Rz. 3

Wegen des Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz und das Sozialstaatsprinzip (vgl. Art 3 GG) ist der Schutzzweck auch schon für die Zeit vor In-Kraft-Treten am 31.3.2007 gegeben (AG Lemgo, ZVI 2007, 183). Der Schutz besteht für private Vorsorgeverträge (BGH, Vollstreckung effektiv 2018, 59 = DGVZ 2018, 60 = NJW 2018, 1166 = Rpfleger 2018, 278) Selbständiger, es sei denn, es werden durch eine Abtretung die Bezugsrechte der Lebensversicherung widerrufen und somit im Weiteren der versorgungsrechtliche Charakter aufgehoben (LG Dortmund, 20.1.2009, 2 O 153/08 – juris). Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten und nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes, der Alterssicherung Selbständiger dienende Vermögenswerte gegen einen schrankenlosen Vollstreckungszugriff abzuschirmen (vgl. BT-Drucks. 16/866 S. 7; BT-Drucks. 16/3844 S. 11; vgl. auch Rz. 2), ist es gerechtfertigt, § 851c Abs. 1 ZPO auch zugunsten eines Pfandgläubigers jedenfalls dann anzuwenden, wenn er im Versicherungsvertrag als versicherte Person benannt ist und die Rentenversicherung der Rückdeckung einer ihm als Gesellschafter-Geschäftsführer gegebenen Pensionszusage dient (BGH WM 2012, 1870 = ZIP 2012, 1933).

 

Rz. 3a

Bei der Anwendung der Regelung ist allein darauf abzustellen, ab welchem Zeitpunkt der Altervorsorgecharakter des Vertrages gesichert ist, nämlich dann, wenn die Vertragslage so gestaltet wurde, dass der Schuldner Vermögenswerte nicht mehr zweckwidrig dem Gläubigerzugriff entziehen kann (BGH, Vollstreckung effektiv 2011, 74 = MDR 2011, 128 = NJW-RR 2011, 493; OLG Stuttgart, ZInsO 2012, 281 = NZI 2012, 250 = ZVI 2012, 68 = DB 2012, 174 = Verbraucherinsolvenz aktuell 2012, 21; OLG Köln ZVI 2012, 68 = ZInsO 2012, 281 = NZI 2012, 250). Die Sicherung eines bereits angesparten Deckungskapitals für die Zwecke der Altersversorgung des Schuldners einerseits und der effektiven Unterbindung von Möglichkeiten, diese Mittel zweckwidrig dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen, ist gerade bei einem bereits angesparten erheblichen Deckungskapitals von weit größerer Bedeutung als die Sicherung des erst künftig anzusparenden Kapitalstocks. Dies gilt umso mehr, als der BGH (Vollstreckung effektiv 2011, 130 = FamRZ 2011, 1224 = ZBB 2011, 292 = VuR 2011, 316 = DB 2011, 1390 = WM 2011, 1180 = ZIP 2011, 1235 = ZInsO 2011, 1153 = MDR 2011, 813 = BetrAV 2011, 485 = VersR 2011, 1160 =  Rpfleger 2011, 534 = DZWIR 2011, 388; vgl. auch Rz. 13 f.) ausdrücklich klargestellt hat, nur das angesammelte Kapital unterliege dem Pfändungsschutz, nicht jedoch die liquiden Mittel, um diese Kapitalansammlung zu bewirken.

 

Rz. 4

Der Anwendungsbereich der Vorschrift erstreckt sich nicht auf pensionsberechtigte Berufssoldaten. Darüber hinaus ist die Sicherung einer zusätzlichen privaten Altersvorsorge über das Existenzminimum nicht Zweck des Pfändungsschutzes. Ebenso sind Beiträge in der Ansparphase vom Schutzzweck nicht erfasst (LG Bonn, ZVI 2009, 214). Eine teleologische Auslegung auf Immobilienanlagen verbietet sich (BFH, 8.12.2008, VII B 81/08 – Juris).

 

Rz. 5

Der Pfändungsschutz für Kapitallebensversicherung mit Rentenwahlrecht besteht nur bei tatsächlich vereinbarter Altersversorgung. Eine Pfändung erstreckt sich auch auf das Rentenwahlrecht (BFH, ZAP EN-Nr. 761/2007 = Rpfleger 2007, 672). Die Leistungen aus dem Vertrag müssen gem. Abs. 1 Nr. 1 bis 4 in regelmäßigen Zeitabständen und nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres oder bei Eintritt der Berufsunfähigkeit erbracht werden. Um bereits bestehende Versicherungsverträge für eine pfändungsgeschützte Altersvorsorge einsetzen zu können, ermöglicht es dem Versicherungsnehmer, jederzeit für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode die Umwandlung seiner Versicherung in eine nach Abs. 1 privilegierte Versicherung zu verlangen. Eine solche Umwandlung ist jedoch nur dann zulässig, wenn Rechte Dritter nicht entgegenstehen, wenn also insbesondere der Schuldner nicht die Ansprüche aus diesem Vertrag an seine Gläubiger abgetreten hat oder die Gläubiger diese Ansprüche gepfändet haben (vgl. BT-Drucks. 16/886 S. 14). Ggf. ist im Rahmen eines Insolvenzverfahrens eine Anfechtbarkeit gegeben, wenn einziger Sinn der Umwandlung im Ausschluss von Pfändungsmaßnahmen und dem Erlangen von Insolvenzschutz liegt (LG München I, ZInsO 2013, 352 = ZVI 2013, 160). Dass die Umwandlung in eine nach § 851c ZPO geschützte Rentenversicherung nicht verwerflich ist und die Versicherung nach § 167 VVG gesetzlich verpflichtet ist, die Umwandlung in eine pfändungsgeschützte Versicherung jederzeit für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode vorzunehmen, steht der insolvenzrechtlichen Anfechtbarkeit dabei nicht entgegen (eingehend hierzu auch LG Stuttgart, ZInsO 2014, 1863). Ebenso werden nicht erfasst Berufsunfähigkeitsrenten einer (privaten) Berufsunfähigkeits-Versicherung Selbstständiger, wenn diese Leistungen nur bis zu einer bestimmten Altersgrenze verspricht. Diese Leistungen sind pfändbar (OLG Hamm, ZInsO 2009, 2339).

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