2.1 Rechte des Eigentümers gegenüber dem Ersteher

Ersteher haftet voll

Ein häufiger Fall: Der Ersteher eines Grundstücks hat mit dem Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren auch eine bestehen gebliebene Grundschuld übernommen, die vom früheren Grundstückseigentümer einem Kreditinstitut bestellt worden war. Entsprechend brauchte er nur ein geringeres Bargebot zu entrichten. Ein Teil des nach den Versteigerungsbedingungen zu erbringenden Kaufpreises ist durch den nominalen Grundschuldbetrag ersetzt worden. Als die Bank später aus der Grundschuld in Höhe der vollen Grundschuldsumme gegen den Ersteher vollstrecken will, ist dieser empört und erhebt Vollstreckungsgegenklage mit der Begründung, es sei weder der Sicherungsfall eingetreten noch valutiere die Grundschuld in voller Höhe.

Risiko bei Grundschuldübernahme

Nach früherer Rechtslage kann er damit kein Gehör finden: Denn nach der Rechtsprechung des BGH[1] kann der Ersteher dem Grundschuldgläubiger grundsätzlich keine Einreden entgegensetzen, die sich aus dem zwischen dem früheren Eigentümer (Sicherungsgeber) und dem Gläubiger (Sicherungsnehmer) abgeschlossenen Sicherungsvertrag ergeben. Für das Verhältnis zwischen Ersteher und Bank ist allein die dingliche Schuld maßgebend, die sich aus der (abstrakten) Grundschuld ergibt. Folglich kann sich der Ersteher auch nicht auf den Nichteintritt des Sicherungsfalls berufen. Und ebenso ist die Bank berechtigt, Befriedigung in Höhe der vollen Grundschuldsumme zu verlangen.

Neues Recht

Dies hat sich nun durch Einfügung des § 1192 Abs. 1a BGB[2] geändert: Der Eigentümer kann jedem Erwerber[3] einer Sicherungsgrundschuld diejenigen Einreden entgegenhalten, die auf dem Sicherungsvertrag beruhen. Die Neuregelung gilt für jeden nach dem 19.8.2008 erfolgten Erwerb der Grundschuld.[4]

"Zuletzt-zu-zahlender-Teilbetrag"-Klausel

Ist der Schuldner vollstreckbar verpflichtet, die Zwangsvollstreckung in sein Grundstück wegen eines "zuletzt zu zahlenden Teilbetrags einer Grundschuld" zu dulden, ist zur Befriedigung des Gläubigers i. S. v. § 775 Nr. 5 ZPO nur die Zahlung dieses Teilbetrags nebst Kosten, nicht aber die vollständige Ablösung der Grundschuld, erforderlich.[5]

[2] Aufgrund des Gesetzes zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz) v. 12.8.2008, BGBl I S. 1666; hierzu Schmidt/Voss, DNotZ 2010, S. 740; Nietzsch, NJW 2009, S. 3606.
[3] Sei es durch Rechtsgeschäft, sei es kraft Gesetzes.
[5] BGH, Beschluss v. 29.3.2007, V ZB 160/06, NJW 2007 S. 3645 = NZM 2007 S. 459.

2.2 Grundschuldzinsen

2.2.1 Zwangsversteigerung

Treupflicht des Sicherungsnehmers

Das durch die Sicherungsabrede bei Bestellung einer Sicherungsgrundschuld begründete Treuhandverhältnis wirkt sich noch in der Zwangsversteigerung aus, wie das OLG München[1] jüngst entschied:

  • Der Ersteher eines Grundstücks, der eine auf dem Grundstück lastende verzinsliche Grundschuld übernimmt, ist gem. § 56 Satz 2 ZVG verpflichtet, für den Zeitraum zwischen Zuschlag und Zahlung des Grundschuldnominalbetrags an den Grundschuldgläubiger die dinglichen Grundschuldzinsen zu entrichten.
  • Aus dem durch die Sicherungsabrede begründeten Treuhandverhältnis zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer folgt die Pflicht des Sicherungsnehmers gegenüber dem Sicherungsgeber, die dinglichen Zinsen gegenüber dem Ersteher des Grundstücks geltend zu machen und einen Übererlös an den Sicherungsgeber auszukehren.
  • Anders lautende AGB in der Zweckerklärung sind unwirksam.

Verzicht auf Geltendmachung

Wenn der Grundschuldgläubiger auf die Geltendmachung der Grundschuldzinsen in der Zwangsversteigerung verzichtet, macht er sich eventuell schadensersatzpflichtig, weil er gegen den der Grundschuldbestellung zugrunde liegenden Sicherungsvertrag verstoßen hat. Der BGH hat die Frage, ob der Gläubiger einer nicht (mehr) voll valutierenden Grundschuld die zur Tilgung der gesicherten Schuld nicht benötigten Grundschuldzinsen zugunsten des Sicherungsgebers geltend machen muss, bislang lediglich im Hinblick auf solche Zinsen entschieden, die zwischen dem Zuschlag und einer späteren Ablösung des Grundpfandrechts durch den Ersteher entstanden sind. Für diesen Fall hat er eine aus dem Sicherungsvertrag resultierende Pflicht des Grundschuldgläubigers, die dinglichen Zinsen von dem Ersteher einzufordern, verneint.[2]

Abgrenzung verschiedener Konstellationen

Davon zu unterscheiden ist der Fall, dass der Gläubiger bereits in dem Zwangsversteigerungsverfahren auf die Geltendmachung von (rückständigen und laufenden, vgl. § 13 ZVG) Grundschuldzinsen verzichtet. Dazu nunmehr der BGH:[3] Der die Zwangsversteigerung nicht betreibende Grundschuldgläubiger ist nicht aufgrund des durch die Sicherungsabrede begründeten Treuhandverhältnisses mit dem Schuldner verpflichtet, nicht angefallene Grundschuldzinsen in dem Zwangsversteigerungsverfahren geltend zu machen.

Klarstellung des BGH

Inzwischen hat der BGH[4] diese Frage auch für den betreibenden Gläubiger geklärt: Der die Zwangsversteigerung betreibende ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge