Leitsatz

Die Parteien stritten sich um den Kindesunterhalt nach Wiederverheiratung des unterhaltsverpflichteten Vaters und der Geburt eines weiteren Kindes aus der neuen Ehe.

 

Sachverhalt

Der Beklagte wurde durch Urteil des FamG vom 23.12.2004 zur Zahlung von Kindesunterhalt an die Klägerinnen, seine beiden minderjährigen Töchter aus erster Ehe, in Höhe von 121 % des Regelbetrages verurteilt. Hiergegen wandte er sich mit seiner Berufung, mit der er im Wesentlichen geltend macht, wegen der Geburt seines dritten Kindes im März 2005 seit April 2005 als Hausmann tätig und zur Zahlung des Kindesunterhalts nicht mehr leistungsfähig zu sein.

Das OLG hielt das Rechtsmittel für die Zeit ab Mai 2005 für teilweise begründet.

 

Entscheidung

Das OLG reduzierte die Unterhaltsverpflichtung des Beklagten in dem aus dem Tenor des Urteils ersichtlichen Umfang.

Es hielt die Berufung des Beklagten insoweit für unbegründet, als er eine Abänderung des Urteils bereits für April 2005 begehrte. Mit Rücksicht auf die Geburt des dritten Kindes im März 2005 habe keine Notwendigkeit bestanden, die Erwerbstätigkeit bereits im April 2005 aufzugeben. Der Mutterschaftsurlaub der zweiten Ehefrau des Beklagten endete nach seinen eigenen Angaben Ende April 2005. Mithin stand sie zur Betreuung des Säuglings im Monat April noch zur Verfügung. Dass der Beklagte den Wunsch gehabt habe, sich zusammen mit seiner Ehefrau in die Kinderbetreuung einarbeiten zu wollen, müssen sich seine Kinder aus erster Ehe, denen gegenüber er nach § 1603 Abs. 2 BGB gesteigert unterhaltspflichtig ist, nicht entgegenhalten lassen.

Im Hinblick auf die geänderten Verhältnisse ab Mai 2005 verringert sich nach Auffassung des OLG der Unterhaltsanspruch der Klägerinnen. Ihren vollen Bedarf kann der Beklagte nicht mehr leisten. Dabei geht das OLG bei seiner Unterhaltsberechnung von folgenden Erwägungen aus:

Der Beklagte ist auch nach Wechsel in die Rolle des "Hausmannes" seinen beiden minderjährigen Kindern aus erster Ehe nach § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB barunterhaltspflichtig. Soweit er die Kinderbetreuung für sein drittes Kind leistet, erfüllt er die Unterhaltsverpflichtung nur diesem gegenüber, nicht aber gegenüber seinen minderjährigen Kindern aus erster Ehe (BGH v. 13.3.1996 - XII ZR 2/95, MDR 1996, 712 = FamRZ 1996, 796).

Der barunterhaltspflichtige Ehegatte darf sich grundsätzlich nicht auf die Sorge für die Angehörigen der neuen Familie beschränken. Deshalb kann ein Erwerbstätiger nur unter engen Voraussetzungen seine Erwerbstätigkeit aufgeben und die Rolle des Hausmannes/der Hausfrau übernehmen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Übernahme der Haushaltsführung durch den Unterhaltspflichtigen und die Erwerbstätigkeit durch den neuen Ehegatten zu einer wesentlich günstigeren Einkommenssituation der neuen Familie führen muss (BGH a.a.O.).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Aus den Gehaltsbescheinigungen der Ehepartner ergibt sich, dass die Ehefrau des Beklagten ein um ca. 1.650,00 EUR höheres monatliches Einkommen erzielt als der Beklagte.

Auch ein zu billigender Rollentausch führt allerdings nicht dazu, dass der Beklagte nicht mehr zur Zahlung von Unterhalt für seine minderjährigen Kinder aus erster Ehe in der Lage ist. Er kann teilweise den Unterhalt aus dem Unterhalt leisten, den seine Ehefrau nach §§ 1360, 1360a BGB schuldet. Es entspricht der Rechtsprechung des BGH, dass der haushaltsführende Ehegatte grundsätzlich verpflichtet ist, den Barunterhalt des minderjährigen Kindes aus erster Ehe zu tragen oder sich zumindest daran zu beteiligen (Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., Rz. 175, m.w.N.).

Zusätzlich hat der Beklagte in zumutbarem Umfang eine Nebentätigkeit aufzunehmen, die voll anzurechnen ist, weil sein Eigenbedarf bereits durch den Unterhalt seiner Ehefrau gesichert ist.

Das OLG hat hier die Auffassung vertreten, dass der Beklagte zumutbar auch neben der Betreuung des Säuglings monatlich einen Nebenverdienst von netto 100,00 EUR erzielen könnte. Die berufsbedingten Aufwendungen sind hierbei schon berücksichtigt. Berücksichtigt ist ferner, dass die Ehefrau des Beklagten werktags zur Mitbetreuung des Kindes nicht zur Verfügung steht, weil sie unstreitig während der Woche bis zu 50 Stunden berufstätig ist.

Die Ausübung einer Nebentätigkeit kommt für den Beklagten daher nur an den Wochenenden in Betracht.

Nach Berechnung des OLG stand dem Beklagten und seiner Ehefrau bis Juni 2005 insgesamt ein bereinigtes Einkommen von 2.039,00 EUR und ab Juli 2005 ein solches von 2.032,00 EUR zur Verfügung (bereinigtes Einkommen der Ehefrau und des Beklagten zuzüglich seiner fiktiven Einkünfte).

Nach der Rechtsprechung des BGH ist hiervon jedem Ehegatten die Hälfte zuzuweisen, sofern nach der Teilung des Familieneinkommens für den zweiten Ehegatten mindestens der angemessene Selbstbehalt von 1.000,00 EUR verbleibt. Danach stehen dem Beklagten unter Berücksichtigung des angemessenen Selbstbehalts seiner Ehefrau 1.039,00 EUR bzw. 932,00 EUR zur Verfü...

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