Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellungsklage. Hoheitliche Maßnahme. Landesregierung. Norm. Rechtsvorschrift. Regionalplan. Verbindlichkeit. Ziel. Landesplanung. Landesbehörde

 

Leitsatz (amtlich)

1. Richtet sich ein Normenkontrollantrag gegen einen hessischen Regionalplan, so ist nicht die Regionalversammlung, sondern das Land Hessen passiv legitimiert.

2. Nicht die Regionalversammlung erlässt den Regionalplan, sondern das Land Hessen, und zwar im Regelfall durch ein Zusammenwirken der Landesregierung, der obersten Landesplanungsbehörde und der oberen Landesplanungsbehörde mit der jeweiligen Regionalversammlung.

3. Der Regionalplan Südhessen 2000 ist keine Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO.

4. In Hessen werden Regionalpläne in gesetzlich geordneten, förmlichen Verfahren erstellt und durch Bekanntmachung im Staatsanzeiger „in Kraft gesetzt”. Hierdurch erhalten sie jedoch keinen förmlichen Normcharakter.

5. Eine Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO liegt auch dann vor, wenn es sich in der Sache um eine abstrakt generelle Regelung mit Anspruch auf Verbindlichkeit handelt (im Anschluss an BVerwG, Beschluss vom 20.07.1990 – 4 N 3.88 – NVwZ 1991 S. 262 f.). Für das Tatbestandsmerkmal der Verbindlichkeit ist es erforderlich, dass die fragliche hoheitliche Maßnahme aus sich selbst heraus rechtliche Wirkungen entfaltet.

6. Der Regionalplan Südhessen 2000 ist wie Flächennutzungspläne als hoheitliche Maßnahme eigener Art anzusehen, der keine Rechtsnormqualität zukommt.

7. Der Regionalplan Südhessen 2000 enthält keine abstrakt generellen Regelungen.

8. Als konkreten Regelungen für einen eingegrenzten Planungsraum fehlt es den raumordnerischen Zielsetzungen des Regionalplans Südhessen 2000 an der für die Bejahung der Rechtsnormqualität erforderlichen Abstraktheit.

9. Planaussagen, die zu allgemein sind, um Zielqualität zu besitzen, haben schon keinen Regelungscharakter und scheiden deshalb als Norm aus.

10. Soweit Grundsätze der Raumordnung ein solches Gewicht erlangen, dass sie im Wege der Abwägung nicht überwunden werden können, bedeutet dies nicht, dass diese Grundsätze der Raumordnung zu Rechtssätzen erstarkt wären. Vielmehr handelt es sich um Belange, deren sachliches Gewicht aus tatsächlichen Gründen so groß ist, dass jedes „Wegwägen” dieser Belange abwägungsfehlerhaft wäre.

11. Der Umstand, dass eine konkrete raumordnerische Zielsetzung Einfluss auf zahlreiche planerische Entscheidungen einer Mehrzahl von Planungsträgern nimmt, beruht maßgeblich auf der „Dinglichkeit” der Maßnahme und ist daher nicht geeignet, die materielle Rechtssatzqualität von raumordnerischen Zielfestsetzungen zu begründen.

12. Gemeinden, die einer raumordnungsrechtlichen Anpassungspflicht unterliegen, können als Mittel „gleichsam vorbeugenden Rechtsschutzes” Feststellungsklagen nach § 43 Abs. 1 VwGO erheben. Durch eine Zielaussage, die in einem Raumordnungsplan enthalten ist, wird zwischen dem Planungsträger und der Gemeinde als Adressatin insofern ein im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO feststellungsfähiges Rechtsverhältnis begründet, als eine Anpassungspflicht gemäß § 1 Abs. 4 BauGB besteht.

 

Normenkette

ROG §§ 3-5; VwGO § 43 Abs. 1, § 47 Abs. 1 Nr. 2; HLPG §§ 7-8, 17-18

 

Nachgehend

BVerwG (Urteil vom 20.11.2003; Aktenzeichen 4 CN 5.03)

 

Fundstellen

BauR 2003, 428

ESVGH 2003, 39

NuR 2003, 115

ZfBR 2003, 68

DVBl. 2003, 215

UPR 2003, 240

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