rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Todestag als Bewertungsstichtag bei Vererbung eines Wertpapierdepots

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Schlägt der Vorerbe die Erbschaft aus, erwirbt der dann Berufene (Nacherbe) den Nachlass direkt vom Erblasser.
  2. Wertpapierdepots sind bei der Bewertung des Nachlasses grundsätzlich mit dem Wert zum Todestag des Erblassers zu berücksichtigen, auch wenn der Erbe, zum Beispiel wegen der Anordnung einer Testamentsvollstreckung, zunächst nicht über das Depot verfügen kann.
 

Normenkette

ErbStG § Abs. 1 Nr. 1; ErbStG §§ 9-11; BGB §§ 1944-1945, 1953

 

Streitjahr(e)

2002

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der festzusetzenden Erbschaftssteuer, hilfsweise über die Rechtmäßigkeit der Ablehnung eines Antrages auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen.

Dem Rechtstreit liegt folgender Sachverhalt zu Grunde.

Der Kläger ist testamentarischer Miterbe zu 2/3 am Nachlassvermögen des am xx. März 2002 verstorbenen Erblassers J . Der Erblasser hatte zunächst seine Ehefrau N als Vorerbin und den Kläger und einen weiteren Miterben als Nacherben eingesetzt. Nachdem die Vorerbin durch Erklärung vom 26. April 2002 gegenüber dem Nachlassgericht die Vorerbschaft ausgeschlagen hatte, trat die Nacherbschaft unmittelbar ein. Zum Testamentsvollstrecker wurde durch Beschluss des Amtsgerichts … vom 4. Juni 2002 Herr R bestellt. Nachdem dieser am 17. Februar 2003 eine Erbschaftssteuererklärung abgegeben hatte, setzte der Beklagte mit Bescheid vom 21. März 2003 unter Berücksichtigung der erklärten Vermögenswerte sowie der Erbquote des Klägers von 2/3 Erbschaftssteuer in Höhe von xxx.xxx,-- EUR fest.

Zum Nachlass gehörte auch ein Wertpapierdepot des Erblassers bei der X Bank in … , das am Todestag einen Kurswert von x.xxx.xxx,-- EUR aufwies, das mit 2/3 ( = x.xxx.xxx,-- EUR) dem Kläger zugerechnet wurde.

Der Kläger erhob gegen den Steuerbescheid Einspruch und machte geltend, dass ihm der Steuerfreibetrag gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 9 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) zu gewähren sei und dass die Erbschaftssteuer auch deswegen herabzusetzen sei, da ihm wegen der langen Bearbeitungszeit der Behörden mit der Benennung des Testamentsvollstreckers und dem dadurch bedingten Kursverfall des Wertpapierdepots lediglich eine Gutschrift von xxx.xxx,xx EUR aus dem Wertpapierdepot zugeflossen sei, wovon ihm wegen der Erbquote nur 2/3 zuzurechnen seien.

Ermittlungen im gerichtlichen Verfahren haben inzwischen jedoch ergeben, dass dem Kläger tatsächlich x.xxx.xxx,xx EUR aus dem Wertpapierdepot zugeflossen sind und dieser Betrag seiner Beteiligung von 2/3 am Nachlass entspricht. (vgl. Schreiben des Bevollmächtigten vom 8. Januar 2007 und die entsprechende Depotwertberechnung der Y-Bank zum 14. Juni 2002).

Den Antrag des Klägers, die festgesetzte Steuer gem. § 163 Abgabenordnung (AO) im Erlasswege niedriger festzusetzen, lehnte der Beklagte ebenfalls ab.

In der Einspruchsentscheidung vom 26. April 2004 gewährte der Beklagte den Freibetrag für Pflege und Unterhalt gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG und setzte dementsprechend die Erbschaftssteuer auf xxx.xxx,-- EUR herab. Im Übrigen wies er den Einspruch als unbegründet zurück. Auch eine Abweichung vom Stichtagsprinzip aus Billigkeitsgründen wurde vom Beklagten in der Einspruchsentscheidung zurückgewiesen. Der Beklagte führte dazu in der Einspruchsentscheidung aus:

„Auch eine Abweichung vom Stichtagsprinzip im Billigkeitsverfahren entsprechend dem Vorschlag des Einspruchsführers im Schreiben vom 22. Juni 2003, die Hälfte des Kursverlustes bis zur Bestellung des Testamentsvollstreckers bei der Besteuerung in Abzug zu bringen, ist nach dem durch Schaffung des § 11 ErbStG dokumentierten Willen des Gesetzgebers nicht gerechtfertigt und ist zudem auch im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht vertretbar.”

Im Einzelnen wird auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung machte der Kläger nunmehr erstmals geltend, dass seiner Ansicht nach überhaupt kein Erwerb seinerseits nach dem Erblasser J vorliege. Aufgrund der Tatsache, dass die Vorerbin auf ihre Rechtsposition verzichtet habe, sei von einer freigebigen Zuwendung der Vorerbin an ihn und den anderen Miterben auszugehen. Der angegriffene Steuerbescheid sei daher ersatzlos aufzuheben. Hilfsweise hält der Kläger an seinem Begehren fest, die Steuerfestsetzung nicht mit dem Wert zur Zeit des Erbfalles, sondern allenfalls mit dem Wert des Zuflusszeitpunktes der Besteuerung zugrunde zu legen. Vom Zeitpunkt des Erbfalles bis zum Zufluss bei ihm habe sein Anteil am Wertpapierdepot einen Verlust von xxx.xxx,-- EUR erlitten, für den von ihm Erbschaftssteuer verlangt werde. Gerade für einen solchen Fall des Wertverlustes zwischen dem Zeitpunkt des Erbfalles und dem Zeitpunkt der Verfügbarkeit über den Nachlass müsse die Regelung des § 163 AO mit einer abweichenden Steuerfestsetzung eingreifen. Hinsichtlich der Billigke...

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