Rz. 32

Die gesetzliche Erbfolge (Art. 1813 ff. grZGB) beruht auf dem Gesetz.[33] Sie kommt in Betracht, sofern

keine Verfügung (Art. 1710 § 2 grZGB) oder keine gültige Verfügung von Todes wegen vorhanden ist;
die gültige Verfügung von Todes wegen keine Erbeinsetzung enthält;
mit dem Testament über das Nachlassvermögen nicht erschöpfend verfügt wird.[34]
 

Rz. 33

Gemäß Art. 1710 § 2 grZGB genießt die gewillkürte Erbfolge Vorrang gegenüber der gesetzlichen Erbfolge, da auch im griechischen Erbrecht der Grundsatz der Testierfreiheit herrscht.[35]

 

Rz. 34

Im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge werden zum Erben die Verwandten des Erblassers, der Ehegatte des Verstorbenen, der Lebenspartner, wenn eine nichteheliche Lebenspartnerschaft existiert[36] und der Staat berufen. Die Erbfolge der Verwandten wird durch vier Ordnungen nach dem Parentelensystem geregelt. Jede frühere Parentel (die entsprechende "Ordnung" des deutschen Rechts) schließt die spätere aus (Art. 1819 grZGB). In den Parentelen werden die nächstberufenen Erben durch das System der Erbfolge nach Stämmen und Linien ausgewählt.

 

Rz. 35

Die Ordnungen bestimmen sich wie folgt:

1. Ordnung: Abkömmlinge des Erblassers (Kinder, Kindeskinder, Art. 1813 grZGB). Die Kinder erben zu gleichen Teilen. Adoptivkinder haben erbrechtlich die Stellung eines leiblichen Kindes. Falls die Adoption aufgelöst wird, lebt die vor der Annahme bestehende rechtliche und auch erbrechtliche Stellung wieder auf, allerdings nur für die Zukunft, d.h. dass die Beziehung des Kindes zu seinen leiblichen Eltern wieder hergestellt wird (Art. 1575 grZGB).

2. Ordnung: Eltern des Erblassers, Geschwister und deren Kinder und Kindeskinder (Art. 1814 grZGB). Die Eltern und die Geschwister erben zu gleichen Teilen nach Köpfen.

3. Ordnung: Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (Art. 1816 grZGB). Wenn die Großeltern zur Zeit des Erbfalls leben, so erben sie allein und zu gleichen Teilen.

4. Ordnung: Nur Urgroßeltern des Erblassers ohne ihre Abkömmlinge, die immer zu gleichen Teilen erben (Art. 1817 grZGB).

 

Rz. 36

Das gesetzliche Erbrecht des überlebenden Ehegatten und des überlebenden Lebenspartners (Art. 11 Gesetz 3719/2008) bestimmt sich grundsätzlich danach, zu welcher Ordnung die erbenden Verwandten des Erblassers gehören. Neben Verwandten der ersten Ordnung ist der Ehegatte zu einem Viertel und der Lebenspartner zu einem Sechstel gesetzlicher Erbe. Neben Verwandten der anderen Ordnungen erbt der Ehegatte die Hälfte und der Lebenspartner ein Drittel des Nachlasses (Art. 1820 grZGB). Sollte es keine anderen Verwandten geben, erben Ehegatten und Lebenspartner das Ganze. Außerdem steht dem Ehegatten (wenn er als gesetzlicher Erbe erbt) das Recht zu, vom Nachlassvermögen verschiedene Haushaltsgegenstände, Möbel oder Kleider zu erhalten, die während der Ehe von beiden oder nur vom überlebenden Ehegatten benutzt wurden, und zwar unabhängig von der Ordnung, in der er mitberufen wird (Art. 1820 grZGB). In diesem Fall werden jedoch auch die Bedürfnisse der Kinder des Erblassers aus Nachsichtsgründen berücksichtigt.

 

Rz. 37

Darüber hinaus ist erbrechtlich von Bedeutung, in welchem Güterstand der Erblasser und sein Ehegatte lebten:

Im Fall der Gütergemeinschaft gehört der Anteil am Gesamtgut, das grundsätzlich das gesamte Vermögen beider Ehegatten umfasst, zum Nachlass des Verstorbenen, der nach den allgemeinen Vorschriften beerbt wird.

Im gesetzlichen Güterstand der Gütertrennung mit Zugewinnausgleich (Art. 1400–1402 grZGB) kann der überlebende Ehegatte, sofern er zu der Zunahme des Vermögens auf irgendeine Weise beigetragen hat, die Herausgabe des Teils der Zunahme, der von seiner Mitwirkung herrührt, verlangen. Dabei wird vermutet, dass der Beitrag sich auf ein Drittel der Zunahme beläuft, außer es wird nachgewiesen, dass ein größerer, ein kleinerer oder gar kein Beitrag geleistet wurde (Art. 1400 Abs. 1 grZGB).[37] Der Anspruch der vorigen Vorschrift kommt im Falle des Todes für den Erben des verstorbenen Ehegatten nicht zur Entstehung (Art. 1401 grZGB).[38]

[33] Näheres dazu Georgiades/Papadimitropoulos, Griechenland, S. 25 ff., in: Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Internationales Erbrecht, Bd. III.
[34] OLG Athen 2194/1983 NoB 1983, 1201.
[35] Areopag 88/1991 NoB 1992, S. 545.
[36] G. 3719/2008 hat den Partnerschaftspakt eingeführt (noch für nicht gleichgeschlechtlichen Lebenspartner, was aber demnächst auf gleichgeschlechtliche Lebenspartner erweitert werden soll). Der Lebenspartnerschaftsvertrag wird (nur) notariell geschlossen und beim Standesamt eingereicht.
[37] Ausführlich zum griechischen Güterrecht: Stamatiadis, Die Ehescheidung im deutsch-griechischen Rechtsverkehr, 1994, S. 113 ff.; Vlassopoulou, Deutsch-griechisches Familien- und Erbrecht in rechtsvergleichender Perspektive, FF 2002, 123.
[38] LG Thessaloniki 11545/1993 Arm. 1994, 166; OLG Larissa 1168/89 Arm. 1992, 1018.

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