Rz. 4

Bei einem Auftrag nach § 807 ZPO muss der Gerichtsvollzieher zuerst die Voraussetzungen nach § 807 Absatz 1 Nr. 1 oder 2 ZPO schaffen, bevor er einen Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft bestimmt (AG Augsburg, DGVZ 2013, 193). Die in Abs. 1 genannten besonderen Voraussetzungen entsprechen § 807 Abs. 1 Nr. 1 und 3 ZPO in der bis zum 31.12.2012 geltenden Form. Die bisherigen Varianten des § 807 Abs. 1 Nr. 2 und 4 ZPO in der bis zum 31.12.2012 geltenden Form haben sich im Hinblick auf die Regelung des § 802c ZPO erübrigt.

2.1 Durchsuchungsverweigerung (Abs. 1 Nr. 1)

 

Rz. 5

Diese Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn der anwesende Schuldner oder sein anwesender gesetzlicher Vertreter eine nach Ort, Zeit und Umständen gerechtfertigte Durchsuchung seiner Wohnung oder Behältnisse durch den Gerichtsvollzieher ausdrücklich verweigert hat (Abs. 1 Nr. 1, §§ 758, 758a ZPO, § 61 Abs. 1 Satz 2 GVGA). Die Verweigerung der Durchsuchung durch eine andere Person, die statt des Schuldners in die Durchsuchung einwilligen könnte, reicht nicht aus. Der Begriff der "Verweigerung" setzt voraus, dass die Durchsuchung durch den Gerichtsvollzieher rechtmäßig ist. Ist dies nicht der Fall, weil die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung z. B. nicht vorliegen, kann sich der Schuldner daher auch zu Recht weigern.

Der Begriff Wohnung (vgl. Art 13 Abs. 2 GG, § 758a Abs. 1 ZPO) ist weit auszulegen; er umfasst Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume (BVerfG, NJW 1998, 1627, 1631; NJW 2006, 3411, 3412; vgl. auch § 287 Abs. 4 Satz 1 AO), Büroräume und Werkstätten, Nebenräume und Zugänge sowie Zweit- und Wochenendwohnungen (vgl. Wesser, NJW 2002, 2138; OLG Hamm, MDR 2015, 485). Zur Wohnung gehören auch Hof, Garten, Garage, Hausboden und Keller, Abstellkammer, Stall, Scheune und Schuppen. Wohnung kann auch ein Wohnwagen oder ein Wohnschiff sein, nicht aber ein Marktstand, der nur wenige Stunden täglich auf verschiedenen Wochenmärkten benutzt wird (AG Hamburg, DGVZ 81, 63; vgl. Zöller/Seibel, § 758a ZPO, Rn. 4).

 

Rz. 6

Verweigert wird die Durchsuchung, wenn die Ablehnung vom Schuldner selbst (AG Straußberg, DGVZ 2001, 92), durch den gesetzlichen Vertreter oder einen Bevollmächtigten (LG Aachen, DGVZ 2001, 61) erklärt wird. Eine Weigerung des Ehegatten bzw. anderen Familienangehörigen (LG Essen, DGVZ 2002, 92) bzw. Lebensgefährten (AG St. Wendel, DGVZ 2001, 124) genügt nicht (§ 61f. GVGA; a. A. LG Köln, DGVZ 2001, 44: Weigerung der Ehefrau des Schuldners). Die Zurechnung sonstigen Fremdverhaltens würde den Schuldner unangemessen beeinträchtigen (AG Osterholz-Scharmbeck, DGVZ 2000, 155).

 

Rz. 7

Die einmal geäußerte Ablehnung der Durchsuchung kann nicht dadurch entfallen, dass der Schuldner nachträglich doch noch der Durchsuchung zustimmt. In diesem Fall kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Schuldner Gegenstände beiseite geschafft hat (Hk-ZPO/Kemper, § 807 Rn. 12). Verweigert der Ehegatte bzw. der Verfahrensbevollmächtigte des abwesenden Geschäftsführers des Schuldners die Durchsuchung der Geschäftsräume, muss dieser die Erklärung gegen sich gelten lassen. Daher ist der Geschäftsführer zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verpflichtet und vom Gerichtsvollzieher zu deren Abgabe zu laden (LG Aachen, DGVZ 2001, 61).

2.2 Erfolglose Pfändung (Abs. 1 Nr. 2)

 

Rz. 8

Die Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft besteht auch dann, wenn durch den Pfändungsversuch voraussichtlich keine "vollständige Befriedigung" zu erreichen sein wird (Abs. 1 Nr. 2). Eine solche kann nur Leistung auf die titulierte Forderung sein, wegen der der Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreibt. Bei Vollstreckung wegen einer Teilforderung daher nur diese Teilforderung und nicht die gesamte titulierte Forderung. Denn eine "Befriedigung des Gläubigers" (§ 362 BGB) setzt immer das Bestehen einer entsprechenden bestimmten Forderung voraus. An der Geltendmachung der Gesamtforderung trotz vorangegangener erfolgloser Vollstreckung nur wegen einer Teilforderung im Vermögensauskunftverfahren ist der Gläubiger aber nicht gehindert. Nach Abs. 1 Nr. 2 kann der Gläubiger das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft nämlich gerade auch dann betreiben, wenn er glaubhaft macht, "dass er durch die Pfändung seine Befriedigung nicht vollständig erlangen könne" (vgl. Rz 10).

Soweit der Schuldner wiederholt nicht angetroffen wurde, fällt dies nicht unter den Begriff "Pfändungsversuch" i. S. v. § 807 Abs. 1 Nr. 2 ZPO (AG Augsburg DGVZ 2013, 193; vgl. auch § 802l Abs. 1 Satz 1 ZPO). Zwar spricht der Gesetzgeber – im Gegensatz zu § 807 Abs. 1 Nr. 2 ZPO a. F. – nicht mehr von Glaubhaftmachung, so dass es an einer Regelung zum Beweismaß fehlt. Vielmehr beurteilt der Gerichtsvollzieher den Sachverhalt nach dem Eindruck, den er sich von der Situation vor Ort machen kann und trifft dann – auf Grundlage dieser Tatsachen und seiner Berufserfahrung – eine Prognose. Jedoch genügt dafür nicht "allein" das wiederholte Nichtantreffen, wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt. Danach entsprechen die in § 807 Abs. 1 ZPO genannten besonderen Voraussetzungen § 807 Abs. 1 Nr. 1 und 3 ZPO a. F...

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