1 Zweck

 

Rz. 1

Die Vorschrift regelt – entsprechend der Vollstreckung in Forderungen – die Zwangsvollstreckung in Anteile an gesamthänderisch gebundenen Vermögensmassen. Dabei betrifft Abs. 1 die Pfändung in Anteile an Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und bei der Zwangsvollstreckung in Anteile an Handelsgesellschaftenund die Pfändung eines Anteils an einer Limited Liability Partnership britischen Rechts (BGH, DB 2019, 1200 = WM 2019, 930 = ZIP 2019, 1038 = ZInsO 2019, 1118) Die Notwendigkeit einer eigenen Regelung folgt aus der rechtlichen Konstruktion der Gesamthandgemeinschaft. Sowohl die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB) als auch die Miterbengemeinschaft (§§ 2032 ff. BGB) sind solche Gesamthandgemeinschaften. Jedes Mitglied ist mit einem bestimmten Anteil (Gesellschafts- oder Erbanteil), der unterschiedlich groß sein kann, am Gesamthandvermögen als Ganzem beteiligt. Als Anteilsinhaber kann das einzelne Mitglied weder über einzelne zu dem Gesamthandvermögen gehörende Gegenstände noch über das Gesamthandvermögen insgesamt verfügen (§§ 719 Abs. 1, 2032 Abs. 2 BGB). Übertragbar aber sind der Gesellschaftsanteil (§ 719 Abs. 1 BGB) und der Miterbenanteil (§ 2032 Abs. 1 BGB). Gleiches gilt für die Gesellschaftsanteile an einer offenen Handels- und an einer Kommanditgesellschaft (§§ 105 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB). Abs. 2 erstreckt diese Regelung auf den Erbschaftsanteil.

 

Rz. 2

Die Vorschrift bestimmt, dass der Anteil am Gesamthandvermögen als solcher pfändbar ist (Abs. 1 Satz 1), der Anteil an den einzelnen zum Gesamthandvermögen gehörenden Gegenständen jedoch nicht (Abs. 1 Satz 2). Die Pfändung selbst richtet sich nach § 857 ZPO. Für die Pfändung und die Verwertung gelten besondere Bestimmungen. Zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen selbst ist ein gegen alle Gesellschafter gerichteter Titel notwendig (§ 736 ZPO).

2 Pfändung in BGB-Geschäftsanteil (Abs. 1)

 

Rz. 3

Gepfändet wird der Anteil am Gesellschaftsvermögen, also das Wertrecht, das die zum Gesellschaftsanteil gehörenden Vermögensrechte repräsentiert (BGH, DB 2019, 1200 = WM 2019, 930 = ZIP 2019, 1038 = ZInsO 2019, 1118; BGH, DB 1986, 1517 = NJW 1986, 1991 = Rpfleger 1986, 308). Die Pfändung erfolgt als Rechts-, nicht als Forderungspfändung, und zwar bezogen auf die aus der Gesellschafterstellung fließenden Rechte nach §§ 857 Abs. 1, 829 ZPO. Während Gläubiger der Gesellschaft unbeschränkt in das Gesellschaftsvermögen vollstrecken können, wenn entweder ein Titel gegen die Gesellschaft oder ein Titel gegen alle Gesellschafter vorliegt, ist dies dem Privatgläubiger eines Gesellschafters untersagt. Erforderlich ist daher ein Titel gegen den Gesellschafter. Die Pfändung ist auch zulässig, wenn die Anteilsübertragung im Gesellschaftsvertrag von der Zustimmung der übrigen Gesellschafter abhängig gemacht worden ist (Stöber, Rn. 1559).

 

Rz. 4

Da die Gesellschaft rechtsfähig ist (BGH, Vollstreckung effektiv 2001, 29 = WM 2001, 408 = ZIP 2001, 330 = ZInsO 2001, 218 = DGVZ 2001, 59 = MDR 2001, 459 = Rpfleger 2001, 246 = JurBüro 2001, 319) handelt es sich beim Gesellschaftsvermögen und dem Privatvermögen eines Gesellschafters um zwei unterschiedliche Vermögensmassen und damit um verschiedene Rechtssub- und -objekte.

 

Rz. 5

Neben der isolierten Pfändung von dem einem Gesellschafter zustehenden Einzelansprüchen (z. B. Gewinnanteil, Aufwendungsersatz, Auseinandersetzungsguthaben) kommt daneben noch die Anteilspfändung in Betracht.

Der Pfändungsbeschluss muss erkennen lassen, dass der Gesellschaftsanteil und nicht nur einzelne Ansprüche des Gesellschafters gegen die Gesellschaft (§ 717 Satz 2 BGB) gepfändet werden sollen; dabei muss die Gesellschaft genau bezeichnet werden.

 

Rz. 6

Drittschuldner ist die Gesellschaft. Obwohl der einzelne Gesellschafter über seinen Gesellschaftsanteil und damit über den darin verkörperten Wert nicht ohne Zustimmung seiner Mitgesellschafter verfügen kann, diese also mitbetroffen sind, wenn es um Verfügungen über den Anteil und damit auch um dessen Pfändung geht, erfordert dieser Umstand doch nicht zwangsläufig die Zustellung des Pfändungsbeschlusses an alle Gesellschafter. Denn der Pfändungspfandgläubiger kann den Anteil nicht durch Veräußerung verwerten, sondern nur das Gesellschaftsverhältnis kündigen; er ist also in jedem Falle auf Ansprüche gegen die Gesellschaft verwiesen, seien es Ansprüche auf Auszahlung entnahmefähiger Gewinne, auf Abfindung oder auf das Auseinandersetzungsguthaben. Schuldner ist in allen Fällen die Gesamthand. Dieser, vertreten durch ihren bzw. ihre Geschäftsführer, ist deshalb auch der Pfändungsbeschluss zuzustellen (BGH, DB 1986, 1517 = NJW 1986, 1991 = Rpfleger 1986, 308). Für die Pfändung reicht es aus, dass der Pfändungsbeschluss – anstatt allen – nur den geschäftsführenden Gesellschaftern oder dem Geschäftsführer zugestellt wird (BGH, Vollstreckung effektiv 2006, 131 = WM 2006, 1221 = ZVI 2006, 239 = ZIP 2006, 1318 = NJW 2006, 2191 = DGVZ 2006, 86 = Rpfleger 2006, 478 = MDR 2006, 1254; BGH, BGHZ 97, 392 = WM 1986, 719 = ZIP 1986, 776 =  BB...

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