Rz. 13

Absatz 3 regelt die bei sog. "Drittgewahrsam" in der Wohnung auftretende Problematik im Sinne einer grundsätzlichen Duldungspflicht des Mitbewohners (vgl. AG Kaiserslautern, DGVZ 2016, 551). Dies entspricht der h. M. zu diesem Fragenkreis. Die gegenteilige Auffassung, die zusätzliche Durchsuchungsanordnungen gegen jeden widersprechenden Mitbewohner fordert, löst die Kollision zwischen dem Grundrecht des Mitbewohners aus Art. 13 GG und dem verfassungsrechtlich garantierten Rechtsdurchsetzungsanspruch des Gläubigers in nicht zu rechtfertigender Weise zugunsten der Unverletzlichkeit der Wohnung. Während der Dritte durch die nur gegen den Schuldner gerichtete Durchsuchung lediglich am Rande (mit) betroffen ist, würde das Gläubigerrecht durch die Beachtung jedes Drittwiderspruchs nachhaltig gelähmt. Der Weg über eine Hilfspfändung der Mitbesitzrechte des Schuldners wird vom Gesetzgeber für unzumutbar gehalten, weil der Gläubiger dann zunächst eine auf die Pfändung gestützte Klage gegen den Mitbewohner erheben müsste, um einen Titel gegen diesen zu erlangen. Da die Duldungspflicht nun im Grundsatz gesetzlich festgelegt wird, kann dies als Konkretisierung des § 755 Satz 1 ZPO angesehen werden, der die Vollstreckungsberechtigung des Gerichtsvollziehers auch gegenüber Dritten normiert.

 

Rz. 14

Die grundsätzliche Duldungspflicht des Mitbewohners, die zur Entbehrlichkeit einer Durchsuchungsanordnung auch gegen ihn führt, ändert nichts daran, dass das Gericht bei Erlass der Durchsuchungsanordnung ihm bekannte unzumutbare Härten für einen Mitbewohner (etwa schwere akute Erkrankung eines Familienangehörigen) im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen hat. Deshalb wird durch Satz 2 klargestellt, dass für die Zulässigkeit der Durchsuchungsanordnung auch die Betroffenheit des Mitbewohners von Bedeutung sein kann. Im Regelfall werden bei Erlass der Durchsuchungsanordnung dem Richter die Umstände nicht bekannt sein. Der Dritte ist deshalb darauf angewiesen, seine Rechte entweder im Wege der Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) oder der sofortigen Beschwerde gegen die richterliche Durchsuchungsanordnung (§ 793 ZPO) geltend zu machen. Aber auch in diesem Fall ist eine gesonderte Durchsuchungsanordnung gegenüber dem Mitbewohner nicht notwendig. Auf der anderen Seite kann der Gläubiger, wenn der Gerichtsvollzieher nach Abs. 3 Satz 2 von der Durchsuchung Abstand nimmt, im Wege der Erinnerung eine (erneute) richterliche Entscheidung – nun unter Einbeziehung der Härteproblematik und Beteiligung des betroffenen Dritten – beantragen.

Wird der Gerichtsvollzieher im Insolvenzeröffnungsverfahren durch richterlichen Beschluss angewiesen, die Wohn- und Geschäftsräume des Schuldners nach verfahrensrelevanten Unterlagen zu durchsuchen, haben Mitbewohner des Schuldners die Durchsuchung zu dulden. Die Rechtsgrundlage für die Duldungspflicht etwaiger "Mitbewohner" des Schuldners ergibt sich aus § 758a Abs. 3 Satz 1 ZPO, der über § 4 InsO auf Fälle vorliegender Art jedenfalls entsprechend anwendbar ist (BGH, NJW-RR 2008, 1271 = Rpfleger 2008, 329).

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