Grundsatz – Zweck

 

Rz. 1

Die Vorschrift setzt voraus, dass der Erbe die Haftung an sich noch beschränken kann.

 

Rz. 2

Sie beinhaltet den Grundsatz, dass die Zwangsvollstreckung gegen den Erben in den Nachlass und das Eigenvermögen zulässig ist, solange der Titel nicht eingeschränkt ist. Die Bestimmung gilt für jede Vollstreckung "gegen den Erben". Dabei spielt es keine Rolle, ob die Vollstreckung aus einem gegen den Schuldner als Erben erwirkten Titel oder aus einem gegen den Erben als Rechtsnachfolger umgeschriebenen Titel betrieben wird. Nach § 265 AO sind unter anderem die §§ 781-784 ZPO bei der Vollstreckung gegen den Erben wegen Steuerforderungen entsprechend anwendbar. Gleiches gilt für die Verwaltungsvollstreckung wegen einer Geldforderung gemäß § 5 VwVG i. V. m. § 265 AO (BeckOK/ZPO-Preuß, § 781 Rn. 2). § 53 GVGA bestimmt deshalb: Sind Erben unter Vorbehalt der Beschränkung ihrer Haftung verurteilt, so kann der Schuldtitel ohne Rücksicht auf diese Beschränkung vollstreckt werden. Widerspricht der Schuldner der Pfändung unter Berufung auf den Vorbehalt der Beschränkung seiner Haftung, so führt der Gerichtsvollzieher die Pfändung ohne Rücksicht auf diesen Widerspruch durch und verweist den Schuldner mit seinen Einwendungen nach §§ 785 und 767 ZPO an das Gericht. Die Haftungsbeschränkung bleibt trotz Urteilsvorbehalt (§ 780 Abs. 1 ZPO) unberücksichtigt, wenn nicht der Gläubiger seinen Antrag einschränkt, denn der Ausspruch im Titel sorgt lediglich dafür, dass die Möglichkeit zur Beschränkung der Haftung nicht verloren geht und nach § 785 ZPO geltend gemacht werden kann. Berücksichtigt wird die Beschränkung der Haftung des Erben auf den Nachlass erst, wenn sich der Erbe darauf beruft. Die Haftungsbeschränkung muss ihm dann vorbehalten sein. Geltend gemacht wird die Haftungsbeschränkung nach § 785 ZPO. Der Antrag einer Klage nach dieser Bestimmung lautet: "... die Vollstreckung in das nicht zum Nachlass gehörende Vermögen, insbesondere in die nachfolgend aufgezählten Gegenstände (vollständige Aufzählung derjenigen Gegenstände in die vollstreckt worden ist), für unzulässig zu erklären". Der "als Erbe verurteilte Schuldner" kann mit seiner Klage nur dann Erfolg haben, wenn er sich die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass in dem gegen ihn gerichteten Titel hat vorbehalten lassen. Keine Anwendung findet die Bestimmung, wenn der Titel sich ohnehin nur auf die Vollstreckung in einen Nachlassgegenstand richtet oder wenn die zu Lebzeiten des Erblassers begonnene Vollstreckung gemäß § 779 ZPO fortgesetzt wird. Die Einwendungen des Erben aus § 781 ZPO sind nach der Rechtsprechung des BFH im Vollstreckungsverfahren (nicht nach § 785, 767 ZPO, weil § 265 AO nicht auf diese Bestimmung verweist) zu erheben (BFH, NJWE-FER 1999, 19).

 

Rz.

Die Bestimmung erfasst die allgemeinen Beschränkungsmöglichkeiten des noch nicht unbeschränkt haftenden Erben gegenüber allen oder gegenüber einzelnen Nachlassgläubigern ebenso wie die gesetzliche Möglichkeit des Miterben, vor der Auseinandersetzung die Eigenhaftung mit seinem über den Anteil an der Miterbengemeinschaft hinausgehenden Vermögen zu verweigern (BeckOK/ZPO-Preuß, § 781 Rn. 3). Auch die Einrede der Überschwerung gemäß § 1992 BGB führt zu einer gegenständlichen Beschränkung der Haftung (OLG Koblenz, NJW-RR 2006, 377). Weitere Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung auf den Nachlass sind die Anordnung der Nachlassverwaltung und die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens. Wenn es in Ermangelung der Kostendeckung zu einem solchen Verfahren kommt oder es eingestellt wird, kann der Erbe die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass durch die Geltendmachung der Dürftigkeitseinrede gemäß § 1990 BGB geltend machen. Ist ein Nachlassgläubiger im Aufgebotsverfahren ausgeschlossen worden (§ 1970 BGB i. V. m. §§ 433 ff. FamFG), kann der Erbe nach § 1973 BGB die Befriedigung der Gläubiger verweigern, sofern der Nachlass durch die Befriedigung der nicht ausgeschlossenen Gläubiger erschöpft ist. Weiterhin steht gemäß § 1974 BGB ein Gläubiger, der die Fünf-Jahres-Frist des § 1974 Abs. 1 BGB versäumt hat, dem ausgeschlossenen Gläubiger gleich (sog. Verschweigungseinrede). Schließlich gewährt § 1989 BGB dem Erben die Erschöpfungseinrede, wenn nach Abschluss des Nachlassinsolvenzverfahrens ein Gläubiger, der an der Verteilung nicht teilgenommen hat (insbesondere Insolvenzgläubiger, der die Forderung nicht angemeldet hat), seine Nachlassverbindlichkeit gegen den Erben geltend macht (BeckOK/ZPO-Preuß, § 781 Rn. 4).

 

Rz. 3

Die Haftungsbeschränkung auf das übernommene Vermögen kann mit der Klage nach den §§ 786, 781, 785, 767 ZPO auch dann geltend gemacht werden, wenn gegen den Vollstreckungstitel Berufung eingelegt worden ist (OLG Frankfurt/Main, NJW-RR 1992, 31). Für die Erinnerung nach § 766 ZPO ist nur dann Raum, wenn bereits der Titel die Zwangsvollstreckung auf genau beschriebene einzelne Nachlassgegenstände beschränkt (MünchKomm/ZPO-K. Schmidt/Brinkmann, § 781 Rn. 6).

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