Rz. 4

Ein weitgehendes Pfändungsverbot für Tiere, die im häuslichen Bereich und nicht zu Erwerbszwecken gehalten werden, birgt die Gefahr, dass der Schuldner Vermögenswerte dem Zugriff der Gläubiger dadurch entzieht, dass er wertvolle Tiere erwirbt, zu denen er keine engen emotionalen Beziehungen hat. In solchen Fällen besteht kein schutzwürdiges Interesse des Schuldners. Hierunter fallen z. B. Reitpferde, Rassehunde bzw. seltene Tierarten (vgl. BT-Drucks. 11/5463, S. 7). Zudem sind hierbei berechtigte Interessen des Gläubigers an der Durchsetzung seiner titulierten Forderung unverhältnismäßig vernachlässigt. Um die wechselseitigen Interessen des Gläubigers einerseits und des Schuldners andererseits sowie die Belange des Tierschutzes in einen angemessenen Ausgleich zu bringen, sieht Abs. 2 daher vor, dass in Ausnahmefällen das Vollstreckungsgericht die Pfändbarkeit eines in Abs. 1 bezeichneten Tieres wegen dessen hohen Wertes anordnen kann.

 

Rz. 5

Die vorzunehmende Interessenabwägung verlangt zunächst die eigene wirtschaftliche Situation des Gläubigers zu betrachten (Goebel, Vollstreckung effektiv 2003, 39). Umso weniger seine eigene wirtschaftliche Existenz gesichert ist, umso stärker überwiegen seine Belange. Ebenfalls spielt die Art der Schuld – etwa ein Anspruch aus unerlaubter Handlung bzw. Unterhalt – ebenso eine Rolle wie sonstige Vollstreckungs- und Verwertungsmöglichkeiten. Allerdings sind auch die Bindungen weiterer Familienangehöriger – z. B. alter und kranker Menschen oder Kinder – zu beachten.

 

Rz. 6

Bei den Belangen des Tierschutzes sind insb. folgende Fragen bedeutsam (Goebel, Vollstreckung effektiv 2003, 39):

  • Welche Bindung hat das Tier an den Schuldner und dessen Familie?
  • Welche besonderen Entfaltungsmöglichkeiten hat das Tier beim Schuldner, die nach einem Verkauf nicht mehr gegeben sind?
  • Welches Alter hat das Tier (AG Paderborn, DGVZ 1996, 44: Keine Pfändung eines 20-jährigen Pferdes, das beim Schuldner sein "Gnadenbrot" erhält)?
  • Welchen Gesundheitszustand hat das Tier?
  • Welche Bedeutung hat das Tier für andere Tiere im häuslichen Bereich des Schuldners?
  • Welche Verwertungsart kommt in Betracht (anderer häuslicher Bereich, Versuchslabor, Verwertung nach Tod)?

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