Rz. 30

Gemäß Abs. 3 Satz 1 hat der Gerichtsvollzieher den Gläubiger unverzüglich über das Ergebnis seiner Erhebung von Drittauskünften unter Beachtung von Abs. 2 (RZ 29) in Kenntnis zu setzen. Daten, die für die Zwecke der Vollstreckung nicht erforderlich sind, sind dabei unverzüglich zu löschen oder deren Verarbeitung einzuschränken (Abs. 2 Satz 1). Durch die Wortwahl "unter Beachtung des Abs. 2" wird verdeutlicht, dass der Gerichtsvollzieher an den Gläubiger nur die zu Vollstreckungszwecken benötigten Daten weitergeben darf. Der Gläubiger darf die erlangten Daten nur zu Vollstreckungszwecken verarbeiten und hat die Daten nach Zweckerreichung zu löschen; hierauf ist er vom Gerichtsvollzieher hinzuweisen (Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 850d Abs. 1 Satz 3 ZPO). Anstelle der Zuleitung eines Ausdrucks kann dem Gläubiger auf Antrag das Vermögensverzeichnis als elektronisches Dokument übermittelt werden, wenn dieses mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen und gegen unbefugte Kenntnisnahme geschützt ist (Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 850d Abs. 2 ZPO).

 

Rz. 31

Wie der Gläubiger darüber in Kenntnis zu setzen ist, richtet sich nach § 760 ZPO. Danach hat der Gerichtsvollzieher auf Antrag jeder am Vollstreckungsverfahren beteiligten Personen nicht nur Akteneinsicht zu gestatten, sondern auch Abschriften einzelner Aktenstücke zu erteilen. Danach kann der am Verfahren beteiligte Gläubiger vom Gerichtsvollzieher auch die Erteilung von Abschriften der vollständigen Drittauskünfte beanspruchen (AG Leipzig, DGVZ 2015, 41). Soweit darin Daten enthalten sind, die nicht für die Zwecke der Zwangsvollstreckung erforderlich sind, hat der Gerichtsvollzieher diese nach Abs. 2 Satz 1 zu anonymisieren bzw. zu schwärzen, ohne das Formular als solches zu verändern (AG Eschweiler, DGVZ 2021, 124; AG Leipzig, DGVZ 2015, 41; vgl. zu Kontostammdaten RZ 10). Dies gilt nicht nur wenn die vom Gerichtsvollzieher erhobenen Drittauskünfte für die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner relevante Daten erhalten, sondern auch wenn dies nicht der Fall ist, mithin also auch wenn ihm eine sog. Negativauskunft erteilt worden ist. Grundsätzlich darf sich der Gerichtsvollzieher zwar darauf beschränken, den ihn mit der Durchführung der Zwangsvollstreckung beauftragenden Gläubiger über den Erfolg oder den Misserfolg seiner Amtshandlung lediglich zu unterrichten. Verlangt der Gläubiger dies aber von ihm, hat der Gerichtsvollzieher diesem auch Abschriften sämtlicher von ihm erhobenen Auskünfte zur Verfügung zu stellen (vgl. auch BGH, ZVI 2004, 81). Denn nur auf diese Weise kann sich ein Gläubiger Kenntnis von Sachverhalten verschaffen, die über die bereits erfolgte Mitteilung des Gerichtsvollziehers hinausgehen. Um die erteilten Auskünfte nachprüfen zu können, kann er die Offenlegung sämtlicher vom Gerichtsvollzieher erhobenen Drittauskünfte beanspruchen (LG Tübingen, DGVZ 2020, 150).

 

Rz. 32

Das Gewicht des Eingriffs in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung durch die Erhebung der Daten nach Abs. 1 durch den Gerichtsvollzieher erhöht sich, wenn die Datenerhebung heimlich erfolgt. Zur Wahrung der Rechte des Schuldners wird daher in Satz 1 eine gesetzliche Verpflichtung des Gerichtsvollziehers aufgenommen, den Schuldner über die Datenerhebung nachträglich zu unterrichten. Der Zeitraum, innerhalb dessen die Unterrichtung erfolgen soll, ist so bemessen, dass der Vollstreckungserfolg des Gläubigers nicht gefährdet wird. Gemäß Abs. 3 ZPO wird der Schuldner erst 4 Wochen nach dem Gläubiger über das Ergebnis des Auskunftsersuchens nach Abs. 1 ZPO in Kenntnis gesetzt. Dadurch soll erreicht werden, dass der Schuldner z. B. nicht noch schnell Kontoverfügungen vornehmen und den Vollstreckungserfolg des Gläubigers gefährden kann. Würde der Schuldner informiert, könnte er eventuell mögliche Vollstreckungsversuche des Gläubigers somit vereiteln, bevor dieser von der erteilten Auskunft Kenntnis und damit die Möglichkeit hat, Vollstreckungsversuche einzuleiten.

 

Rz. 33

In Abs. 3 ZPO ist keine nachträgliche Information von Dritten über die Datenerhebung und Verwendung vorgesehen, was einen Grundrechtseingriff darstellt (vgl. BVerfGE 118, 168). Die in Abs. 3 Satz 1 ZPO geregelte Pflicht, den Schuldner innerhalb von 4 Wochen über das Ergebnis des Ersuchens nach 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO in Kenntnis zu setzen, gilt daher auch analog zugunsten des Dritten (BGH, DGVZ 2022, 191 zum Auskunftsersuchen nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Die Interessenlage des Dritten ist mit der des Schuldners vergleichbar. Im Gesetzgebungsverfahren zu Abs. 3 wurde die im ursprünglichen Gesetzesentwurf nicht enthaltene nachträgliche Information des Schuldners über die Datenerhebung und Nutzung eingeführt, um dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht stärker als erforderlich einzuschränken (BT-Drucks 16/13432, S. 45). Der Gesetzgeber hat bei der Ausgestaltung in Abs. 3 ZPO und in den folgenden mit den Änderungen von § 802l ZPO befassten Gesetzgebungsverfahren (vgl. zuletzt BT-Drucks. 19/...

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