Rz. 32

Ansprüche auf family provisions, wie diese in England der Inheritance (Provision for Family and Dependants) Act 1975 gewährt, kennt man dagegen in Schottland nicht. Weitergehende zwingende Ansprüche als die legal rights des Ehegatten und der leiblichen bzw. adoptierten Kinder können damit grundsätzlich nicht geltend gemacht werden.

 

Rz. 33

Mit dem Family Law (Scotland) Act 2006 wurden jedoch verschiedene gesetzliche Ansprüche für nichteheliche Lebenspartner (cohabitants) eingeführt. Dies umfasst auch die Möglichkeit, dass der Längerlebende im Fall des Todes eines Partners bei Gericht einen Antrag auf Versorgung stellt.[39] Von einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft geht das Gesetz dabei aus, wenn die Partner bis zum Tod eines von ihnen wie Ehegatten (bzw. bei gleichgeschlechtlichen Partner wie Civil Partner) zusammengelebt haben, was das Gericht mit Blick auf die Dauer des Zusammenlebens, die Art der Beziehung und etwaige finanzielle Abreden der Beteiligten (wie z.B. regelmäßige Unterhaltszahlungen) bestimmen muss.[40]

 

Rz. 34

Zu beachten ist jedoch, dass der Ausgleichsanspruch voraussetzt, dass der Verstorbene sein Domizil in Schottland hatte. Ferner kann er nur geltend gemacht werden, wenn gesetzliche Erbfolge eintritt. Hat dagegen der erstversterbende Partner ein Testament hinterlassen, kann der Längerlebende weder einen Ausgleich über die Regelung im Todesfall noch wie bei einer lebzeitigen Trennung der Partner verlangen. Die gesetzliche Regelung hat damit keinen echten Pflichtteilscharakter, sondern ergänzt lediglich die gesetzliche Erbfolge in der Weise, dass das Gericht eine Art "vergessene Versorgung" nachholt.[41]

 

Rz. 35

Sind diese Voraussetzungen gegeben, kann das Gericht nach seinem Ermessen aus dem Reinnachlass, der nach Erfüllung der Nachlassverbindlichkeiten, der legal rights und ggf. auch der prior rights (wenn der Verstorbene neben der Partnerschaft noch verheiratet war) verbleibt, einmalige oder laufende Zahlungen oder die Übertragung von Nachlassgegenständen anordnen. Der Antrag dazu muss vom Berechtigten innerhalb von sechs Monaten nach dem Tod des Partners gestellt werden.

[39] Vgl. ss. 25–30 Family Law (Scotland) Act 2006; Hiram, S. 177; zu Ausgleichsansprüchen bei Trennung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft vgl. Odersky, in: Süß/Ring, Eherecht in Europa, Länderbericht Schottland Rn 21 ff.
[40] Vgl. s. 25 Family Law (Scotland) Act 2006.
[41] Vgl. s. 29 (1) Family Law (Scotland) Act 2006; die Scottish Law Commission hat zwar 2009 eine entsprechende Ausweitung auf Fälle testamentarischer Erbfolge empfohlen, die konkrete Umsetzung dieser Empfehlung ist aber noch nicht absehbar; vgl. Gibb/Gordon, S. 27 f.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge