Leitsatz

Gerade im Unterhaltsrecht sind Umfang und Reichweite der den Rechtsanwalt treffenden Pflichten ggü. dem Mandanten problematisch. Der Unterhaltsanspruch setzt sich u.U. aus mehreren Bestandteilen zusammen. Neben dem Elementarunterhaltsanspruch kommen auch Ansprüche wegen Mehrbedarfs bzw. wegen Alters- oder Krankenvorsorge in Betracht.

Zentrales Problem der Entscheidung des OLG Düsseldorf war die Frage, ob der Anwalt im Rahmen eines Unterhaltsmandates über sämtliche Bestandteile des in Betracht kommenden Unterhaltsanspruchs beraten muss.

 

Sachverhalt

Die Klägerin hatte den Beklagten als ihren ehemaligen Prozessbevollmächtigten auf Zahlung von Schadensersatz von ca. 75.000,00 EUR in Anspruch genommen. Das LG hatte den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Sein hiergegen gerichtetes Rechtsmittel blieb erfolglos.

 

Entscheidung

Das OLG bejahte eine Verpflichtung des Rechtsanwalts kraft des Anwaltsvertrages, neben der Zahlung von Elementarunterhalt auch die Zahlung von Altersvorsorgeunterhalt in seine Beratung einzubeziehen. Der konkrete Umfang der anwaltlichen Pflichten richte sich nach dem erteilten Mandat und den Umständen des einzelnen Falles. Der nach § 1361 Abs. 1 S. 2 BGB bzw. für den Nachscheidungsunterhalt nach § 1578 Abs. 3 BGB geschuldete Altersvorsorgeunterhalt diene als Teil des einheitlichen, den gesamten Lebensbedarf des Berechtigten umfassenden Unterhaltsanspruchs dem Ausgleich von Nachteilen, die dem unterhaltsberechtigten Ehegatten aus der Hinderung seiner Erwerbstätigkeit erwachsen. Werde voraussichtlich Vorsorgeunterhalt geschuldet, müsse der Anwalt den Mandanten hierauf auch hinweisen.

Im vorliegenden Fall rechtfertige dies einen Schadensersatzanspruch der unterhaltsberechtigten Mandantin gegen ihren früheren Verfahrensbevollmächtigten, der darüber hinaus einer ausdrücklichen Weisung seiner Mandantin, auch für den Zeitraum zwischen Trennung und Scheidung Altersvorsorgeunterhalt geltend zu machen, nicht nachgekommen war, ohne dass hierfür nachvollziehbare Gründe erkennbar seien.

 

Hinweis

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf hat erhebliche Bedeutung für die anwaltliche Beratungspraxis im Unterhaltsrecht. Der Rechtsanwalt ist grundsätzlich zur allgemeinen, umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung des Auftraggebers verpflichtet. In den Grenzen seines Mandats hat er ihm den sichersten und gefahrlosesten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären.

Bei der Beratung in Unterhaltsangelegenheit muss der Rechtsanwalt sämtliche Aspekte des Unterhaltsanspruchs einbeziehen und beachten, dass für die Zeit ab Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens ein Anspruch auf Elementarunterhalt regelmäßig auch einen Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt nach sich zieht. Verstöße gegen diese Beratungspflicht können zur Schadensersatzpflicht des Anwalts führen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.06.2009, I-24 U 133/08

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