Leitsatz (amtlich):

Zur Verantwortlichkeit eines steuerlichen Beraters, der im Rahmen eines allgemeinen Beratungsauftrags ein Vorhaben "begleiten" soll, zu dem der Mandant das Gutachten eines Steuerspezialisten eingeholt hat.

Will der Mandant ein Betriebsgrundstück mit Räumlichkeiten bebauen, die später von einem Angehörigen privat genutzt werden sollen, und hierbei die Steuervergünstigung gemäß § 52 Abs. 15 Satz 11 EStG a.F. in Anspruch nehmen, muss der Steuerberater ihn über die Risiken aufklären, die sich daraus ergeben können, dass eine Entnahme aus dem Betriebsvermögen schon vor Abschluss der Bauarbeiten angenommen werden kann.

 

Zum Sachverhalt

Die Klägerin betrieb auf ihr gehörenden Grundstücken ein Café. Die Beklagten, die als Steuerberater in gemeinsamer Praxis tätig sind, berieten die Klägerin laufend in ihren steuerlichen Angelegenheiten.

Ende der achtziger Jahre beabsichtigte die Klägerin, das vorhandene Gebäude auszubauen und noch zu errichtende Räumlichkeiten ihrer Tochter zu Wohnzwecken zu überlassen. Die Klägerin wollte die Entstehung eines steuerlichen Entnahmegewinns vermeiden und holte deshalb ein Gutachten der Steuerberatungsgesellschaft P.W. GmbH (PW) ein. Diese nahm mit Schreiben vom 17.2.1989 zu den steuerlichen Auswirkungen des Vorhabens Stellung und schlug vor, es solle eine KG - mit der Klägerin als Komplementärin und der Tochter als Kommanditistin - gegründet werden; die Klägerin solle den Gewerbebetrieb in die KG einbringen, das - bei der Klägerin verbleibende - Grundeigentum entsprechend der künftigen Nutzung aufteilen und den auf die Tochter entfallenden Anteil (Wohnungseigentum) dann auf diese schenkweise übertragen. Zudem empfahl PW eine verbindliche Auskunft der Finanzverwaltung. Auf einen entsprechenden Antrag der PW vom 22.3.1989 bestätigte das Finanzamt unter dem 2.6.1989, dass das Vorhaben ertrag-steuerneutral sei. Das Finanzamt wies darauf hin, dass seine Auskunft nur bindend sei, wenn man sich an die darin zugrunde gelegte Vorgehensweise halte. Die PW griff diesen Hinweis in einem Schreiben an die Klägerin vom 5.6.1989, dem die Auskunft des Finanzamts beigefügt war, auf und bat um Beachtung, "dass die einzelnen Schritte wie dem Finanzamt geschildert verwirklicht werden".

Über die Einschaltung der PW wurden die Beklagten von der Klägerin unterrichtet. Diese überließ ihnen die schriftliche Stellungnahme der PW vom 17.2.1989. Mit Schreiben vom 8.3.1989 äußerten sich die Beklagten hierzu. Am 4.7.1989 nahm der Beklagte zu 2 an einer abschließenden Besprechung der Klägerin mit PW über die Auskunft des Finanzamts und das weitere Vorgehen teil. Ende 1989 gründete die Klägerin die KG und ließ die Teilungserklärung beurkunden. Im Januar 1990 begann sie mit dem Bau der Räumlichkeiten. Am 20.2.1990 erörterten die Klägerin und der Beklagte zu 1 den Stand der Angelegenheit. Das Ergebnis des Gesprächs wurde von den Beklagten mit Schreiben vom 22.2.1990 bestätigt. Darin erinnerten die Beklagten an den nunmehr - falls nicht bereits geschehen - als nächstes vorzunehmenden Schritt der Schenkung des Wohnungseigentums an die Tochter. Am 21.3.1990 übertrug die Klägerin das Wohnungseigentum.

Später erkannte das Finanzamt die Übertragung des Wohnungseigentums auf die Tochter nicht als ertragsteuerneutral an, weil schon zuvor mit dem Bau begonnen worden sei. Darin sei bereits die Entnahme zu sehen. Im Zeitpunkt der Übertragung habe der gemäß § 52 Abs. 15 Satz 10 EStG a.F. erforderliche betriebliche Zusammenhang gefehlt. Die Klägerin beziffert den durch den steuerlichen Anfall des Entnahmegewinns entstandenen Schaden auf 179 149 DM. Sie nimmt die Beklagten in Höhe dieses Betrages auf Schadensersatz wegen fehlerhafter steuerlicher Beratung in Anspruch.

Das LG hat der Klage dem Grunde nach stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision.

 

Aus den Entscheidungsgründen

Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache.

I.

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Für die Zeit vor dem 20.2.1990 könne den Beklagten die mangelnde Beratung über die nach dem Gutachten der PW und der Auskunft des Finanzamts zu unternehmenden Schritte nicht vorgeworfen werden. Die Klägerin habe diesen Komplex aus dem mit den Beklagten bestehenden Beratungsverhältnis herausgenommen und insofern die PW als Spezialberaterin eingeschaltet. Unter diesen Umständen hätten die Beklagten die Klägerin allenfalls dann beraten müssen, wenn nach den Stellungnahmen der PW und des Finanzamts erkennbar noch Beratungsbedarf bestanden hätte. Dies sei bis zum 20.2.1990 nicht der Fall gewesen, weil die Beklagten so lange keine Anhaltspunkte dafür gehabt hätten, dass die Klägerin die Ausführungen der PW und die Auskunft des Finanzamts missverstanden habe.

Dies habe sich zwar am 20.2.1990 geändert. An diesem Tage hätten die Beklagten erfahren, dass die Klägerin mit dem Bau der für ihre Tochter vorgesehenen Wohnung begonnen h...

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