Rz. 101a

Der BGH (Vollstreckung effektiv 2017, 42 = DGVZ 2016, 253 = DNotZ 2016, 957 = Rpfleger 2017, 40) hat klargestellt, dass bei Abwicklung einer Kaufpreiszahlung über ein Notaranderkonto, sich das mit der Pfändung des Kaufpreisanspruchs entstandene Pfandrecht auf den Auszahlungsanspruch des Verkäufers gegen den Notar erstreckt. Denn die mit der Pfändung des Hauptrechts verbundene Beschlagnahme erstreckt sich ohne Weiteres auf alle Nebenrechte, die im Fall einer Abtretung nach §§ 412, 401 BGB auf den Gläubiger übergehen. § 401 BGB erfasst neben den dort genannten Rechten auch andere unselbstständige Sicherungsrechte sowie Hilfsrechte, die zur Durchsetzung der Forderung erforderlich sind. Der Auskehranspruch gegen den Notar stellt im Verhältnis zur Kaufpreisforderung ein solches Nebenrecht dar. Denn die Einschaltung des Notars zur Abwicklung des Kaufpreises soll ja gerade sicherstellen, dass die Ansprüche der Parteien Zug-um-Zug erfüllt werden. Die Vertragspartner sollen vor rechtlichen Nachteilen geschützt werden, die mit Inhalt und Zweck der getroffenen Regelung nicht vereinbar sind. Der Auszahlungsanspruch gegen den Notar entsteht daher im Zuge der Vertragsabwicklung. Er hängt somit, solange die Kaufpreisforderung noch nicht erloschen ist, eng und unmittelbar mit ihr zusammen. Der Anspruch gegen den Notar wird nur deshalb begründet, weil der Verkäufer von seinem Vertragspartner nicht Zahlung an sich verlangen kann. Er ergänzt daher die vertragliche Forderung. Die Abtretung des Kaufpreisanspruchs führt deshalb entsprechend § 401 BGB auch zum Übergang des Auskehranspruchs gegen den Notar. Daher ist eine zusätzliche Pfändung des Auskehranspruchs nicht erforderlich.

 

Rz. 101b

Nur der Käufer – nicht der Notar – ist Drittschuldner. Dieser hat daher nach § 840 Abs. 1 ZPO die notarielle Verwahrung anzugeben. Der Notar hat, sobald ihm die isolierte Pfändung und Überweisung des Kaufpreisanspruchs nachgewiesen wird, den hinterlegten Betrag an den Gläubiger auszukehren. Für eine zutreffende Bewertung, an wen der verwahrte (Rest-)Kaufpreis auszuzahlen ist, muss der Notar in jedem Fall Kenntnis davon haben, ob und zu welchem Zeitpunkt die Pfändung des Kaufpreisanspruchs durch Zustellung des entsprechenden Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Käufer bewirkt worden ist. Diese hat er erst dann, wenn

  • ihm die Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Käufer als Drittschuldner durch Vorlage der Zustellungsurkunde nachgewiesen wird
  • oder der Drittschuldner (Käufer) dem Notar die erfolgte Zustellung bestätigt (vgl. § 829 Abs. 3 ZPO).
 

Rz. 101c

Da der Notar somit keine Pfändungen beachten muss, von denen er keine Kenntnis hat, scheiden Ansprüche gegen ihn aus. Zahlt er also in Unkenntnis einer wirksamen Pfändung an den Verkäufer oder ggf. an einen nachrangigen Pfändungspfandgläubiger aus, wird er in entsprechender Anwendung von § 407 Abs. 1 BGB von seiner Leistungspflicht frei. Deshalb sollte der Gläubiger den Notar sofort über die Pfändung informieren. Dies kann bereits dadurch geschehen, dass der Notar ebenfalls im zu erlassenden Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses als Drittschuldner aufgeführt wird. Dies ist er zwar nach BGH-Ansicht nicht. Dennoch ist die Benennung unschädlich. Die Bezeichnung als "falscher Drittschuldner" ist für den Gläubiger aber vorteilhaft. Denn dadurch wird der Gerichtsvollzieher auch diesem den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gem. § 829 Abs. 3 ZPO zustellen. Damit hat der Notar dann positive Kenntnis von der Pfändung und wird zunächst einmal die hinterlegten Beträge an niemanden auszahlen. Er wird vielmehr im Zweifel beim Käufer als eigentlichem Drittschuldner nachfragen. Dieser wird dem Notar dann die erfolgte Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an ihn durch Vorlage der Zustellungsurkunde nachweisen.

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