeitsbedingungen, unter denen der Gläubiger zu beschäftigen sei, würden sich weder aus dem Tenor noch der Begründung des Urteils ergeben. Die Arbeitsbedingungen eines "Manager Interior Design" seien auch nicht allgemein bekannt. Diese hätten vielmehr zwischen den Parteien im Streit gestanden. Außerdem müsse Berücksichtigung finden, dass sie dem Gläubiger zwischenzeitlich eine fristlose Änderungskündigung ausgesprochen habe, die dieser unter Vorbehalt auch angenommen habe.

Mit Beschluss vom 21. April 2016 hat das Arbeitsgericht ein Zwangsgeld zur Durchsetzung des Weiterbeschäftigungstitels festgesetzt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen darauf abgestellt, dass der titulierte Ausspruch nicht zu unbestimmt sei, materielle Einwendungen wie ein nachfolgender Ausspruch einer Änderungskündigung seien im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht zu überprüfen.

Dieser Beschluss ist der Schuldnerin am 27. April 2016 zugestellt worden. Am 28. April 2016 hat die Schuldn...

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