Leitsatz

Fällt ein Wohnungseigentum in den Nachlass und ist der Fiskus zum gesetzlichen Alleinerben berufen, sind die nach dem Erbfall fällig werdenden oder durch Beschluss begründeten Hausgeldschulden in aller Regel Nachlassverbindlichkeiten. Eigenverbindlichkeiten sind sie nur, wenn eindeutige Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Fiskus die Wohnung für eigene Zwecke nutzen möchte.

 

Normenkette

WEG § 28 Abs. 5

 

Das Problem

  1. Das Amtsgericht (AG) stellt im Oktober 2017 fest, dass das Land K gesetzlicher Alleinerbe eines am 5.6.2006 verstorbenen Wohnungseigentümers X ist. Bis Januar 2007 zieht K die Mieten des Mieters M ein und zahlt an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer B im März 2007 das Hausgeld für Januar bis März 2007. Ende Januar 2007 endet der Mietvertrag mit M. Im Juni 2007 teilt K der B mit, Eigentümer des Wohnungseigentums geworden zu sein. Ferner teilt K mit, die Wohnung bis zur Veräußerung zu verwalten, bittet um Übersendung des Verwaltervertrags und, falls vorhanden, eines Lageplans der Wohnung.
  2. Im Januar 2008 wird auf Veranlassung eines Gläubigers des X die Zwangsverwaltung des Wohnungseigentums angeordnet, die dadurch endet, dass der Gläubiger den Antrag am 27.5.2010 zurücknimmt. Auf Antrag des K eröffnet das AG am 22.7.2009 das Insolvenzverfahren über den Nachlass des X. Der Insolvenzverwalter gibt das Wohnungseigentum am 28.8.2009 aus der Insolvenzmasse frei (das Insolvenzverfahren wird im Mai 2010 aufgehoben). Auf Antrag der B wird anschließend die Zwangsversteigerung des Wohnungseigentums angeordnet. Der Zuschlag erfolgt am 12.4.2011.
  3. B erwirkt gegen K insgesamt 3 Anerkenntnisurteile, in denen K jeweils "die beschränkte Erbenhaftung vorbehalten" wird, betreffend das Hausgeld für den Zeitraum September 2009 bis August 2010 und November 2010 bis zum Jahr 2011. Gegen die Zwangsvollstreckung, die B aus diesen Urteilen betreibt, wehrt sich der K mit der Vollstreckungsgegenklage.
  4. Das AG erklärt die Zwangsvollstreckung in das nicht zum Nachlass gehörende Vermögen des K für unzulässig. Auf die Berufung der B weist das Landgericht (LG) die Klage ab. Die Vollstreckungsgegenklage sei unbegründet, da die Haftung des K nicht auf den Nachlass beschränkt sei. Die von K erhobene Dürftigkeitseinrede sei ungeachtet der Frage, ob der Nachlass tatsächlich dürftig sei, nicht zu berücksichtigen, da es sich bei den titulierten Hausgeldverbindlichkeiten um Eigenverbindlichkeiten des K handele. Ein Fiskalerbe könne anders als ein natürlicher Erbe die Erbschaft nicht ausschlagen, so dass für die erforderliche Abgrenzung zu den Nachlassverbindlichkeiten nicht an den Erwerb oder Nichterwerb des Nachlasses angeknüpft werden könne. Entscheidend sei vielmehr, ob sich der Fiskus hinsichtlich der Wohnung passiv verhalte oder durch "eigenhändige" Verwaltung der Wohnung aktiv Nutzungen ziehe. Letzteres sei der Fall, weil K Mieteinnahmen eingezogen habe. Auch das Schreiben vom 5.6.2007, mit dem K die Verwaltung der Wohnung angezeigt habe, spreche für diese Auslegung.
  5. Mit der Revision möchte K die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen. Mit einem Teilerfolg!
 

Die Entscheidung

Mit der vom LG gegebenen Begründung könne die Vollstreckungsgegenklage nicht abgewiesen werden.

Inhaltliche Prüfung der Beschränkungsmöglichkeit

Zutreffend gehe das LG davon aus, dass der in den Anerkenntnisurteilen enthaltene Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung einer inhaltlichen Prüfung der Beschränkungsmöglichkeit nicht entgegenstehe. Begnüge sich das Gericht mit dem Ausspruch des Vorbehalts, stehe nicht fest, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Haftungsbeschränkung erfüllt seien. Der Vorbehalt, der hier im Übrigen gemäß § 780 Abs. 2 ZPO entbehrlich gewesen sei, erwachse nicht in Rechtskraft. Rechtsfehlerhaft sei aber die weitere Auffassung, die von K gemäß § 1990 BGB erhobene Dürftigkeitseinrede habe keine Beschränkung der Haftung auf den Nachlass zur Folge, weil es sich bei den titulierten Hausgeldforderungen um Eigenverbindlichkeiten des K handele.

Nichtfiskalerbe

Bereits geklärt habe der Senat die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Nichtfiskalerbe die Haftung für Hausgeldforderungen auf den Nachlass beschränken könne. Hierfür komme es darauf an, ob es sich um (reine) Nachlassverbindlichkeiten im Sinne des § 1967 Abs. 1 und 2 BGB handele und nicht (auch) um eine Eigenverbindlichkeit des Erben (§ 1975 BGB). Insoweit würden für die laufenden Kosten eines in den Nachlass fallenden Wohnungseigentums Besonderheiten gelten. Eigenverbindlichkeiten seien nur dann anzunehmen, wenn dem Erben das Halten des Wohnungseigentums als ein Handeln bei der Verwaltung des Nachlasses zugerechnet werden könne. Hiervon sei in der Regel spätestens dann auszugehen, wenn der Erbe die Erbschaft angenommen habe oder die Ausschlagungsfrist abgelaufen sei und ihm faktisch die Möglichkeit zustehe, das Sondereigentum zu nutzen oder zu gebrauchen. Auch wenn er das Sondereigentum leer stehen lasse, stelle dies eine Maßnahme der Verwaltung des...

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