Rz. 21

Der ergehende Beschluss ist ein eigener Vollstreckungstitel i. S. v. § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO für die Beitreibung des Zwangsgeldes und die Vollstreckung der (Ersatz-)Zwangshaft (BGH, Vollstreckung effektiv 2009, 5 = NJW 2008, 2919; LAG Hamm, Beschluss v. 7.3.2012, 1 Ta 75/12 – Juris. Der Beschluss bedarf einer Vollstreckungsklausel, da er und nicht der Ausgangstitel Grundlage der Beitreibung des Zwangsgeldes bzw. der Vollstreckung der Zwangshaft ist (Zöller/Seibel, § 888 Rn. 13; Goebel/Goebel, § 11 Rn. 116; AG Arnsberg, DGVZ 1994, 79; a. A. Baumbach/Lauterbach, § 888 Rn. 18; LG Kiel, DGVZ 1983, 156; AG Lindau, DGVZ 1997, 44). Die auf den Beschluss als Titel gesetzte Vollstreckungsklausel ist somit Voraussetzung der Zwangsvollstreckung (§ 724 Abs. 1 ZPO) vor deren Erteilung u. a. der gerade hier bedeutsame Umstand der ordnungsgemäßen Zustellung des Titels zu prüfen ist und in der vermerkt werden kann, gegen wen die Zwangsvollstreckung stattfinden soll, damit das Vollstreckungsorgan – im Falle der Verhaftung wäre dies der Gerichtsvollzieher – die im Titel genannte Person zweifelsfrei und ohne Heranziehung sonstiger Umstände außerhalb des Titels feststellen kann (BGH, Vollstreckung effektiv 2010, 47 = MDR 2010, 231; OLGR Schleswig 2009, 581; LAG Hamm, Beschluss v. 7.3.2012, 1 Ta 75/12 – Juris).

 

Rz. 22

Für die Vollstreckung der (Ersatz-)Zwangshaft gelten die Vorschriften des zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend (Abs. 1 Satz 3). Die Vollstreckung der Haft setzt demzufolge einen Haftbefehl voraus (vgl. § 802g Abs. 1 ZPO), für dessen Erlass gleichfalls das Prozessgericht zuständig ist (vgl. Zöller/Seibel, § 888 Rn. 13; Musielak/Voit/Lackmann, § 888 Rn. 15; a. A. Stein/Jonas/Brehm, § 888 Rn. 29: Zuständigkeit des AG nach § 764 Abs. 2 ZPO). Der – das Grundrecht der Freiheit einschränkende – Haftbefehl muss geeignet und erforderlich sein, seinen Zweck zu erreichen. Er darf zudem den Betroffenen nicht übermäßig belasten (BAG, DB 2009, 2719; LAG Nürnberg, Beschluss v. 9.6.2011, 7 Ta 15/11). Insbesondere darf die Haft so lange nicht verhängt werden, wie ein Zwangsgeld ausreicht, um den Willen des Vollstreckungsschuldners zu beugen (OLG Rostock, OLGR Rostock 2006, 592; OLG Zweibrücken, JurBüro 2003, 494; OLG Saarbrücken, Beschluss v. 29.8.2011, 5 W 197/11, 85, 5 W 197/11 – Juris). Im Zwangsgeldbeschluss muss daher die Dauer der Ersatzzwangshaft im Verhältnis zur Höhe des Zwangsgeldes festgesetzt werden (Zöller/Stöber, § 888 Rn. 9; a. A. LAG Hamm, FoVo 2012, 156; LAG Rheinland-Pfalz, 3.8.2011, 9 Ta 128/11; LAG Nürnberg, Beschluss v. 9.6.2011, 7 Ta 15/11 – Juris; BAG, DB 2009, 2719). Die Ersatzzwangshaft unterscheidet sich von der nach Abs. 1 Satz 1 ebenfalls möglichen isolierten Festsetzung von Zwangshaft ohne vorherige Zwangsgeldverhängung gerade dadurch, dass die Ersatzzwangshaft von der Nichtbeitreibbarkeit des Zwangsgeldes abhängt und damit hinsichtlich ihrer Dauer notwendig an der Höhe des Zwangsgeldes ausgerichtet sein muss. Die Anordnung der Zwangshaft nach Abs. 1 Satz 1 setzt demgegenüber nicht die Festsetzung einer bestimmten Dauer voraus, da sich das Mindestmaß vom einem Tag aus Art. 6 Abs. 1 EGStGB und das Höchstmaß von 6 Monaten aus § 888 Abs. 1 Satz 3 ZPO in Verbindung mit § 802j Abs. 1 Satz 1 ZPO ergibt und diese Haft von vornherein (bis zur Höchstdauer) solange andauert, bis die zu erfüllende Handlung bewirkt ist. Im Rahmen der eingelegten Beschwerde ist das Beschwerdegericht angesichts des streng formalisierten Zwangsvollstreckungsverfahrens gehindert, in den zugrunde liegenden Titel einzugreifen und selbst die Dauer der Ersatzzwangshaft festzulegen. Dem Gläubiger bleibt allerdings die Möglichkeit, beim Prozessgericht die nachträgliche Festsetzung der Dauer der Ersatzzwangshaft in analoger Anwendung von Art. 8 Abs. 1 EGStGB zu beantragen (Zöller/Stöber a. a. O. § 888 Rn. 9; Musielak/Voit/Lackmann, § 888 Rn. 11; LAG Hamm, FoVo 2012, 156; OLG Saarbrücken, 29.8.2011, 5 W 197/11-85).

 

Rz. 23

Die Beitreibung des Zwangsgeldes erfolgt dann nach der ganz überwiegenden Auffassung in Rspr. und Lit. allein auf Antrag des Gläubigers und nicht von Amts wegen (BGH, NJW 1983, 1859; OLG Frankfurt, JurBüro 1986, 1259; LAG Hamburg, NZA 1985, 373; OLG Hamm, FamRZ 1982, 185; a. A. OLG München, NJW 1983, 947; LG Koblenz, MDR 1983, 851; LG Koblenz MDR1983, 851), und zwar zugunsten der Staatskasse (BGH, NJW 1983, 1859 = FamRZ 1983, 578). Gelingt die Beitreibung des Zwangsgeldes nur "ratenweise", bleibt diese auch nach Erfüllung verfallen. Ein Erstattungsanspruch gegen den Vollstreckungsgläubiger besteht nicht (OLG Koblenz, Urteil v. 18.6.12, 10 U 1439/11 – Juris).

 

Rz. 24

Die Vollstreckung selbst erfolgt nach den allg. Bestimmungen, d. h. durch den Gerichtsvollzieher nach §§ 803ff. ZPO, i. R.d. Forderungspfändung durch den Rechtspfleger gem. §§ 828ff ZPO. oder im Wege der Immobiliarzwangsvollstreckung. Kann das Zwangsgeld nicht beigetrieben werden, so wird dies vom Vollstreckungsorgan mit der Fruchtlosigkeitsbescheinigun...

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