Leitsatz

  • Haftung der Gemeinschaft aus Verschulden vorrangig gegenüber einem (etwaigen) Aufopferungsanspruch

    Ausdrücklicher Verzicht auf entscheidungserheblichen Tatsachenvortrag hat das Gericht zu respektieren

 

Normenkette

§ 14 Nr. 4 WEG, § 21 WEG, § 12 FGG, § 278 BGB

 

Kommentar

1. Erleidet ein Eigentümer infolge mangelhafter Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums einen Schaden (hier: Terrassensanierung führte zu Folgeschäden im Sondereigentum), kann ein Schadenersatzanspruch gegen die übrigen Wohnungseigentümer dann in Betracht kommen, wenn diese schuldhaft an der Behebung des Schadens nicht mitgewirkt haben (h. R. M). Dabei haben allerdings die restlichen Eigentümer dem geschädigten Wohnungseigentümer gegenüber nicht für ein Verschulden des Verwalters nach § 278 BGB einzustehen, es sei denn, sie haben - wovon hier auszugehen war - die Haftung übernommen. Andererseits kann sich aber die Haftung der Eigentümer aus der gemäß § 278 BGB bestehenden Haftung für das von den Wohnungseigentümern beauftragte Sanierungsunternehmen ergeben (BayObLGZ 92, 146).

Der Verwalter ist zwar verpflichtet, die für die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Maßnahmen zu treffen ( § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG). In erster Linie ist es aber Sache der Eigentümer selbst, hierfür zu sorgen ( § 21 Abs. 1 und Abs. 5 Nr. 2 WEG), sodass sich die Verpflichtung des Verwalters grundsätzlich darauf beschränkt, Mängel am Gemeinschaftseigentum festzustellen, die Wohnungseigentümer darüber zu informieren und deren Entscheidung über weiteres Vorgehen herbeizuführen. Verletzt der Verwalter diese Verpflichtungen schuldhaft, haftet er für einen dadurch dem Wohnungseigentümer entstandenen Schaden aus positiver Vertragsverletzung des Verwaltervertrages (BayObLG, NJW-RR 88, 599; WE 91, 22).

Wohnungseigentümer haben für diesen Schaden einzustehen, wenn sie (wie hier) die Haftung übernommen haben. Im vorliegenden Fall fehlt jedoch ein Verschulden der Eigentümer und des Verwalters. Auch provisorische Abdichtungsmaßnahmen wurden nicht schuldhaft unterlassen (wie vom Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt). Weitere Amtsermittlungspflicht des Landgerichts bestand im konkreten Fall nicht (vgl. hierzu nachfolgende Ziff. 2.).

Auch ein verschuldensunabhängiger Anspruch gegen die restlichen Eigentümer lag nicht vor. Nach § 14 Nr. 4 WEG ist zwar einem Eigentümer der Schaden zu ersetzen, der beim Betreten und Benutzen seines Sondereigentums zum Zwecke der Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums entstanden ist; dieser Anspruch besteht unabhängig von etwaigem Schadensverschulden. Der dem § 904 BGB nachgebildete und auf dem Aufopferungsgedanken beruhende § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG betrifft aber nur Aufwendungen für den Ersatz von Schäden, die beim Betreten und bei der Benutzung von Sondereigentum zum Zwecke der Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums entstanden sind (OLG Düsseldorf, WM 95, 218/220).

Ob in Ausnahmefällen ein darüber hinausgehender Aufopferungsanspruch besteht (vgl. OLG Celle, MDR 85, 236; Weitnauer/Lüke, § 13 Rn. 6), kann im vorliegenden Verfahren offen bleiben. Hier geht es nicht um Einwirkungen auf ein Wohnungseigentumsrecht, die ein Wohnungseigentümer hinzunehmen hat, weil ihm aus besonderen Gründen versagt ist, gemäß § 1004 BGB dagegen vorzugehen. Im vorliegenden Fall ist vielmehr eine Haftung aus Verschulden - sei es durch den beauftragten Sonderfachmann oder die Sanierungsfirma - nicht ausgeschlossen, auch wenn diese Frage vorliegend aus prozessualen Gründen (vgl. nächste Ziff. 2.) nicht berücksichtigt werden kann. Ein Rückgriff auf einen etwaigen und jedenfalls gegenüber einer Verschuldenshaftung subsidiären Aufopferungsanspruch kommt deshalb nicht in Betracht.

Auch unter Billigkeitsgesichtspunkten war die Gemeinschaft nicht verpflichtet, hier einen durch einen Mangel am Gemeinschaftseigentum entstandenen Schaden am Sondereigentum zu ersetzen, wenn ihr kein Schuldvorwurf gemacht werden kann. Mangels einer anderweitigen gesetzlichen Regelung oder vertraglichen Vereinbarung haben Wohnungseigentümer auch sonst gewisse Unzuträglichkeiten hinzunehmen.

2. Verzichtet ein Beteiligter im Wohnungseigentumsverfahren (hier: der Antragsteller) ausdrücklich darauf, einen entscheidungserheblichen Sachverhalt vorzutragen, ist dies von den Tatsacheninstanzen hinzunehmen; die Amtsermittlungspflicht greift in diesem Fall nicht ein. Der Antragsteller wollte hier die Verschuldensfrage eines Sonderfachmanns oder der Sanierungsfirma ausdrücklich nicht geklärt sehen, was Tatsacheninstanzen hinzunehmen haben. Auch dies ergibt sich aus der Mitwirkungspflicht der Beteiligten im echten Streitverfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit.

3. Auch außergerichtliche Kostenerstattung für den unterlegenen Antragsteller im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswertansatz für diese Instanz von DM 11.000.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 16.11.1995, 2Z BR 111/95)

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