Rz. 8

§ 899 Abs. 2 Satz 1 ZPO bestimmt, dass im jeweiligen Kalendermonat nicht verbrauchtes pfändungsfreies Guthaben in Höhe des Grundfreibetrages nach § 899 Abs. 1 ZPO in den 3 folgenden Kalendermonaten nicht von der Pfändung erfasst, sondern in diesen (jeweiligen) Monat übertragen wird. Die Frist für die Möglichkeit der Übertragung des nicht verbrauchten pfändungsfreien Guthabens wurde damit entgegen der bis zum 30.11.2021 geltenden Rechtslage (vgl. § 850k Abs. 1 Satz 3 ZPO a. F.) von 1 Monat auf 3 Monate verlängert. Der Schuldner soll so in die Lage versetzt werden, einen Teil des unpfändbaren Guthabens für größere Anschaffungen und höhere Forderungsbeträge anzusparen. Es erhöht sich somit der für diesen Monat geltende Grundfreibetrag (ab 1.12.2021: 1.260 EUR) um den Ansparübertrag. Daher kann der Schuldner ab dem 1.12.2021 auf seinem P-Konto ständig ein Guthaben i. H. d. vierfachen Grundfreibetrags nach § 899 Abs. 1 Satz 1 ZPO unterhalten (1.260 EUR nicht ausgeschöpfter Grundfreibetrag zzgl. jeweils 3 x 1.260 EUR neuer Grundfreibetrag für den 1. bis 3. Folgemonat, somit insgesamt bis zu 5.040 EUR).

Übertragen werden kann nur der konkrete Teil des pfändungsfreien Guthabens – nicht ein abstrakter unverbrauchter Pfändungsfreibetrag ohne entsprechende Forderung gegen das Kreditinstitut (BTDrs 16/12 714 S. 19, 31; LG Saarbrücken, Beschluss v. 22.1.2013 – 5 T 376/12, juris) –, der tatsächlich nicht verbraucht wurde, übertragen werden. Neben dem pfändungsfreien Betrag werden darüber hinaus weitere Erhöhungsbeträge (vgl. § 902 ZPO) von Guthaben erfasst, soweit dem Kreditinstitut ein entsprechender Nachweis (vgl. § 903 ZPO) vorliegt.

 

Rz. 9

Nach Ablauf der 3-Monats-Frist (also mit Beginn des 4. Kalendermonats) entfällt der Pfändungsschutz auch in den Fällen, in denen die Gutschriften auf dem P-Konto stets den pfändungsfreien Grundfreibetrag unterschritten haben (BGH Vollstreckung effektiv 2018, 75 = NJW 2018, 1026 = JurBüro 2018, 217).

 

Rz. 10

 
Praxis-Beispiel

Der alleinstehende und kinderlose Schuldner S erhält im Dezember 2021 monatliches Arbeitseinkommen i. H. v. 2.000 EUR auf sein gepfändetes P-Konto überwiesen. An monatlicher Miete sind 500 EUR sowie monatliche Abschläge für Strom und Gas von insgesamt 150 EUR zu zahlen. Darüber hinaus sind monatliche Versicherungsbeiträge von 100 EUR zu leisten. Von dem restlichen Grundfreibetrag i. H. v. 510 EUR (= 1.260 EUR – insgesamt 750 EUR) beansprucht S noch eine Auszahlung von 200 EUR. Den Restbetrag von 310 EUR belässt er auf dem Konto und überträgt diesen.

Lösung

Verfügt S in den nächsten 3 Folgemonaten nach der Pfändung nicht über den Restbetrag von 310 EUR, muss die Bank diesen zusätzlich zu dem neuen Sockelfreibetrag von 1.260 EUR übersteigenden Betrag abführen. Die Bank muss daher im 4. Monat nach Wirksamwerden der Pfändung an Gläubiger G insgesamt 1.050 EUR abführen (= 2.000 EUR – 1.260 EUR Grundfreibetrag + 310 EUR).

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