Rz. 7

Vor Ablauf der Zweijahresfrist ist der Schuldner ausnahmsweise erneut auskunftspflichtig, wenn Anhaltspunkte für eine wesentliche Veränderung seiner Vermögensverhältnisse vom Gläubiger glaubhaft gemacht werden (§ 294 ZPO). Zu Recht weist Mroß (DGVZ 2010, 181, 183) daraufhin, dass es sich bei dem Wesentlichkeitsprinzip letztlich um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, der seitens der Rechtsprechung zu füllen ist.

 

Rz. 8

Die Glaubhaftmachung muss den Schluss auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Gesamtlage des Schuldners zulassen (LG Saarbrücken, JurBüro 2009, 102). Verschwiegenes Vermögen steht dem Erwerb neuen Vermögens gleich (AG Heinsberg, DGVZ 2007, 190).

Gegenüber den in § 903 Satz 1 ZPO a. F. genannten zwei Ausnahmefällen (späterer Vermögenserwerb bzw. Auflösung eines bisherigen Arbeitsverhältnisses) wird einerseits durch die Formulierung "Veränderung der Vermögensverhältnisse" der Ausnahmebereich ausgeweitet (BT-Drucks. 16/10069 S. 26). Andererseits führt die Beschränkung auf wesentliche Veränderungen zur Entlastung aller Beteiligten. Insofern kann weiterhin nach neuer Rechtslage – auch wenn das Gesetz dies nicht mehr ausdrücklich benennt, der Schuldner zur erneuten Vermögensauskunft verpflichtet werden, wenn

  • er später Vermögen konkret (OLG Frankfurt am Main, InVo 2002, 517; AG Ludwigslust Rpfleger 2009, 578) erworben hat oder
  • ein bisher bestehendes Arbeitsverhältnis mit dem Schuldner aufgelöst ist.

3.1 Erwerb neuen Vermögens

 

Rz. 9

Bei dem neuen Vermögen muss es sich um pfändbares Vermögen (Sachen und Rechte) handeln, da der Gläubiger nur hierauf ein Zugriffsrecht hat (BGH, Rpfleger 2007, 406 = FoVo 2009, 15 = KKZ 2008, 15 = MDR 2007, 1159 = JurBüro 2007, 441 = NJW-RR 2007, 1007 = DGVZ 2007, 84 = WM 2007, 1283 =; OLG Stuttgart, DGVZ 2001, 116 = JurBüro 2001, 434). Ebenfalls bei nachweislich unwahren Angaben besteht die Verpflichtung zur erneuten Abgabe (LG Waldshut-Tiengen, JurBüro 2003, 547; OLG Köln, Rpfleger 1975, 180; KG, MDR 1990, 1124).

 

Rz. 10

Es genügt Glaubhaftmachung, die nach der allg. Lebenserfahrung den Schluss erlaubt, dass der Schuldner in den Besitz von Vermögensgegenständen gelangt ist (AG Lübeck, JurBüro 2004, 43). Der Gläubiger muss dabei insbesondere darlegen, dass sich die Vermögenslage des Schuldners durch Erwerb pfändbaren Vermögens vorzeitig erheblich verbessert hat (vgl. auch BGH, Rpfleger 2007, 406 = FoVo 2009, 15 = KKZ 2008, 15 = MDR 2007, 1159 = JurBüro 2007, 441 = NJW-RR 2007, 1007 = DGVZ 2007, 84 = WM 2007, 1283; LG Wuppertal DGVZ 2010, 15). Dabei dürfen die Anforderungen an die Glaubhaftmachung im Rahmen von § 802d ZPO nicht überspannt werden, um dem Gläubiger, dem es gerade an Informationen über die Vermögensverhältnisse des Schuldner mangelt, den Zugriff auf verwertbares Vermögen des Schuldner nicht unzumutbar zu erschweren.

 

Rz. 11

Der Schuldner hat im Erinnerungsverfahren nach § 766 ZPO die Möglichkeit, die Annahme zu entkräften, er habe inzwischen pfändbares Vermögen erworben. Das bedeutet indes nicht, dass ein Schuldner immer schon dann vor Ablauf der 2-jährigen Schutzfrist zur Abgabe der Vermögensauskunft verpflichtet ist, wenn der Gläubiger nur die bloße Vermutung äußert, der Schuldner habe inzwischen neues Vermögen erworben. Denn es ist zu berücksichtigen, dass es sich bei § 802d Abs. 1 Satz 1 ZPO grds. um eine Schuldnerschutzvorschrift handelt, die lediglich zwei Ausnahmetatbestände (so noch zur alten Rechtslage nach § 903 ZPO a. F.; vgl. BGH, Rpfleger 2007, 406 = FoVo 2009, 15 = KKZ 2008, 15 = MDR 2007, 1159 = JurBüro 2007, 441 = NJW-RR 2007, 1007 = DGVZ 2007, 84 = WM 2007, 1283) enthält. Eine Verpflichtung zur erneuten Abgabe der Vermögensauskunft vor Ablauf der Zweijahresfrist ist daher i. d. R. nur im Fall der Darlegung und Glaubhaftmachung konkreter Umstände gerechtfertigt, die den Schluss auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Gesamtlage des Schuldners zulassen. Dabei kann auch der – v.A.w. zu berücksichtigenden – allg. Lebenserfahrung (vgl. auch LG Saarbrücken, JurBüro 2009, 102) Bedeutung zukommen. Diese muss sich allerdings auch darauf erstrecken, dass es nahe liegt, dass der Vermögenserwerb eine Größenordnung erreicht hat, die einen erfolgreichen Pfändungszugriff wahrscheinlich erscheinen lässt. Von maßgeblicher Bedeutung sind zudem die jew. Einzelfallumstände (BGH, Rpfleger 2007, 406 = FoVo 2009, 15 = KKZ 2008, 15 = MDR 2007, 1159 = JurBüro 2007, 441 = NJW-RR 2007, 1007 = DGVZ 2007, 84 = WM 2007, 1283; LG Landshut, JurBüro 2002, 271; OLG Stuttgart, OLGZ 1979, 116.).

 

Rz. 12

Da es sich um ein neues Verfahren handelt, müssen sämtliche allgemeinen und ggf. besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen. Im Falle einer erneuten Vermögensauskunft nach einem Pfändungsversuch gem. § 807 ZPO, müssen ebenfalls –wiederum die Voraussetzungen des § 807 Abs. 1 ZPO vorliegen, da § 802d ZPO nicht wie bei der alten Rechtslage bis zum 31.12.2012 eine Einschränkung vorsieht (vgl. § 903 Satz 2 ZPO a. F).

 

Rz. 13

Für die Glaubhaftmachung reicht der Hinweis nicht aus, der Schuldner hab...

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