Leitsatz (amtlich)

Ein sog. Notarzteinsatzfahrzeug, das einen Notarzt zum Patienten bringen soll, darf nicht als Fahrzeug „des Rettungsdienstes” im Sinne von § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVZO mit Blaulicht und Einsatzhorn ausgerüstet werden, wenn das Halterunternehmen über keine (nach Landesrecht zu erteilende) Genehmigung zur Notfallrettung verfügt und es dementsprechend nicht in das von der Rettungsdienstzentrale koordinierte „Rendezvous-System” von Notarzteinsatzfahrzeug und Rettungswagen einbezogen ist. Es besteht auch kein Anspruch auf Erteilung einer diesbezüglichen Ausnahmegenehmigung gemäß § 70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO, wenn das Fahrzeug nicht – ähnlich wie sonst Fahrzeuge des Rettungsdienstes – typischerweise in Situationen eingesetzt wird, in denen höchste Eile zur Lebensrettung oder zur Abwehr schwerer Gesundheitsgefährdungen geboten ist.

 

Verfahrensgang

VG Hamburg (Urteil vom 28.05.2003)

 

Tenor

Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 28. Mai 2003 zuzulassen, wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 4.000,– Euro festgesetzt.

 

Gründe

Der Antrag ist zulässig, aber nicht begründet. Die vorgebrachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

1. Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Berufungsentscheidung erhebliche tatsächliche oder rechtliche Frage aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Frage, die für die Berufungsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Der Zulassungsantrag muss daher erläutern, dass und inwiefern die Berufungsentscheidung zur Klärung einer bisher von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht beantworteten fallübergreifenden Frage führen kann (vgl. z.B. BVerwG, Beschl. v. 14.5.1997 – BVerwG 1 B 93.97 – juris; Beschl. v. 19.8.1997, BayVBl 1998 S. 507).

Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen in der Begründung des Zulassungsantrags (Schriftsatz v. 18.8.2003, S. 2 f.) nicht. Dort heißt es, die Auslegung des Begriffs des „Rettungsdienstes” in § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 4 StVZO sei, wie sich angesichts (im Einzelnen bezeichneter und wiedergegebener) obergerichtlicher Entscheidungen erweise, von denen das Verwaltungsgericht teilweise abgewichen sei, umstritten. Das Berufungsverfahren werde dem Senat Gelegenheit zur Klärung der Frage geben, ob zur Auslegung des Begriffs des „Rettungsdienstes” in § 52 Abs. 3 StVZO auf die jeweiligen landesrechtlichen Regelungen zum Rettungswesen zurückgegriffen werden dürfe, und ggf., ob dann „der öffentliche Rettungsdienst / der institutionell-organisatorische Rettungsdienst / der funktionale Rettungsdienst als maßgebliche Einheit herangezogen” werde.

a) Damit hat die Klägerin zwar eine (ihres Erachtens) klärungsbedürftige Rechtsfrage aufgeworfen; sie hat jedoch nicht dargelegt, inwiefern die Klärung dieser Rechtsfrage für die Entscheidung des vorliegenden Falles erheblich sein soll. Dies ist auch sonst nicht ersichtlich:

Soweit (nur) der öffentliche Rettungsdienst (vgl. §§ 6 ff. HmbRDG) mit dem „Rettungsdienst” in § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVZO – die Regelung in Nr. 4 ist nicht einschlägig, da das streitbefangene Fahrzeug nicht für den Transport von Patienten vorgesehen ist – gemeint sein sollte, würde die Klägerin als private Unternehmerin dazu nicht gehören.

Sollte dort dagegen an den „institutionell-organisatorischen Rettungsdienst” angeknüpft werden, könnte die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Unternehmerin mit Genehmigung für den qualifizierten Krankentransport (vgl. §§ 4, 3 Abs. 2, 14 HmbRDG) zwar darunter fallen; dies wäre aber im vorliegenden Fall unerheblich, weil das streitbefangene Fahrzeug kein Krankenkraftwagen (§ 2 Nr. 2 HmbRDG) ist und sich darauf dementsprechend auch keine Genehmigung für den qualifizierten Krankentransport bezieht (vgl. § 14 Satz 2 HmbRDG).

Sollte schließlich der Begriff des „Rettungsdienstes” in § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVZO im Sinne eines „funktionalen Rettungsdienstes” mit der Maßgabe auszulegen sein, dass entscheidend darauf abzustellen wäre, ob im funktionellen Sinne mit dem betreffenden Fahrzeug rettungsdienstliche Leistungen erbracht werden sollen, und dabei (vgl. § 38 Abs. 1 StVO) Situationen entstehen können, in denen „höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden” (zu diesem weitest gehenden Ansatz vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 8.7.1996 – 7 M 2488/96, S. 5; OVG Koblenz, Beschl. v. 10.5.1989 – 7 B 27/89, S. 2 f.), wäre das streitbefangene Fahrzeug gleichwohl nicht als „Fahrzeug des Rettungsdienstes” anzusehen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwal...

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