Rz. 61

Gemäß s. 25 (1) MCA 1973 ist oberstes Gebot bei jeder Ermessensentscheidung, neben der Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls besonders auf das Wohlergehen minderjähriger Kinder der Familie zu achten. Daneben hat das Gericht gem. s. 25 (2) MCA 1973 bei jeder Scheidungsfolgenregelung folgende Umstände des Einzelfalls in seine Billigkeitserwägungen einzubeziehen.[79]

Das derzeitige Einkommen, die Fähigkeit und Wahrscheinlichkeit, künftig Einkommen zu erzielen, die Eigentumsverhältnisse und die sonstigen Vermögensverhältnisse jedes Ehegatten. Bei den finanziellen Mitteln werden auch solche Vermögenswerte einbezogen, die ein Ehegatte in die Ehe eingebracht oder geerbt hat; es können sogar wahrscheinliche, künftige Erbschaften angemessen berücksichtigt werden.[80]
Die finanziellen Bedürfnisse und Verpflichtungen, die jeder Ehegatte in nachvollziehbarer Weise hat bzw. voraussichtlich haben wird. Diesem Merkmal kommt insbesondere dann große Bedeutung zu, wenn keine großen Vermögen zu verteilen sind, sondern vorrangig der angemessene Lebensunterhalt und die Wohnbedürfnisse beider Ehegatten sicherzustellen sind.
Der gemeinsame Lebensstandard, den die Ehegatten vor der Trennung hatten.
Das Alter der Parteien und die Dauer ihrer Ehe. Das Alter kann insbesondere Einfluss darauf haben, ob und welche Erwerbstätigkeit man noch billigerweise erwarten kann. Die Dauer der Ehe ist mittlerweile ein wichtiger Faktor für den Umfang der wechselseitigen Vermögensverteilung.
Etwaige geistige oder körperliche Behinderungen eines Ehegatten.
Die Beiträge jedes Ehegatten zum Familienwohl, wozu ausdrücklich auch die Haushaltsführung und Kindererziehung zählen.
Das Verhalten eines Ehegatten, wenn dieses (ausnahmsweise) nach Meinung des Gerichts billigerweise nicht außer Acht gelassen werden darf.
Etwaige finanzielle Nachteile, die ein Ehegatte durch die Scheidung haben kann (z.B. Verlust einer Witwenpension, aber auch Kosten und Steuern infolge der Scheidung).
 

Rz. 62

Mit Ausnahme des besonders hervorgehobenen Kindeswohls gibt es keine Rangfolge innerhalb dieser Merkmale, so dass das Gericht grundsätzlich allen Merkmalen gleiche Berücksichtigung schenken muss.[81]

[79] Vgl. für eine nähere Beschreibung dieser Faktoren mit Beispielfällen: Scherpe, DNotZ 2016, 644; Black/Bridge/Bond, Rn 31–14 ff.
[80] Vgl. M T v. M T (Financial Provision: Lump Sum) [1992] 1 FLR 362, in dem die Wahrscheinlichkeit einer künftigen Erbschaft in Deutschland in der Weise berücksichtigt wurde, dass ein einmaliger Ausgleichsbetrag erst nach deren Anfall fällig wurde.
[81] Vgl. Piglowska v. Piglowski [1999] 2 FLR 763; White v. White [2000] 2 FLR 981 und [2001] 1 All E.R. 1.

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