Rz. 20

Eine Besonderheit des englischen Sachenrechts stellen die equitable interests dar, die neben den direkten Eigentumsrechten (bei Immobilien entweder in der Form des absolute interest oder der leasehold, die einem Erbbaurecht bzw. dem Wohnungseigentum vergleichbar ist) bestehen können. Diese beruhen auf der Rechtsform des trust und können in ihren Folgen und Funktionen sehr vielgestaltig sein. Insbesondere führen sie zu einer Art gespaltenen Eigentums, bei dem der equitable owner wirtschaftlich am Eigentum eines anderen (mit-)berechtigt ist, was entfernt mit einem deutschen Treuhandverhältnis verglichen werden kann.[23]

 

Rz. 21

Equitable interests können als express trusts ausdrücklich begründet, aber auch aus den konkreten Umständen des Einzelfalls abgeleitet werden oder per Gesetz entstehen. Ob und in welchem Umfang danach eine Mitberechtigung in Form eines sog. constructive trust zwischen Ehegatten – bzw. entsprechend auch zwischen nichtehelichen Paaren – angenommen werden kann, ist unsicher und Gegenstand umfangreicher Rechtsprechung.[24] Im Zusammenhang mit gemeinsam bewohnten Immobilien werden diese oft informell entstehenden Mitberechtigungen unter dem Stichwort trust of the family home diskutiert.[25] Nach den höchstrichterlichen Grundsätzen müssen dafür in der Regel die Voraussetzungen einer der folgenden zwei Fallgruppen erfüllt sein:[26]

Es muss der Nachweis erbracht sein, dass die Ehegatten vor der Anschaffung eines Vermögensgegenstandes eine Absprache oder Verständigung getroffen haben, den Gegenstand gemeinsam besitzen zu wollen. Diese Übereinkunft muss zwar nicht im rechtlichen Sinne formuliert oder gemeint gewesen sein, aber zumindest auf einer ausdrücklichen Unterredung beruhen, so dass eine lediglich konkludente Willensübereinstimmung nicht ausreicht. Eine solche Absprache wurde von Gerichten beispielsweise angenommen, wenn ein Ehegatte Alleineigentum mit der ausdrücklichen Begründung erwarb, dass der andere wegen möglicher Ansprüche Dritter nicht auftreten solle. Zusätzlich muss der Ehegatte, der nicht Eigentümer wurde, nachweisen, dass er im Vertrauen auf diese Übereinkunft wirtschaftlich zu seinem Nachteil gehandelt oder auf sonstige signifikante Art sein wirtschaftliches Verhalten geändert hat. Beispiele dafür wären z.B. umfangreiche Eigenleistungen für die Immobilie oder die Aufnahme einer Berufstätigkeit, um zum Gesamtaufwand der Familie beizutragen. Rein persönliche Verhaltensweisen, wie z.B. die Immobilie gemeinsam mit dem Alleineigentümer zu bewohnen, diese einzurichten, den gemeinsamen Haushalt zu führen und ggf. gemeinsame Kinder zu betreuen, wurden dagegen als nicht ausreichend erachtet.
Sofern diese Voraussetzungen nicht vorliegen, kann eine Mitberechtigung des anderen Partners in der Regel nur begründet werden, wenn dieser nicht unerhebliche Beiträge in Geld zur Anschaffung oder Werterhöhung des Vermögensgegenstandes oder zur Hypothekentilgung geleistet hat.[27] Nur indirekte wirtschaftliche Beiträge (z.B. wenn der Nichteigentümer seine Einkünfte vollständig für die gemeinsamen Lebenshaltungskosten verwendet, während der Eigentümer von seinem Gehalt die Hypothekenzinsen trägt) wurden dagegen von Gerichten in der Regel als nicht ausreichend erachtet.
 

Rz. 22

Ist eine der beiden Fallgruppen erfüllt, kann das Gericht als equitable interest eine Mitberechtigung am Eigentum des anderen bestätigen, die von einem quotenmäßigen Anteil (z.B. entsprechend der jeweiligen finanziellen Beiträge zu den Anschaffungskosten) bis zu einer hälftigen Aufteilung reichen kann. Letzteres wird nach dem Grundsatz equity is equality[28] u.a. dann bejaht, wenn ein übereinstimmender Wille der Beteiligten zur Mitberechtigung unterstellt wird, ohne dass man weitere Absprachen zur Aufteilung des Vermögenswertes feststellen kann.

[23] Vgl. hierzu von Bar, EuZW 2018, 925.
[24] Vgl. Hanbury & Martin, Kapitel 12.
[25] Vgl. Hanbury & Martin, Kapitel 13; Smith, Kapitel 11.
[26] Vgl. Lloyds Bank plc v. Rosset [1991] AC 107; Jones v. Kernott [2011] UKSC 53; vgl. dazu ausf. Lowe, in: Henrich/Schwab, S. 52 ff.; Herring, S. 175 ff.
[27] Vgl. z.B. Sekhon v. Alissa [1989] 2 FLR 94; Ehegatten können sich zusätzlich auf die entsprechende gesetzliche Regelung in s. 37 MPPA 1970 berufen.
[28] Vgl. z.B. Hammond v. Mitchell [1992] 2 All ER 109, [1992] 1 FLR 229.

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