Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsrecht. Kostenrecht. Verfahrensgebühr. Nichtzulassungsbeschwerde

 

Leitsatz (amtlich)

Die Verfahrensgebühr für Nichtzulassungsbeschwerden zum Bundesarbeitsgericht bestimmt sich nach Nr. 3506 VV RVG (1,6-fache Gebühr) und nicht nach Nr. 3500 VV RVG (0,5-fache Gebühr). Rechtsbeschwerde zugelassen.

 

Normenkette

VV RVG Nrn. 3506, 3500

 

Verfahrensgang

ArbG Kassel (Beschluss vom 14.02.2006; Aktenzeichen 7 Ca 254/04)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Kassel vom 14. Februar 2006 – 7 Ca 254/04 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Nachdem der Kläger durch Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 10. August 2005 (Az.: 2/8 Sa 1765/04) mit seiner Klage abgewiesen worden war, erhob er eine Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht (Az. 9 AZN 959/05), für die sich der Vertreter der Beklagten legitimierte und mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2005 beantragte, die Nichtzulassungsbeschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen. Danach wurde die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen. Durch Beschluss vom 29. November 2005 erklärte das Bundesarbeitsgericht den Kläger des eingelegten Rechtsmittels für verlustig und gab ihm die Kosten der Beschwerde bei einem Beschwerdewert von EUR 8.056,80 auf.

Unter dem 15. Dezember 2005, eingegangen am 16. Dezember 2005, beantragte die Beklagte insoweit Kostenfestsetzung gegen den Kläger nebst Verzinsung wie folgt:

9 AZN 959/05

Gegenstandswert:

EUR 8.056,80

1,6 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3506 VV, § 13 RVG

EUR 718,40

Entgelt für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen

gem. Nr. 7002 VV (pauschal)

EUR 20,00

Summe:

EUR 738,40

Durch Beschluss vom 14. Februar 2006 setzte der Rechtspfleger die Kosten antragsgemäß fest (Bl. 157 d.A.). Der Beschluss wurde dem Klägervertreter am 16. Februar 2006 zugestellt, der namens des Klägers dagegen, eingegangen am 01. März 2006, sofortige Beschwerde erhob mit der Rechtsansicht, die festgesetzte Verfahrensgebühr sei gem. Nr. 3507 VV RVG nur mit dem 1,1-fachen Satz festzusetzen, sodass der Beklagten insgesamt nur EUR 513,90 zustünden.

Der Rechtspfleger hat der sofortigen Beschwerde am 09. März 2006 nicht abgeholfen und sie dem Hessischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen des weiteren Vorbringens im Beschwerdeverfahren wird auf den Akteninhalt im Übrigen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde des Klägers ist gem. den §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 2 ZPO; § 11 Abs. 1 RPflG; § 78 ArbGG statthaft, der notwendige Beschwerdewert von mehr als EUR 200,00 ist erreicht. Auch im Übrigen ist die Beschwerde zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt.

Der Rechtspfleger hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen (§ 572 Abs. 1 ZPO).

Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Die Beklagte kann von dem Kläger die Erstattung der begehrten Kosten verlangen. Der Rechtspfleger hat die Kosten für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde zutreffend festgesetzt.

Zu Recht hat der Rechtspfleger zur Berechnung der der Beklagten gemäß der Vorbemerkung 3 Abs. 2 VV RVG zustehenden Verfahrensgebühr Nr. 3506 VV RVG herangezogen. Danach entsteht die Verfahrensgebühr in Höhe des 1,6-fachen Satzes der aus § 13 RVG ablesbaren Gebühr „für das Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision …”. Diese Vorschrift ist auch bei Nichtzulassungsbeschwerden zum Bundesarbeitsgericht anwendbar. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts Koblenz (Beschluss vom 06. Januar 2005 – 4 Ca 1266/03 –, zitiert nach Juris) und im wohl folgend Mock (AGS 2005, 292) findet Nr. 3500 VV RVG keine Anwendung, die als Auffangnorm mit einem Gebührensatz von 0,5 alle sonstigen Beschwerden und Erinnerungen betrifft, für die es in dem entsprechenden Abschnitt des Gebührenverzeichnisses keinen besonderen Gebührentatbestand gibt.

Das Arbeitsgericht Koblenz hat sich zu Unrecht von der Rechtslage nach der durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (BGBl. I vom 05. Mai 2004, S. 718 ff.) am 01. Juli 2004 abgelösten BRAGO leiten lassen. Unter deren Geltung war streitig, ob der Rechtsanwalt für Nichtzulassungsbeschwerden zum Bundesarbeitsgericht nur eine 13/20 Gebühr gem. den §§ 62, 61 Abs. 1 Nr. 1, § 31 Abs. 1 Nr. 1, § 11 Abs. 1 Satz 4 BRAGO erhält (so BAG vom 27. November 2003 – 8 AZB 52/03 –, AP Nr. 1 zu § 62 BRAGO) oder eine 13/10 Gebühr gem. den §§ 62, 61 a Abs. 1 Nr. 2 BRAGO (so Kammerbeschluss vom 25. Februar 2003 – 13 Ta 40/03 –, Wagner, FA 2003, 300) . Das Bundesarbeitsgericht, auf dessen Ansicht sich das Arbeitsgericht Koblenz beruft, hatte seine Auffassung mit dem Hinweis auf den Klammerzusatz in § 61 a Abs. 1 Nr. 2 BRAGO begründet, der für die Gebühren bei der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ausdrücklich § 544 ZPO zitierte. Dieser findet in der Tat vor dem Bundesarbeitsgericht keine Anwendung, sondern vielmehr § 72 a ArbGG. In dem jetzt gelte...

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