Rz. 10

Herauszugeben sein muss eine bestimmte bewegliche Sache (AG Coburg, DGVZ 1995, 77). Bei unbeweglichen Sachen gilt § 885 ZPO. Es genügt allerdings, dass die Sache mit der Wegnahme beweglich wird, sofern die konkrete Wegnahme seitens des Gerichtsvollziehers möglich ist (MünchKomm/ZPO-Gruber, § 883 Rn. 14). Die Verpflichtung zur Herausgabe kann in einem Urteil, aber auch in jedem anderen Vollstreckungstitel enthalten sein. Der Rechtsgrund der Herausgabeverpflichtung ist unerheblich. Der Anspruch kann auch auf Hinterlegung oder Vorlage einer Urkunde gerichtet sein.

 

Rz. 11

Die Vollstreckung richtet sich gegen den im Titel genannten Schuldner. Der Tenor muss auf die Herausgabe einer individuell bestimmten beweglichen Sache gerichtet sein und zwar so, dass der zuständige Gerichtsvollzieher zweifelsfrei die Wegnahme vornehmen kann. Bestimmbarkeit reicht aus (LAG Rheinland-Pfalz, 1.10.2004, 8 Ta 199/04 – Juris). Insofern kann auch der Beschluss, der die Zwangsverwaltung anordnet, Herausgabetitel sein (Kautionssparbuch: AG Ludwigsburg, DGVZ 2009, 152; BGH, ZAP EN-Nr. 664/2005 = Vollstreckung effektiv 2005, 191 = WM 2005, 1321; BGH, Vollstreckung effektiv 2008, 168 = NJW 2008, 1598; AG Münster, JurBüro 2014, 608: Aufnahme in Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Herausgabe vorrangiger Pfändungen und Abtretungen). Unter Herausgabe ist die körperliche Übergabe der Sache an den Berechtigten zu verstehen (LG Wiesbaden, DGVZ 2011, 70; Zöller/Stöber, § 883, Rn. 2; MünchKomm/ZPO-Gruber, § 883, Rn. 11; Musielak/Lackmann, § 883, Rn. 5 und 7).

 

Rz. 12

Sind die herauszugebenden Unterlagen im Vollstreckungstitel für eine Vollstreckung durch den Gerichtsvollzieher nach § 883 ZPO nicht hinreichend konkret bezeichnet, so kann ausnahmsweise eine Vollstreckung nach § 888 ZPO durch Zwangsgeldfestsetzung erfolgen, wenn jedenfalls der Schuldner dem Vollstreckungstitel entnehmen kann, welche Unterlagen er herauszugeben hat. Nach Vorlage der Unterlagen (bzw. einer Fehlanzeige) kann der Gläubiger etwaige Zweifel an der Vollständigkeit nur noch im Wege einer Erzwingung der eidesstattlichen Versicherung nach §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB geltend machen, wenn nicht die Unvollständigkeit schon dem Vollstreckungsgericht offen erkennbar ist (KG, InVo 1998, 108; a. A. AG Saarlouis, DGVZ 2016, 257). Ein Vollstreckungstitel mit zweifelfreiem Inhalt ist nicht auszulegen, auch ist ihm kein anderer Inhalt beizumessen (vgl. zu den Kriterien: BGH, NJW 1993, 1995 = LM ZPO § 794 Abs. 1 Ziff. 1 Nr. 42 (11/1993) = EzFamR ZPO § 794 Nr 6).

 

Rz. 13

Eine Abgrenzung zu § 888 ZPO ist z. T. schwierig. Für die Frage, ob eine Zwangsvollstreckung nach § 888 Abs. 1 ZPO oder die Herausgabe-Zwangsvollstreckung nach § 883 ZPO in Betracht kommt, ist stets der Inhalt des Vollstreckungstitels maßgebend (LAG Rheinland-Pfalz, 1.10.2004 – 8 Ta 199/04 – Juris). Hierbei ist zunächst zu betrachten, dass Vollstreckungsprozess und Erkenntnisprozess – im engeren Sinne – keine Einheit sind. Die Zwangsvollstreckung ist niemals die Fortsetzung des Prozesses im engeren Sinne, selbst wenn ihr ein solcher vorausgegangen ist. Der durch die Zwangsvollstreckung zu erreichende Erfolg muss nach Art und Umfang aus dem Titel unmittelbar durch Aufnahme des materiellen Anspruchs oder mittelbar durch Verweisung auf ihn hervorgehen und bestimmt oder bestimmbar sein (Hessisches LAG Beschluss v. 17.3.2003, 16 Ta 82/03 – Juris; LAG Baden-Württemberg, ZAP EN-Nr 176/2018   ). Wenn ein Titel sowohl auf ein Ausfüllen oder auf Berichtigung von Arbeitspapieren als auch auf deren Herausgabe gerichtet ist, ist streitig, ob diese Verpflichtungen einheitlich nach § 888 Abs. 1 ZPO vollstreckt werden können (LAG Hessen, AA 2017, 198; LAG Hamm, 8.8.2012, 7 Ta 173/12 – Juris; LAG Schleswig-Holstein 19.7.2001, 4 Ta 98/01 – Juris) oder ob in zwei Akten vollstreckt werden muss (Hess. LAG 17. Oktober 2001, 15 Ta 282/01; LAG Berlin, LAGE § 888 ZPO Nr. 40). Ausfüllung der Arbeitspapier.

 

Rz. 14

Bei einer Verpflichtung der Vorlage von Belegen handelt es sich i. d. R. um eine vertretbare Handlung mit der Folge, dass die Vollstreckung grds. gem. § 883 ZPO erfolgt (OLGR München 1994, 261; OLG Köln, NJW-RR 1988, 1210; OLG Hamm, OLGZ 1974, 251; a. A. LAG Rheinland Pfalz, JurBüro 2010, 51 – Herausgabe eines Sozialversicherungsausweises; vgl. auch Rz 8). Es ist anerkannt, dass diese Maßnahme dann unbefriedigend ist, wenn im gleichen Titel auch eine nach § 888 ZPO zu vollstreckende Auskunft geschuldet wird. Im Interesse einer effektiven Vollstreckung wird daher in diesen Fällen praxisnah angenommen, dass es sich bei der Vorlageverpflichtung nur um eine unwesentliche Nebenverpflichtung zur Auskunftspflicht handelt, die zusammen mit dieser durch Zwangsgeld und Zwangshaft vollstreckt werden kann (OLG Karlsruhe, InVo 2000, 398; OLG Köln, NJW-RR 1996, 382; vgl. Büttner, FamRZ 1992, 629).

 

Rz. 15

Es sind Mischfälle denkbar, bei denen die vom Schuldner zu erbringende Handlung über die Herausgabe einer Sache hinausgeht. Das ist z. B. der ...

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