Leitsatz

  1. Hebeanlage als Gemeinschaftseigentum
  2. Rückstausichere Ausbildung einer Entwässerungsanlage (Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung)
  3. Zustellung eines Beschlussanfechtungsantrags auch ohne einbezahlten Kostenvorschuss
 

Normenkette

§§ 5 Abs. 2, 21 Abs. 4, 23 Abs. 4 Satz 2 WEG; § 8 Abs. 2 Kostenordnung

 

Kommentar

  1. Gem. § 21 Abs. 4 WEG hat jeder Miteigentümer Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung; hierzu gehört nach § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG auch die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums. Dazu gehören über die bloße Schadensbeseitigung hinaus auch vorsorgende Maßnahmen, die der Erhaltung des Gebäudes dienen (Engelhardt in MüKo, BGB, 4. Aufl., § 21 WEG Rn. 10). Über die gebotenen Maßnahmen hat primär die Gemeinschaft mehrheitlich zu entscheiden, wobei ihr ein gewisser Beurteilungsspielraum zusteht. Ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch besteht daher erst dann, wenn die Weigerung der Eigentümermehrheit tätig zu werden, aus der Sicht eines sachlich und wirtschaftlich denkenden Miteigentümers nicht mehr vertretbar erscheint. Anspruchsberechtigung besteht insbesondere auch auf die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu Anlagen und Einrichtungen des Gemeinschaftseigentums (hier: Herstellung einer rückstausicheren Entwässerung im Kellerbereich). Insoweit hat das Landgericht noch weitere Feststellungen zu treffen, weshalb die Sache zurückverwiesen werden muss.
  2. Im vorliegenden Fall ist die Hebeanlage zwingend Gemeinschaftseigentum im Sinne des § 5 Abs. 2 WEG, da sie einem originär gemeinschaftlichen Zweck insoweit dient, als auch der gemeinschaftliche Heizungsüberlauf über diese Anlage entwässert wird. Darüber hinaus verhindert sie eine Rückstaugefahr für das Gemeinschaftseigentum. Nach gebotener objektivierender Betrachtungsweise hatte die Hebeanlage schon im Zeitpunkt der Teilung diese Funktionen (Verhinderung einer Überschwemmung auch des gemeinschaftlichen Eigentums durch Rückstau aus dem öffentlichen Kanal), selbst wenn sich die abzusichernde Entwässerungsstelle im Sondereigentum befindet (vgl. auch OLG Köln v. 19.12.1997, 16 Wx 293/97, WuM 1998, 308). Der Annahme, dass die Hebeanlage und damit wohl auch der Pumpenschacht in das gemeinschaftliche Eigentum fallen, steht auch nicht entgegen, dass sie nur durch Räume eines Sondereigentums erreichbar sind. Ist ein Raum (hier also der Pumpenschacht seiner Bestimmung nach nicht für den ständigen Mitgebrauch aller Miteigentümer bestimmt, so dass ein permanenter Zugang nicht gewährleistet sein muss, kommt der Erreichbarkeit über Flächen des Gemeinschaftseigentums keine Bedeutung zu (vgl. auch BayObLG v. 27.4.1995, 2Z BR 125/94, NJW-RR 1995, 908, 909).
  3. Die Verteilung der Kosten einer solchen Hebeanlage richtet sich somit nach dem allgemeinen Verteilungsschlüssel, selbst wenn eine Kostenverteilung hiervon abweichend über Jahre anders gehandhabt worden sein sollte. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats und auch anderer Obergerichte (KG Berlin v. 20.3.2002, 24 W 10233/00, ZMR 2002, 464; BayObLG v. 20.3.2001, 2Z BR 101/00, NZM 2001, 754), dass allein eine langfristige Übung keinen eigenständigen Rechtsgrund für eine Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels darstellt. Vorliegend war auch nicht vom Zustandekommen einer konkludenten Vereinbarung im Sinne des § 10 Abs. 1 WEG auszugehen.

    Unstreitig diente die Anlage schon zum Zeitpunkt der Begründung von Wohnungseigentum dem gemeinschaftlichen Gebrauch, was sich nach Art der betreffenden Anlage oder Einrichtung und nach ihrer Funktion sowie Bedeutung für die Gemeinschaft beurteilt (vgl. bereits BGH v. 10.10.1980, V ZR 47/79, NJW 1981, 455).

  4. Die Zustellung eines Beschlussanfechtungsantrags darf nicht von der Einzahlung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht werden. Geschieht dies gleichwohl (entgegen h.R.M.; a.A. allerdings Merle in B/P/M, WEG, § 23 Rn. 194), steht die darauf beruhende Verzögerung einer Bewertung der Zustellung als "demnächst erfolgt" (im Sinne des § 167 ZPO) nicht entgegen. Dass die Vorschusszahlung nicht Voraussetzung der Zustellung eines Anfechtungsantrags sein kann, ergibt sich insbesondere daraus, im Wohnungseigentumsrecht ein schutzwürdiges Interesse an baldiger Klarheit über den Stand von Beschlüssen zu schaffen. In einem solchen Verfahren dominiert der mit der Anfechtungsschrift verfolgte Zweck, für alle Beteiligten eine möglichst schnelle Klärung der Frage einer Bestandskraft gefasster Eigentümerbeschlüsse herbeizuführen. Das Interesse der Staatskasse an der Sicherstellung des Einzugs der durch das Verfahren ausgelösten Gerichtskosten ist insoweit niedriger zu bemessen.
 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Beschluss vom 23.12.2004, 15 W 107/04OLG Hamm v. 23.12.2004, 15 W 107/04

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