Rz. 16

Die Belassung des dem Schuldner für sich und seine Familie zu belassenden notwendigen Unterhalts hat nach dem Gesetz für einen "angemessenen Zeitraum" zu erfolgen. Wie dieser zu bemessen ist, ist str. Eine aufgrund einer Altersteilzeit-Vereinbarung als Einmalzahlung zu leistende Abfindung unterfällt dabei dem Anwendungsbereich des § 850i ZPO in der seit dem 1.7.2010 gültigen Fassung (LG Duisburg, Beschluss v. 11.6.12, 7 T 71/12 – Juris). Bei einer solchen arbeitsrechtlichen Abfindung kann es als angemessen angesehen werden, dem Schuldner die Differenz zw. dem ALG und dem sozialhilferechtlichen Bedarf über einen Zeitraum von mindestens (LG Münster, VuR 2011, 430) 6 Monaten zu belassen (AG Langen, FamRZ 2003, 699; LG Mainz, JurBüro 2000, 157; a. A. LG Wuppertal, WE 2001, 255 = ein Jahr seit dem Ende der Beschäftigung des Schuldners). Ist absehbar, dass der Schuldner durch den Bezug von SGB-II-Leistungen der Allgemeinheit zur Last fallen würde, ist die Abfindung vollumfänglich freizugeben (AG Münster, JurBüro 2017, 382). Bei einem 60jährigen, erwerbsfähigen Schuldner mit schlechtem gesundheitlichem Zustand ist zu berücksichtigen, dass er nur schwer eine neue Beschäftigung finden wird. Daher ist der angemessene Zeitraum mit 18 Monaten anzusetzen (LG Bamberg, Rpfleger 2009, 327).

 

Rz. 17

Wiederum wird vertreten, dass als angemessener Zeitraum regelmäßig der Zeitraum anzunehmen ist, den der Schuldner voraussichtlich benötigt, um bei den gebotenen eigenen Bemühungen einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Die hiernach erforderliche Prognose hat sich jeweils an den Verhältnissen des Einzelfalls auszurichten (LG Mainz, JurBüro 2000, 157; OLG Düsseldorf, Rpfleger 1979, 469). Hierbei spielen die berufliche Qualifikation, die konkret angestrebte Arbeitsstelle sowie die bisherigen Bemühungen hinsichtlich Arbeitsplatzsuche und die momentane wirtschaftliche Arbeitsmarktlage eine Rolle.

Für die Bestimmung der Höhe des pfandfrei zu belassenden Teils der Einkünfte ist zunächst aus sämtlichen Einkünften des Schuldners ein fiktives Gesamteinkommen zu bilden (LG Essen, ZVI 2011, 379 = VuR 2011, 429; vgl. BT-Drucks. 16/7615 S. 18). Bei dieser Zusammenrechnung von verschiedenartigen Einkünften ist es für die nicht wiederkehrenden Teile des Einkommens notwendig, diese durch Bestimmung eines angemessenen Gesamtbezugszeitraumes auf bestimmte Zahlungsperioden umzurechnen. Die Länge des angemessenen Bezugszeitraumes bestimmt sich im Regelfall nach dem Zeitpunkt bis zur nächsten zu erwartenden Zahlung (LG Essen, ZVI 2011, 379 = VuR 2011, 429; LG Duisburg, Beschluss v. 11.6.2012 – 7 T 68/12 –, juris; LG Bochum, ZInsO 2010, 1801). Wird z. B. eine Abfindung ausgezahlt, so ist durch das Gericht regelmäßig derjenige Zeitraum zugrunde zu legen, nach dem voraussichtlich mit einer Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit zu rechnen ist (LG Bamberg, Rpfleger 2009, 327; LG Essen, ZVI 2011, 379 = VuR 2011, 429). Ein alleiniges Abstellen auf die seitens des Arbeitsamtes verhängte Sperrfrist erscheint insofern nicht sachgerecht, da eine Abfindungsleistung regelmäßig auch den Zweck hat, Nachteile auszugleichen, die durch die Einkommensverringerung infolge eines Bezuges von Arbeitslosengeld bewirkt werden.

Bei der zu treffenden Prognoseentscheidung hinsichtlich einer Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit hat das Gericht u. a. die allgemeine Arbeitsmarktsituation, die konkrete Qualifikation des Schuldners, dessen Lebensalter und dessen gesundheitlichen Zustand zu berücksichtigen (LG Bamberg, Rpfleger 2009, 327; LG Essen, ZVI 2011, 379 = VuR 2011, 429).

 

Rz. 18

Bei der Pfändung des Wehrsoldes eines Wehrpflichtigen ist auf einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen abzustellen, um zumindest den Unterhalt nach Sozialhilferichtlinien zzgl. Ausgaben für die Unterkunft abzudecken (OLG Dresden, ZKF 2000, 63; a. A. LG Detmold, Rpfleger 1997, 448). Bei unregelmäßigen Provisionseinnahmen des Schuldners beträgt der für die Bestimmung des pfändungsfreien Betrages festzulegende Zeitraum insgesamt drei Monate (AG Michelstadt, JurBüro 2002, 549). Hierbei ist zu beachten, dass dem Vollstreckungsgericht nicht die Fürsorgemaßnahmen des Staates auferlegt werden können, zumal jeden freiberuflich Arbeitenden die Unsicherheit trifft, dass dessen Einkommen monatlichen Schwankungen unterliegt.

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