Rz. 3

Der Auftrag ermächtigt und verpflichtet den Gerichtsvollzieher nach § 31 Abs. 5 Satz 3 GVGA – ohne dass es einer weiteren Erklärung des Gläubigers bedarf (BGH, MDR 2009, 466). Ein ordnungsgemäßer Auftrag ermächtigt den Gerichtsvollzieher dem Gläubiger gegenüber im Einzelnen zu folgenden Handlungen:

  • die Zahlungen oder sonstigen Leistungen in Empfang zu nehmen, die der Schuldner zur Abwendung der Zwangsvollstreckung oder freiwillig erbringt, entgegen § 266 BGB auch Teilleistungen (§ 60 Abs. 1 GVGA; vgl. auch § 11 Abs. 3 Satz 2 VerbrKrG);
  • nach Empfang der Leistungen dem Schuldner die vollstreckbare Ausfertigung nebst einer Quittung auszuliefern, bei teilweiser Leistung diese auf der vollstreckbaren Ausfertigung zu vermerken und dem Schuldner Quittung zu erteilen (§ 757 Abs. 1 ZPO);
  • mit Wirkung für den Gläubiger Zahlungsvereinbarungen nach § 802b ZPO zu treffen. Materiell-rechtliche Folgen sind an diese Vereinbarungen nicht geknüpft (BT-Drucks. 16/13432 S. 42).
 

Rz. 4

Eine dem Schuldner zur Abwendung der Zwangsvollstreckung nachgelassene Sicherheit darf der Gerichtsvollzieher – wie für den Gläubiger Zahlungen – in Empfang nehmen und für den Schuldner zu hinterlegen (OLG Köln, NJW-RR 1987, 1210). Über diese Befugnisse hinaus ist der Gerichtsvollzieher zur Abgabe und Entgegennahme privatrechtlicher Erklärungen und Vornahme von Handlungen für den Gläubiger nach dieser Norm nicht befugt. Weitere Befugnisse des Gerichtsvollziehers sind nun in den §§ 802a bis 802d ZPO geregelt. Insoweit wird auf die Kommentierung zu diesen Bestimmungen verwiesen. Anstelle der geschuldeten Leistung darf er ohne Ermächtigung durch den Gläubiger keine Ersatzleistungen an Erfüllungs Statt annehmen, wenn dem Schuldner nicht schon in dem Titel gestattet ist, die Zwangsvollstreckung durch eine Ersatzleistung abzuwenden (§ 60 Abs. 2 GVGA). Weiterhin darf er – ohne besondere Erlaubnis des Gläubigers – keinen Vergleich abschließen, keine Stundung gewähren (dem Schuldner), keinen Nachlass gewähren, gepfändete Gegenstände nicht freigeben, Willenserklärungen mit Wirkung für und gegen den Schuldner weder entgegennehmen noch abgeben (z. B. Rücktritt, Aufrechnung, Wandlung pp.).

2.1 Freiwillige Leistungen des Schuldners

 

Rz. 5

Bevor der Gerichtsvollzieher Maßnahmen der Zwangsvollstreckung ergreift, hat er den Schuldner grundsätzlich aufzufordern, die Hauptschuld nebst Zinsen und Kosten einschließlich der Kosten der Zwangsvollstreckung freiwillig zu begleichen (§ 59 Abs. 2 GVGA). Trifft er den Schuldner nicht an, wohl aber einen erwachsenen Angehörigen, hat er die gleiche Aufforderung an diese zu richten (§ 59 Abs. 2 GVGA). Ist die beizutreibende Forderung gering und außer Verhältnis zu den entstehenden Kosten, soll der Gerichtsvollzieher schon vorab, ehe er den Schuldner aufsucht, schriftlich oder fernmündlich auf diesen Umstand hinweisen und zur Zahlung auffordern (§ 59 Abs. 1 GVGA).

 

Rz. 6

Der Schuldner kann durch die freiwillige Leistung an den Gerichtsvollzieher die Beendigung der Zwangsvollstreckung herbeiführen, ohne dass dies der Gläubiger durch eine Beschränkung des Auftrags oder durch Ablehnung der ordnungsgemäßen Leistung verhindern kann (MünchKomm/ZPO-Heßler, § 754 Rn. 29). Die freiwillige Leistung kann schon vor dem Beginn der Zwangsvollstreckung jederzeit bis zu deren Beendigung erfolgen. Der Schuldner leistet auch dann noch freiwillig, wenn er nach Pfändung eines Gegenstands zahlt, um die Versteigerung abzuwenden, oder wenn dem Gerichtsvollzieher bereits ein Verhaftungsauftrag erteilt ist. Der Schuldner muss seine Leistung bedingungs- und vorbehaltlos anbieten, sonst ist dies zurückzuweisen (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 2 GVGA). Der Gerichtsvollzieher ist aber auch zur Annahme von Teilleistungen verpflichtet (§ 60 Abs. 1 Satz 1 GVGA). Grundsätzlich darf er anstelle der geschuldeten Leistung ohne eine ausdrückliche Ermächtigung des Gläubigers keine Ersatzleistungen an Erfüllungs Statt annehmen, wenn dem Schuldner nicht schon im Titel nachgelassen ist, die Zwangsvollstreckung durch eine Ersatzleistung abzuwenden. Eine Ausnahme gilt für den Fall, dass der Schuldner mit einem Scheck bezahlt. Bar- und Verrechnungsschecks darf der Gerichtsvollzieher auch ohne eine Ermächtigung des Gläubigers annehmen. In diesen Fällen führt er allerdings die Zwangsvollstreckung durch Pfändung durch und schiebt die Versteigerung so lange auf, bis feststeht, ob der Scheck eingelöst wird oder nicht (Schuschke/Walker, § 754 Rn. 3). Werden Schecks übergeben, deren Einlösung durch die Bank garantiert ist, hat er von jeglichen Maßnahmen der Zwangsvollstreckung abzusehen und die Zwangsvollstreckung einstweilen einzustellen. Den Titel erhält der Schuldner allerdings – wie im Übrigen – erst zurück, wenn die Schecks eingelöst sind.

 

Rz. 7

Will der Schuldner vor der gleichzeitigen Pfändung für mehrere Gläubiger (§ 827 Abs. 3 ZPO) einen Geldbetrag freiwillig leisten, der nicht die Forderungen sämtlicher Gläubiger deckt, so darf der Gerichtsvollzieher diesen Betrag nur dann annehmen, wenn der Schuldner damit einverstanden...

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