Da Rechtsgeschäfte – insbesondere Verträge – im Rahmen der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums mit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als rechtsfähigem Subjekt geschlossen werden und nicht mit den einzelnen Wohnungseigentümern in ihrer Gesamtheit, steht für Gläubiger der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zunächst auch nur ein Schuldner zur Verfügung, nämlich die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Da es zur Stärkung der Kreditfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer weiterer Zugriffsmöglichkeiten der Gläubiger neben der Gemeinschaft bedarf, hat sich der Gesetzgeber mit § 10 Abs. 8 WEG a. F. und nunmehr mit § 9a Abs. 4 WEG für eine beschränkte Teilhaftung der Wohnungseigentümer entschieden. Eine unbeschränkte gesamtschuldnerische Haftung einzelner Wohnungseigentümer erschien ihm nicht zumutbar. Gläubiger einer Wohnungseigentümergemeinschaft können demnach ihre Ansprüche gegen diese in voller Höhe geltend machen und gleichzeitig auch gegen einzelne Wohnungseigentümer in Höhe eines Teilbetrags, der ihrem Miteigentumsanteil entspricht.

 
Praxis-Beispiel

Unbezahlte Dachdeckerrechnung

Der Verwalter einer aus 10 Mitgliedern bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragt aufgrund entsprechenden Beschlusses einen Dachdecker D mit der Neueindeckung des Dachs der Wohnanlage. Die Finanzlage der Gemeinschaft ist angespannt, da 2 Wohnungseigentümer seit Längerem kein Hausgeld bezahlen und über das Vermögen eines weiteren Wohnungseigentümers das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der solvente Zahnarzt Z, ebenfalls Mitglied der Gemeinschaft mit einem 250/1.000 Miteigentumsanteil, hat seine Hausgeldzahlungen im letzten Monat eingestellt, da er nicht mehr bereit ist, mehr oder weniger allein für die Kosten der Gemeinschaft aufkommen zu müssen. Nachdem D seine Arbeit abgeschlossen hat, überreicht er dem Verwalter seine Rechnung in Höhe von 10.000 EUR. Auf mehrere Mahnungen erfolgt keine Zahlung.

D muss seinen Anspruch gerichtlich durchsetzen. Egal, ob er das gerichtliche Mahnverfahren wählt oder gleich entsprechende Klage erhebt, zunächst wird er sich überlegen müssen, wie er zu seinem Geld kommt und gegen wen er seinen Anspruch richtet. Er kann wegen seiner Forderung gegen die Gemeinschaft diese und den solventen Z gerichtlich in Anspruch nehmen. Den Klageanspruch gegen die Gemeinschaft könnte D in voller Höhe von 10.000 EUR geltend machen, den gegen Z in Höhe von 2.500 EUR. Da dieser über 250/1.000 Miteigentumsanteile verfügt und dies einem Viertel aller Miteigentümeranteile entspricht, haftet Z dem D in Höhe von 25 % direkt und unmittelbar.

Die Inanspruchnahme des einzelnen Wohnungseigentümers ist also nicht derart subsidiär, dass zunächst (erfolglos) ein Verfahren gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geführt werden müsste. Eine "Einrede der Vorausklage" sieht das Gesetz ausdrücklich nicht vor. Die Gläubiger können vielmehr die einzelnen Wohnungseigentümer gleichzeitig und neben der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in Anspruch nehmen. Möglich ist es auch, ausschließlich einzelne Eigentümer in Anspruch zu nehmen, ohne gegen die Gemeinschaft vorzugehen.

 
Wichtig

Kommunalrechtliche Bestimmungen

Die Bestimmungen des § 9a Abs. 2 und § 9a Abs. 4 WEG stehen einer durch Landesgesetz bzw. kommunalrechtlich angeordneten gesamtschuldnerischen persönlichen Haftung der Wohnungseigentümer in ihrer Eigenschaft als Miteigentümer des Grundstücks für die Entgelte für Abfallentsorgung und Straßenreinigung nicht entgegen.[1] Im kommunalen Abgabenrecht kann jedenfalls die gesamtschuldnerische Haftung des einzelnen Wohnungseigentümers für Grundbesitzabgaben bestimmt werden.[2] Allerdings handelt die Behörde regelmäßig ermessensfehlerhaft, wenn sie einzelne Wohnungseigentümer als Gesamtschuldner in Anspruch nimmt.[3]

Die unmittelbare persönliche Haftung der einzelnen Wohnungseigentümer richtet sich stets nach deren Miteigentumsanteil. Auch wenn die Wohnungseigentümer im Hinblick auf die Kostenverteilung einen abweichenden Kostenverteilungsschlüssel vereinbart haben, ist dieser als Haftungsmaßstab nach § 9a Abs. 4 Satz 1 WEG nicht maßgeblich und nicht übertragbar.

Im Ergebnis besteht also eine gesamtschuldnerische Haftung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und dem auf seinen Miteigentumsanteil in Anspruch genommenen Wohnungseigentümer. Soweit der in Anspruch genommene Wohnungseigentümer im Innenverhältnis zur Gemeinschaft seine Beiträge zu den auf Grundlage des Wirtschaftsplans durch Beschluss nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG festgesetzten Hausgeldvorschüsse und/oder einer beschlossenen Sonderumlage geleistet hat, hat er in Höhe des Betrags der persönlichen Inanspruchnahme durch den Gläubiger der Gemeinschaft gegen diese einen entsprechenden Ausgleichsanspruch.

Darüber hinaus haften die Wohnungseigentümer für alle Arten von Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer unabhängig davon, ob diese vertraglicher oder gesetzlicher Natur sind.

 
Hinweis

Haftung nur gegenüber außenstehenden Dritten

Der Anspruch aus § 9a...

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